Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
sie den armen Steuer- mann so instinktiv verteidigte, der sonst keinen Fürsprecher hatte. Aber nun gab es kein Zurück mehr, denn Alecs erho- bene Augenbrauen verlangten eine Erklärung. »Cherry hat sich unglaublich darüber aufgeregt, daß DeLancey Dottie so beleidigt hat und Tish richtiggehend verfolgte«, gab sie zöger- lich zu. »Rollo hat ihn gerade noch davon abhalten können, auf ihn loszugehen. Aber für ihn selbst, also für Rollo, war es genauso schwer, sich im Zaum zu halten. Er und Tish sind zwar noch nicht verlobt, aber er hat sie ganz schrecklich gern.«
»Bott, Cheringham und Frieth«, sagte Alec nachdenklich. »Und was ist mit dem Rest?«
»Ich hab nicht mitbekommen, daß DeLancey die anderen provoziert hätte, jedenfalls nicht so, daß sie wütend gewor- den wären. Sie hatten aber alle die Nase voll von seinem Ver- halten gegenüber Bott. Schließlich hat das dazu geführt, daß sie das Rennen verloren haben. Es würde mich nicht im min- desten wundern, wenn sie sich deswegen mit ihm gestritten hätten. Wenn wir einmal annehmen, daß er den Wünschen seines Bruders zuwidergehandelt hat, dann hätte jemand hin- unter zum Bootshaus gehen können und …«
»Augenblick mal, langsam! Was haben denn DeLanceys Bruder und das Bootshaus damit zu tun? Ach, so ein Ärger aber auch, da kommen Leigh und die Männer von der ört- lichen Polizeiwache!« Alec stand auf und streckte Daisy die Hand hin, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein.
»Ach, hol’s die Pest!« sagte sie. »Wenn du die Unter- suchung nicht leitest, dann wird bestimmt niemand meine Theorie hören wollen.«
Er hielt ihre beiden Hände in den seinen und schaute mit einem etwas schiefen Lächeln zu ihr hinunter. »Ich tu mein Bestes, sie zu überzeugen, daß sie dich wenigstens anhören«, versprach er. »Gelegentlich hast du ja doch halbwegs intelli- gente Vorschläge zu machen.«
»Nein, wie freundlich aber auch, der Herr!« schnaufte Daisy lachend.
8
Leigh hatte Inspector Washburn, zwei Bobbies und einen großen, schlanken Herrn mitgebracht, den er als den Chief Constable von Berkshire vorstellte. Alec mußte beim Anblick von Sir Amory Brentwoods leuchtendrosa Blazer, Krawatte, Käppi und Strümpfen geradezu blinzeln. Das war schon ein etwas erschreckender Kontrast zum seriösen Blau der Polizei- uniformen, von dem er sich sonst umgeben sah.
»Alles unter Kontrolle, was?« stellte Sir Amory fest. »Hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich Ihnen die Sache überlasse, verehrter Freund. Meine Leute sind überall hier verteilt, wegen der Regatta-Besucher. Und Prince Henry hat sich ja heute nachmittag auch angekündigt. Ganz lebhafter junger Mann, den man ein bißchen unter Beobachtung halten muß, nicht wahr?«
Alec sah, daß Daisy nicht weit entfernt stand und ihnen zwar den Rücken zuwandte, als würde sie das Rennen ver- folgen, aber ohne Zweifel zuhörte. Daher unternahm er einen allerletzten, verzweifelten Versuch, ihr gemeinsames Wochen- ende zu retten. »Sir, der Assistant Commissioner …«
»Das bekomme ich mit Ihrem Assistant Commissioner schon geregelt, keine Sorge«, versicherte ihm Sir Amory. »Mächtiges Glück, daß Sie hier unten sind. Sie können jeder- zeit auf Inspector Wishbone zukommen, wenn Sie Hilfe brauchen, ganz selbstverständlich. Dennoch hoffe ich, daß Sie meine Männer nicht allzu sehr in Anspruch nehmen werden.«
Alec gab auf. »Ich werde meine eigenen Leute herholen, Sir. Es scheint, daß wir in dem Fall auch Buckinghamshire mit einbeziehen müssen. Ob Sie mir wohl sagen könnten, wie ich mich mit dem Chief Constable in Verbindung setzen kann?« »Mit dem alten Felter? Der wird jetzt im Phyllis Court ste- hen, denke ich. Packington wahrscheinlich auch, der Chief Constable von Oxfordshire, falls Sie den noch brauchen. Hierzulande sind alle Ruderer, verstehen Sie. Ich ja auch.« Er seufzte. »Naja, ich war es mal. Gut. Ich will Sie aber bei der Arbeit nicht stören. Und übergebe die Angelegenheit Ihnen, was, Wishbone?«
»Jawohl, Sir«, sagte Inspector Washburn resignierend.
Sir Amory hatte sich schon zum Gehen gewandt, da drehte er sich noch einmal um. »Augenblick, noch eine Frage. Ist es wirklich ein Mord? Der junge Mann war sich eben nicht sicher.«
»Kann auch ein Totschlag sein, Sir«, improvisierte Alec, »aber das wird vom Gericht festgestellt. Für die Polizei sind alle Todesfälle ungeklärter Ursache zunächst einmal Morde.«
»Ach so, natürlich. Ungeklärte Ursache, ja? Ich will nur
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