Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
nur mit und siehst zu, wie Jenny isst!«, ordne ich an. Sie gibt sich geschlagen, aber es wirkt, als sei das kurze Auf-die-Straße-gehen, das wir von ihr verlangen, für sie nur noch eine weitere anstrengende Aufgabe.
»Meinst du nicht, wir sollten Tom anrufen?«, frage ich Jenny, als ich ihr einschärfe, unbedingt auf Isas Lernpause zu bestehen. »Vielleicht kann er eine Weile herkommen? Vielleicht kann ER sie ein bisschen beruhigen?«
»Isa braucht keinen, der ihr sagt, dass sie es schafft«, entgegnet Jenny. »Sie braucht fulminante Ablenkung, bei der sie überhaupt nicht mehr ans Examen DENKEN kann!«
Bestimmt hat sie recht.
»Glaub mir, unsere Party wird ihr helfen, Druck abzubauen«, versichert Jenny. »So was ist genau das Richtige!«
Das könnte zwar stimmen, aber wir hatten doch beschlossen, keine Party zu veranstalten, bis das Examen überstanden ist.
»Das war noch NICHT entschieden!«, widerspricht Jenny. (Was bedeuten soll, dass wir beide noch nicht ihrer Meinung gewesen sind.) »Wir können doch ganz klein feiern – nur zu sechst«, lockt sie. Und weil es Isa tatsächlich guttun könnte und ich im tiefsten Herzen auch nicht von einem zwischen Rheumatologie und Immunologie vernachlässigten Geburtstag träume, schafft Jenny es, meine Meinung zu ändern, und bekommt mal wieder ihren Willen.
Alex schlägt einen »Ausflug ins Grüne« vor und als ich erkläre, dass das meine knappe Pause nicht zulässt, lacht er. Denn statt einer Fahrt ins Umland lädt er mich zum Essen an eine Imbissbude ein, die alles in Grün verkauft. Wortwörtlich Grasgrün. Grüne Spaghetti, grüne Milchshakes, sogar grüner Blechkuchen. Ich vermute, dass eine ziemliche Menge Lebensmittelfarbe im Spiel ist, aber die grüne Pasta schmeckt großartig, und ich nehmemir vor, Ruben von diesem spleenigen Imbiss zu erzählen. Vielleicht will er in der Klinikcafeteria auch mal eine farbige Woche veranstalten. Ich möchte gern Dr. Thierschs Gesicht sehen, wenn sie eine ganze Woche lang nur Lilagefärbtes serviert bekommt.
Nach unserem grünen Ausflug fährt Alex mich zur Klinik und verabschiedet sich mit einem langen Kuss und einem knappen: »Bis nachher.« Als ich ihn irritiert ansehe, lächelt er und erklärt, dass er mich heute Nacht abholt und nach Hause fährt. Falls ich nicht unbedingt um drei Uhr morgens in die S-Bahn möchte …
Heute Nacht werde ich gemeinsam mit Jenny zum Dienst in der Notaufnahme eingeteilt. Ich bin froh, dass meine Freundin schon einen dieser Dienste hinter sich hat; Schwester Mariannes Einweisung ist nämlich ziemlich knapp. Wieder läuft ein Film auf ihrem Computer, wieder hält sie ihn nicht für eine Sekunde an.
Jenny schenkt mir im Arztraum Kaffee ein und erklärt, das Schwerste sei, nicht vor Langeweile einzuschlafen.
Ich weiß nicht, wo SIE die letzte Nachtschicht absolviert hat. Von Langeweile kann keine Rede sein. Im Gegenteil, ich erinnere mich erst zwei Stunden später an meinen Kaffee – als der kalt ist. Bis jetzt habe ich eine Aufnahme nach der anderen gemacht, denn der Warteraum ist voll. Dr. Feinmann, der Assistenzarzt, der zum Nachtdienst verdonnert wurde, schickt die Patienten, denen ICH helfen kann, in meinen Behandlungsraum weiter.
Nachdem ich die leichte Verbrennung eines angeblichen Grillkönigs verarztet und einem Jungen, der über eine Bordsteinkante gestolpert ist, einen Nasenstützverband angelegt habe, bringt Schwester Anna eine Frau um die 40 zu mir. Beinbruch. Zumindest befürchtet Frau Scherer das; sie ist die Treppe heruntergefallen und hat starke Schmerzen.
Ich begleite die Frau zum Röntgen. Das Bein ist nicht gebrochen, sie hat sich nur eine Verstauchung zugezogen. »Sie haben Glück gehabt«, erkläre ich, »wir müssen nicht operieren.« Frau Scherer wirkt nicht so erleichtert, wie ich erwartet habe. »Und nun«, lächle ich, »behandeln wir nach der PECH-Methode.«
Sie sieht mich irritiert an.
»P wie Pause«, sage ich, »Sie laufen nächste Woche keinen Marathon. E wie Eis, Sie kühlen das Bein. C wie Compression, ich lege Ihnen einen Kompressionsverband an. Und H steht für hochlagern; Sie legen das Bein hoch und ruhen sich aus.«
»Pech«, wiederholt sie.
Ich nicke. »Und Sie haben Glück im Pech gehabt; vorhin hatte ich einen Patienten, der nun mit einem Nasenstützverband rumlaufen muss.« Nicht mal das entlockt ihr ein winziges Lächeln.
Habe ich irgendwas falsch gemacht? Ich lege einen Verband an und weil sie immer noch so still ist, frage ich sie,
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