Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
ob sie sich noch ein wenig hinlegen möchte. Hier bei uns.
Sie schüttelt den Kopf. »Ich muss ja nach Hause.«
Ich bringe sie zum Eingang. »Alles Gute«, wünsche ich, als sie ins Taxi steigt. Warum habe ich bloß so ein komisches Gefühl?
»War das Frau Scherer?«, fragt Schwester Marianne.
Ich nicke überrascht.
»Die arme Frau«, sagt Marianne knapp. »Kommt einmal im Monat mit komischen Geschichten her. Was hat sie Ihnen erzählt?«
Ich erkläre, dass Frau Scherer die Treppe runtergefallen und das sicher keine »komische Geschichte« ist, denn ich habe die Verletzung gesehen und … Im selben Moment geht es mir auf. Die Treppe runtergefallen – ist das nicht das schlimmste Klischee?!
Marianne zuckt die Achseln. »Solange sie nicht mit der Wahrheit rausrückt, kann man da nichts tun.«
Ich bin sprachlos. Entsetzt. Und ich habe Pech-Witze gemacht …
»Tja«, sagt die Schwester. »Sie behauptet, es sind Unfälle … und wir wissen es ja nicht.« Marianne schüttelt den Kopf, sieht wieder auf ihren Film.
Wie kann man so abgestumpft sein?! Wütend verlasse ich ihren Tresen. Dann wird mir klar, dass sie recht hat. Auch wenn mir ihre Art nicht gefällt. Ich kann gar nichts tun. Nur hoffen, dass es nicht stimmt. Ich hoffe und wünsche mit aller Macht, dass Marianne falschliegt.
Auf dem Weg zum Arztraum kann ich den Kaffee schon riechen. Er wird mir guttun. Ich brauche einen Moment zum Nachdenken.
In der Maschine steht nur noch die leere Kanne. Ringsum zeugen benutzte Becher davon, dass die Kaffee-Sehnsucht aller anderen ebenso groß war wie meine – aber ihr Glück oder Zeitmanagement günstiger. Seufzend setze ich neuen Kaffee auf; diesmal werde ich daneben stehen bleiben. Ich brauche ihn ehrlich.
Die Maschine keucht den ersten Schwall Kaffee heraus, als Jenny in den Arztraum platzt. Sie zerrt die Kanne aus der Maschine, die höchstens ein-Tassen-voll ist, und schenkt sich eilig Kaffee ein, während die Maschine den nächsten Schwapp ins Leere spuckt. Ah, das erklärt den Kokelrand aus verbranntem Kaffee auf der Heizfläche: Offenbar machen das alle so. Außer mir.
Hätte ich das nur auch getan! In dieser Nacht bekomme ich keinen Kaffee mehr. Denn bevor sich die nächste Tassenmenge in der Kanne angesammelt hat, wird Alarm gegeben – und als wir nach draußen stolpern, hastet ein Notarzt-Team von der Rettungswagenzufahrt in den Vorraum. Die Sanitäter rollen eine Trage herein, ein Mann mit schweren Verletzungen liegt darauf. »Verkehrsunfall«, ruft die Notärztin, »Schockraum.«
Ich stehe für einen Moment vollkommen nutzlos herum. Überfordert. Blut, lautes Rufen, eilige Handgriffe. Und ich tue gar nichts. Los, Lena, funktionieren!
Notärztin und Sanitäter schieben den Verletzten in den Schockraum. Ein Arzt eilt an mir vorbei in den Raum. »Verdacht auf mehrere kleinere Frakturen, wahrscheinlich Rippenbruch, Riss- und Quetschwunden«, erstattet der Sanitäter ihm Bericht.
»Erst zum Röntgen, dann wird genäht«, antwortet der Arzt in unsere Richtung.
»Ich übernehme das«, sagt jemand hinter mir. Jenny.
»Hat er schwere Atemnot?«, fragt sie den Sanitäter. Der schüttelt den Kopf. »Normal. Herz oder Lunge dürften nicht verletzt sein.«
»Sie klären das trotzdem ab«, nickt der Arzt Jenny zu.
»Selbstverständlich«, antwortet sie. »Wir wollen ja nicht, dass es zum Kollabieren der Lunge oder zu einer Einblutung in Lunge oder Brustkorb kommt.«
»Außerdem …«, setzt der Arzt an. Jenny fällt ihm ins Wort. »… könnte durch Einspießung der Rippen die Milz verletzt sein. Sonographie zum Ausschluss einer größeren Blutung. Danach werden wir Hämatothorax und Pneumothorax mittels CT ausschließen.«
Wow. Heute Vormittag noch hat sie über ihren Lernbögen nur geraten. Jetzt steht sie hier und weiß so sicher und schnell, was zu tun ist, als hätte sie nicht nur die Approbation, sondern schon stapelweise Facharzttitel in der Tasche.
Und du, Lena? Warum hast du nicht »Das mache ICH« gerufen? Wegen der blutigen Notverbände? Weil das dein erster Verkehrsunfall ist? Was wäre, wenn du jetzt hier allein wärst?
»Keine Sorge«, klopft mir der Arzt auf die Schulter, als Jenny mit dem Patienten verschwunden ist. »Sie kriegen auch noch was zu tun ab. Sie dürfen ihn dann zunähen und verpflastern.«
Ähm, Entschuldigung – das hier ist kein Wettkampf, wer die meisten Notfallversorgungen kriegt! Ich stehe hier nicht wie das Blümlein im Regen, weil nicht ICH mit dem Mann
Weitere Kostenlose Bücher