Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
wenig irritiert.
Ignorier mich einfach! Ich bin eine Topfpflanze, du erwartest doch nicht, dass ich plötzlich mit dir spreche?! Ich steh hier nur zum Anschauen – aber schau DU bitte nicht so direkt hin!
»Was gibt es denn?«, fragt er und klingt jetzt doch etwas ungeduldig. Na klar, ihm wurde ja auch verheißen, dass gleich eine Topfpflanze zu ihm spricht!
Vor seinem Fenster sinkt die Sonne langsam gen Horizont. Seit wann geht das so schnell?! Man kann ja zusehen! Wie hoch ist wohl die Chance, dass er einfach vergisst, dass ich hier bin? Dass er, wenn es dunkel geworden ist, rausgeht und in seinen Feierabend verschwindet, ohne noch mal Licht zu machen und deswegen gar nicht merkt, dass Lena, die Topfpflanze, hier mitten im Weg steht?
Die Sonne tippt an die Hochhäuser, vor dem Fenster entfaltet sich schönstes Abendrot. Irgendwo in der Pflanze regt sich ein menschlicher Gedanke. Eine schöne Erinnerung. Da war doch etwas, worauf du dich gefreut hast. Es hatte mit der Sonne zu tun.
Alex.
Nach Sonnenuntergang seid ihr verabredet. Und du möchtest nichts lieber, als bei ihm sein. Wo alles leicht und klar ist.
Bring es jetzt zu Ende, Lena, Alex wartet auf dich. Dein Vorhaben ist edel und gut. Es ist richtig. Und wenn du das jetzt schaffst, darfst du mit einem Mann, an dessen Seite du einfach du selbst sein kannst, der dich liebt und niemals beunruhigend seltsam ist, durch die Nacht zum Baden fahren.
»Vielleicht sind wir einander doch nicht so ähnlich, wie ich immer dachte«, sage ich. »Ich bin nicht so rational wie du. Oder wie ich gern wäre. Oder wie Ärzte sein sollten.«
Er schweigt und sieht mich an – und ich hole tief Luft für den Rest. »Ich wollte mich jetzt erst mal nur auf das Examen konzentrieren. Aber stattdessen, glaube ich, verliebe ich mich gerade. Es tut mir leid.«
Er versteht. Versteht, dass es nicht um ihn geht. Nicht mehr. Er nickt und wendet sich ab.
Ich könnte alles erklären. Warum ich so lange gezögert habe.Und wirklich dachte, dass wir … Und dass ich ihn immer noch über alles bewundere. Nur dass ICH anders bin als er.
Aber ich glaube, er will es nicht hören.
»Viel Glück.«
Er sagt es leise. Und ohne mich anzusehen.
Als ich aus der Klinik trete, geht die Sonne unter. Alex wartet auf mich.
»Vielleicht können wir das Baden auf eine andere Nacht verschieben?«, frage ich.
Alex nickt und bringt mich heim. Erst vor unserem Haus spricht er wieder. »Ich wollte dich nicht überfahren«, sagt er. »Du sollst nicht das Gefühl haben, dass du Zeit mit mir verbringen musst.«
Ach, Alex. Ich will nichts lieber als das. Nur heut Abend nicht.
»Ich hatte bloß einen anstrengenden Tag«, entschuldige ich mich. Stimmt doch. Nur war die Fortbildung das Allerleichteste heute.
»Und ich muss noch lernen.«
Eine ganze Menge, Alex, wenn du wüsstest wie viel. Und obendrein auch noch den ganzen Medizin-Lehrstoff.
»Kann ich irgendwas für dich tun?«, fragt er.
Ruf mich morgen an. Dann werde ich mich vorbehaltlos und überschäumend darüber freuen. Und es kaum erwarten können, dich zu sehen.
Ich schüttele den Kopf. Und bleibe sitzen.
Mir ist nicht nach Baden. Aber auch nicht danach, mit mir allein zu sein. Ich möchte einfach hier sitzen, neben dir.
Ungefähr 17 Stunden lang.
»Mach dich nicht verrückt wegen des Examens«, lächelt Alex.
Nö. Nur ein bisschen. Weil das mit dem ausschließlich auf die Prüfung konzentrieren so was von gar nicht funktioniert hat.
Alex sieht mich an. »Du wirst eine klasse Ärztin. Weil du dich überreden lässt, einem traurigen Patienten Handstände vorzuführen. Weil du alles tausendmal überdenkst, bis du dir ganz sicher bist. Was privat ganz schön an den Nerven zerrt, aber beruflichsicher prima ist, denn dadurch sinkt deine Fehlerquote bestimmt auf ein sensationelles Minimum. Weil du sagst, was du denkst und niemandem etwas vormachst. Und weil du einem trotzdem alles schönreden kannst. Weil du mutig bist und ein unnormal großes Herz hast. Und weil es jedem einfach gleich besser gehen MUSS, wenn du im Kittel zur Tür hereinstrahlst.«
Das sind alles keine Ärztinnen-Qualifikationen. Nichts davon. Aber das ist das Schönste, was mir jemals jemand gesagt hat.
»Du hast keine Ahnung, was im Arztberuf so gefragt ist«, flüstere ich stimmlos.
Alex zuckt lächelnd die Schultern. »Und falls alle anderen das nicht so sehen und diese unglaubliche Ärztin nicht haben wollen, mach ich mir trotzdem keine Sorgen«, sagt er leise. »Was
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