Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
Alex, der meine Freundinnen liebt wie ein geträumter großer Bruder. In dessen Armen einfach alles kein Problem mehr ist.
Alex, der sagt: »Was bin ich verliebt in diese Frau.«
Ich habe mir tausend Sätze zurechtgelegt. Keiner von ihnen ist mehr verfügbar, als ich ihm gegenüberstehe. Stattdessen fange ich ganz einfach an zu heulen.
Er nimmt mich in die Arme, hält mich. Ich denke, dass das auf jeden Fall immer stimmte: In seinem Arm fühle ich mich einfach geborgen. Aber gleich darauf finde ich, dass ich es nicht verdient habe, mich von ihm festhalten zu lassen. Mich nicht länger in seiner Umarmung ausruhen darf. Und verstecken.
Wir sitzen fast eine halbe Stunde zusammen, ich habe immer noch keinen meiner vorformulierten Sätze wiedergefunden. Alex sieht mich an, wartet.
Dann nickt er. »Er ist wieder da, stimmt’s?«
Ich will ihm sagen, dass trotzdem alles wahr war. Dass es einen Punkt gab, von dem an ich nicht mehr an Tobias gedacht habe. Dass der gar nicht so lange zurückliegt.
»Ich hab es gewusst«, sagt Alex traurig. »Ich hab nur so gehofft.«
Es tut mir so leid. Als ich gehe, umarmen wir uns nicht.
S o ist das Leben«, sagt Jenny. Meine Freundinnen sind sprachlos. Ebenso traurig wie ich. »Es ist einfach beschissen. Das Leben«, ergänzt Jenny. Dann geht sie wieder ins Bett. Isa bleibt bei mir sitzen.
»Glaubst du wirklich, du weißt, was du fühlst?«
Ich kann nur den Kopf schütteln.
Isa versteht, dass ich mir erst selbst über alles klar werden muss. Und dafür allein sein. Sie findet es richtig. Und ich traue ihrem Urteil, weil ich mir selbst überhaupt nicht mehr trauen kann.
In der Klinik stehe ich am nächsten Tag absolut neben mir. Ich ziehe bei Frau Petrowski die Fäden; in spätestens zwei Tagen darf sie mit der kleinen Sina nach Hause gehen. Auch das Baby Victoria wird uns bald verlassen. Für zwei Monate muss sie in einem Heim leben. Acht Wochen Zeit lässt man der Mutter, ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Danach wird die Kleine zur Adoption freigegeben.
Ich schwimme durch den Tag wie über einen nebligen See. Wenn ich mich nur beständig mechanisch bewege, werde ich das andere Ende des Arbeitstages irgendwann erreichen.
Am Abend ziehe ich mich erschöpft in Rubens Cafeteria an Land.
»Lena, mein Schatz?«, fragt er sanft, als ich mich an seinen Tresen lehne. »Magst du lieber Pudding oder Taralli?«
»Ruben, wenn das symbolisch gemeint ist, sind es ziemlich miese Metaphern«, entgegne ich.
Er lächelt traurig. »Ich wollte nur wissen, ob du eher Bestätigung brauchst oder Ablenkung.«
Ich weiß nicht mal das. Ruben stellt eine kleine Puddingschüssel auf die Theke – und eine Schale mit scharfen italienischen Taralli-Kringeln daneben.
»Du kannst dich ja nur entscheiden, wenn du beides sehen kannst.«
Ich bin müde. »Ruben, bitte lass diese Gleichnisse!«
Er nickt. »Dann ernsthaft, Lena. Als ich ihn gestern gesehen habe, habe ich gehofft, dass du dich nicht zu schnell entscheidest.«
Er sieht mich nachdenklich an. »Ich weiß, wie oft ich im vergangenen Jahr traurige Lena-Reste von meinem schön polierten Boden aufkratzen musste«, meint er leise. »Bist du sicher, dass das, wonach du dich sehnst, wirklich existiert? Dass du dich nicht nur an die Hoffnung klammerst, es könnte diesmal alles anders sein?«
Ich weiß, wie es war. Niemand kann mir versprechen, dass es auch nur eine Sekunde lang anders sein würde, diesmal. Trotzdem hatte ich so weiche Knie, als wir uns wiederbegegnet sind. Das ist doch ein sicheres Zeichen. Oder nicht?
Ruben tritt zu mir, legt den Arm um mich. Ich lehne mich an ihn, so kraftlos. »Ich werde immer dein Freund sein, aber ich kann dir nicht mal bei der Pudding-oder-Salzgebäck-Entscheidung helfen.«
Ich weiß. Doch dann grinst mein blauhaariger Freund. »Zum Glück sind das hier ja keine Metaphern.« Er greift nach einem der scharfen Kringel und taucht ihn in den Pudding. Er probiert, schmeckt mit konzentrierter Miene und verkündet: »Das ist eine so perfekte Mischung – wie schade, dass ich das nicht schon vor Jahren erfunden habe!«
Ich selbst finde die Mischung, die zu probieren Ruben mich überredet, einfach widerlich. Es kommt mir ein bisschen wie Selbstbestrafung vor, dass ich sie aufesse.
Irgendwann nimmt er plötzlich die Schalen vom Tresen undsagt in völlig verändertem Ton: »Du solltest jetzt gehen, Lena. Sofort.«
»Was ist los, Schatz«, flachse ich, »hast du mich satt?«
»Ich muss auch mal Feierabend
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