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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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oder betrachten sie Jennys Mitbewohnerin automatisch auch als Freundin? Ich bin leicht überfordert von dem Überschwang.
    Nach einer halben Stunde ist der Club brechend voll und die Musik wird moderner und lauter. Jenny und ihre Mädels drängen auf die Tanzfläche. Ich bleibe lieber an der Bar. Stehen kann ich ganz gut in den Schuhen – zur Not kann ich mich ja anlehnen –Tanzen geht eher nicht. Auch Isa bleibt hier, wir beobachten die extrovertierten Tanzeinlagen und wechseln kopfschüttelnd faszinierte Blicke. Das mit den Getränken ist ein bisschen schwierig; als ich unsere Gläser nachfüllen lasse und bezahlen möchte, schüttelt der Barmann den Kopf. Ich weiß nicht, ob wir eingeladen sind oder später zahlen sollen und auch nicht, was die Drinks kosten. Nicht dass am Ende des Abends die böse Überraschung kommt … Ja, klar, das sind die Dinge, über die Lena sich Sorgen macht, wenn sie das wilde Nachtleben genießen könnte.
    Isa schnappt nach Luft und zieht mich am Ärmel – ich wende den Blick und entdecke Rupert Sand, Schauspieler aus mindestens drei Kinofilmen. Ich bin kurz aufgelöst und unterdrücke mühsam den Kreisch-Schnappatmung-Handykamerazück-Reflex. Um ein Autogramm bitten kann man auf keinen Fall, niemand sonst tut es. Aber vielleicht um ein Foto? Ist es überhaupt cool, ihn anzusprechen? Oder cooler, so zu tun, als wäre man nicht überrascht, ihn zu sehen? Denn außer uns scheint KEINER überrascht. Sind wir Berliner so lässig?
    Isa zappelt. »Wir können wohl nicht um ein Autogramm bitten, oder?«
    Ich schüttle den Kopf. »Aber wenn du magst, lade ich ihn auf einen Drink ein«, flachse ich.
    Isa bleibt der Mund offen stehen. Aber ich hoffe ehrlich gesagt, dass sie mich nicht beim Wort nimmt. Zum Glück kommt Rupert vorerst nicht bis zu uns durch, er begrüßt lautstark ein paar Freunde und ich bekomme noch etwas Schonfrist.
    Freundlich lächelnd steht plötzlich der erste normale Mensch an diesem Abend vor uns: Tom, Jennys Ex und unser Waschmaschinen- und Arbeitsplatten-Retter. Er ist völlig unbeeindruckt von dem Trubel und unterhält sich so ungezwungen mit uns, als wäre er nur deshalb hier. Wir erfahren, dass außer Rupert Sand noch viel interessantere Leute hier sind (interessanter natürlich nur aus nicht-weiblicher Sicht): Tom zeigt uns einen Schriftsteller, eine ganze Metal-Band und einen Fußballer. Isa und ich machen»oh ja, der« und »ach genau« und ich sehe ihr an, dass auch sie noch nie von denen gehört hat. Auch Tom merkt es endlich und macht sich, wenn auch höflich, ein bisschen über uns lustig. (ABER: 1.: Ich weiß bei den wenigsten Schriftstellern, wie sie aussehen. 2.: Dass Tom Metal mag, hat ja dazu geführt, dass wir als Jennys Nach-Mitbewohner explizit KEINE Metal-Fans sein sollten. Und 3.: Fußballer sehen für mich alle gleich aus.) Die Unterhaltung mit Tom ist trotzdem nett, Isa und ich werden lockerer. Am Sekt liegt das vielleicht auch, inzwischen habe ich die Sorge über die Zeche vertagt und mehrfach nachbestellt.
    Die Tanzfläche ist mittlerweile überfüllt. Auch mir zuckt es in den Beinen, die Musik ist klasse und wozu sind wir denn hier?! Als Jenny das nächste Mal auffordernd winkt, lasse ich Isa bei dem braven Tom zurück und schließe mich den Tänzern an. Ja, die Schuhe sind fies. Aber sonst ist alles wunderbar! Es wird immer voller, lauter und wilder. Die Leute tanzen ungehemmt mit- und durcheinander, jemand läuft mit einer riesigen Flasche herum und schenkt die Sektgläser schneller nach, als wir sie austrinken können. Der Sekt ist übrigens Champagner, doch das erfahre ich leider erst jetzt. Hätte ich das geahnt, hätte ich ihn viel bewusster getrunken – zu Anfang des Abends, als ich noch einen Geschmackssinn hatte. So habe ich arme Landmaus den Unterschied gar nicht bemerkt. Oh Mann, wenn ich an die verdrückten Mengen denke, bekomme ich gleich wieder Panik: Diese Champagnerflut wird mich ruinieren und ich habe immer noch nicht das Zahlungsprinzip durchschaut!
    Â»Ich hab echt nicht viel Geld mit«, brülle ich Jenny zu – tut mir leid, aber ich MUSS es doch sagen. Und was schreit sie zurück? »Ich auch nicht!«
    Na toll. Und jetzt? Ich zeige hilflos fragend auf unsere Gläser. Jenny lacht und deutet mit großer Geste in den Raum, ihre

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