Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
bremst. Ich erinnere mich gar nicht daran. Schreibt er sich abends auf, was ich den lieben langen Tag so von mir gebe und überlegt sich nachts, wie er mir unbedacht ausgesprochene Wünsche erfüllen kann? Gibt es etwas Schöneres?
Wir fahren mit dem Aufzug ins oberste Stockwerk.
»Normalerweise kann man hier nicht hergehen«, sagt Alex. »Aber heute ist geschlossen.« Bevor ich ihn um eine Erklärung für diesen Widerspruch bitten kann, öffnet uns ein Typ in Alex’ Alter die Glastüren und wir stehen in einem Schwimmbad. Es muss aus den siebziger Jahren sein, ist keineswegs schick, aber einfach klasse. Gedämpftes Licht, Wasserplätschern, keine Menschenseele außer uns. Und ein Blick auf die erleuchtete Stadt, der atemberaubend ist. Wie hat Alex denn das gemacht?!
Er umarmt mich, lacht und sieht mich erwartungsvoll an. »Ich hoffe doch, du kannst schwimmen!«
Klar kann ich schwimmen. Aber bei dem Ausblick wäre es fast ein Verbrechen, im Wasserbecken abzutauchen.
»Die Saunen kann ich euch nicht anheizen«, entschuldigt sich Alex’ Freund. Ups, ja, das ist mir ganz recht. Alex aber erklärt, wir wollten sowieso nur ein bisschen baden – und über die Stadt schauen. Der Junge lässt uns allein. Ich bin immer noch völlig verblüfft.
»Na los«, sagt Alex, »lassen Sie die Ente zu Wasser, Frau Weissenbach!«
Ich möchte nichts lieber, als in das kühlblaue Wasser eintauchen. Da gibt es nur noch ein klitzekleines Problem … Tja, wie spricht man das jetzt an?
Alex lacht und öffnet seine Tasche. »Hey«, meint er, »das hab ich ja wohl nicht nötig!« Er zieht meinen Badeanzug heraus und prompt ist es mir peinlich, dass er mir meine Verlegenheit offenbar so deutlich ansehen konnte. Gleichzeitig ist es aber herrlich, dass er diesem Ausflug so selbstverständlich das unangenehm Seltsame nimmt.
»Ich hab nicht in deinem Schrank gewühlt«, versichert er lächelnd. »Jenny hat ihn mir gegeben.« Ach, Alex, meinetwegen kannst du in meinem Schrank WOHNEN!
Zwei Stunden albern wir im Wasser herum, schwimmen, tauchen uns unter, toben wie die Kinder durch das verlassene Becken. Dann wickeln wir uns in Bademäntel und ziehen in den Außenbereich um. Eine breite Terrasse verläuft um das Bad, weiße Liegen stehen zwischen großen Pflanzen. Es gibt auch hier draußen ein Schwimmbecken, das ist uns aber definitiv zu kalt. Alex holt Getränke aus der Bar, rückt ein paar Liegen zusammen und wir kuscheln uns unter einem riesigen Handtuchberg aneinander. Rings um uns erheben sich die Hochhäuser in den Nachthimmel.
»Das nenne ich mal Romantik, was?«, lacht Alex. Romantik ist gar kein Ausdruck!
Ich erzähle ihm von unserem Findelkind. Alex wirkt betroffen, dann drückt er mich ganz fest an sich und sagt: »Wenn du möchtest, adoptieren wir es.«
»Für eine Adoption muss man verheiratet sein«, antworte ich. Und er grinst mich an und sagt: »Na und?«
Ich sehe über die Dächer der Stadt und muss plötzlich an einen anderen Ausblick denken, an eine Winternacht kurz vor dem ersten Schnee. Tobias und ich auf einer Aussichtsplattform über Berlin, die leuchtende Stadt zu unseren Füßen. Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal einen Moment erleben könnte, der diesem vergleichbar ist – mit einem anderen Mann an meiner Seite. Dass jemand mir ein Gefühl geben kann, durch das ein Winterabend mit Tobias von einer elementaren Sehnsucht zu einer schönen Erinnerung wird.
Ich bin immer noch abwesend wie ein Traumwandler, als wir vor meiner Haustür aus dem Auto steigen. Alex bringt mich zur Tür, wir küssen uns eine gefühlte Ewigkeit. Meine Haare sind noch nass, aber was kümmert es mich, ich will für alle Zeiten hier stehen bleiben.
»Geh ins Warme!«, sagt er leise. »Gute Nacht!«
Aber heute möchte ich mich nicht verabschieden. Ich hab keine Fragen mehr. Nur noch eine: »Was ist mit deinem angeblich so guten Frühstück?«
Alex sieht mich unsicher an, zerrissen. Er grinst, ein bisschen betrübt, ein bisschen verlegen. »Nichts lieber als das, Süße«, sagt er. »Aber ausgerechnet heute Nacht muss ich nach Hause!« Ach, nee! Er lacht leise. »Ich bin noch mit Felix verabredet.« Dann sieht er mich ernst an. »Wenn du möchtest, sag ich ihm ab. Aber ich fänd’s ziemlich schäbig …«
Nein, Alex, sag ihm nicht ab. Ich bin auch morgen noch genauso verliebt in dich. Und das kommt auch zu einem nicht geringen Teil daher, dass du jetzt NICHT meinetwegen die Verabredung mit einem Freund absagst, der dich
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