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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Armbewegung schließt alle Anwesenden ein. Glaubt sie, einer von denen werde die Zeche übernehmen? Ich schüttle den Kopf. Ich lass mich doch nicht einladen – noch dazu von jemandem, den ich nicht kenne oder gar erst ÜBERZEUGEN soll,dass er mich einlädt! Bisschen spät, ich weiß. In Jennys nächstem Gebrüll verstehe ich nur das Wort »Geburtstag«. Ich deute es so, dass hier jemand feiert und alles zahlt. Ich bin etwas beruhigt – und dann leicht beschämt. Ich habe nicht mal gratuliert, geschweige denn auch nur eine Blume mitgebracht. Jenny hätte ja was sagen können! Was hilft gegen diese Beschämung? Noch ein winziges Glas Champagner. Aber ehrlich gesagt: Auch wenn man es weiß, schmeckt er trotzdem nicht SO sehr anders. Und jetzt wird endlich richtig getanzt!
    Als ich mich irgendwann zur Toilette durchschlage, treffe ich wieder auf Isa. Ups, seit etwa einer Stunde habe ich mich nicht mehr gefragt, wie sie zurechtkommt. Hoffentlich hat Tom sie unterhalten. Isa brüllt mir ins Ohr, dass es ihr hier allmählich zu wild wird, sie auch nicht so gern tanzt und es schon furchtbar spät ist. Ich umarme sie schnell und hoffe, dass sie ein Taxi nimmt.
    Tom geht auch gerade, der vordere Bereich hat sich etwas geleert; jetzt trennen sich hier Spreu und Weizen, die Draufgänger von den Vernünftigen, die Klugen von den Berauschten. Einen winzigen Moment beklemmt mich der Gedanke an Schwester Klaras 8-Uhr-Gesicht. Und an meine Füße darf ich schon gar nicht denken. Ich knicke zwar nicht mehr alle Nase lang um, doch sobald ich stillstehe, merke ich, wie brutal es in meinen Füßen brummt und tobt. Aber was willst du, Lena? Zu Hause deine Füße pflegen – oder das hier?! Ich eile zurück auf die Tanzfläche. Ich habe noch lange nicht genug! Zehn Minuten später tanze ich mit Rupert Sand! ICH, Lena Weissenbach – und der Typ, den all meine Lübecker Freundinnen für den attraktivsten deutschen Jungschauspieler halten. Heute Nacht ist noch ein ausführlicher Facebookeintrag fällig! Mann, so sollten die mich im Krankenhaus mal sehen! Die aufgeblasene Marie-Luise, die muffelige Dr. Ross, Dr. Thalheim und natürlich der anmaßende Manuel! Der würde nicht schlecht gucken!
    Â»Siehst super aus«, sagt Rupert zu mir und ich lächle zufrieden. Jetzt nur cool bleiben; es macht dich gar nicht nervös, dass DER mit dir flirtet. »Was machste denn so?«
    Â»Ich bin Ärztin«, antworte ich brüllend, aber gaaanz locker.
    Â»Hey«, ruft Rupert Sand, »ich spiel auch grad’n Arzt! Ganz schön eklig mit dem ganzen Blut, was?«
    Ã„h … Das muss ich kurz verarbeiten. Ist das alles, was Rupert Sand zum Thema Ärzte einfällt? Ist er betrunken – oder ein bisschen beschränkt? Ich bin erst sprachlos, nicke dann einfach und tanze weiter. Rupert möchte sich offenbar auch nicht eingehender unterhalten, vielleicht ist das besser so. Ich überlege, ob ich diese Unterhaltung der Nachwelt verschweige und es einfach bei der Schilderung des gemeinsamen Tanzes belasse. Denn Tanzen kann er wirklich gut – und jeder kann sich dann seine eigene romantische Vorstellung machen. Oder ist es der perfekte Clou meiner Story, der sie von einer Begegnung zu einem Erlebnis macht? (»Ach so, ich traf neulich Rupert Sand. Na ja … er ist ganz nett, nur ein bisschen dumm.«) Den Film, in dem er einen Arzt spielt, werde ich wohl mit etwas gemischteren Gefühlen ansehen als die, in denen er Piloten, Soldaten und Lehrer verkörperte. Egal, wieso trage ich jetzt dem armen Rupert seine geistlosen Bemerkungen nach?! Jede andere würde es ignorieren und einfach genießen, wie perfekt er tanzt. Noch ein Glas Champagner und ich tue es auch …
    Bei Sonnenaufgang trete ich neben Jenny aus dem Club. Die Straße ist hellblau und menschenleer. Wir sehen ramponiert, aber wundervoll aus und sind müde, aber großartiger Laune. Ich trage meine High Heels in der Hand und laufe barfuß, das kühle Pflaster ist Balsam für meine geschundenen Füße. Die Sonne geht über der Spree auf und verwandelt die gläsernen Fassaden der Geschäftshäuser in goldene Spiegel. Das Leben ist wundervoll. Ich bin überhaupt nicht mehr müde.

N ie wieder Party! Als Jenny und ich zu Hause ankamen, war Isa schon wieder auf. Kein Wunder: Es war kurz vor sieben, zehn Minuten vor

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