Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
»Für dich«, grinst Jenny und hält mir den Hörer hin. Alex. Ich habe schon fast darauf gewartet.
I ch bin die Einzige, die heute noch ausgeht. Isa und Tom haben sich in Pärchenlaune zurückgezogen, damit habe ich gerechnet. Aber dass Jenny mit ihrem Freund zu Hause bleibt und ICH von einem netten Jungen zu einer Party abgeholt werde, das passiert mir tatsächlich zum ersten Mal.
»Tu alles, was ich auch tun würde«, grinst Jenny mir zum Abschied zu. »Mindestens!«
Aber ich habe nicht vor, diesen Rat in die Tat umzusetzen.
Alex hat vorgeschlagen, erst mal in eine gemütliche Bar zu gehen – und dann zu sehen, ob und worauf wir sonst noch Lust haben. Mir kommt das gelegen, ich möchte zwar gerne noch etwas erleben, für ausufernde Tanzveranstaltungen aber steckt mir zu viel Woche in den Knochen.
Jenny hat diesmal leider mitgekriegt, dass Alex nicht nach einer Gruppenunternehmung, sondern ausschließlich nach mir gefragt hat. Und dass wir eine unterhaltungstaugliche Bar ansteuern, hält sie auch für ein sicheres Indiz dafür, dass Alex nichts Kumpelmäßiges im Sinn hat. Ich hatte es mir gerade schön vorgestellt, mit ihm entspannt einen Abend zu verquatschen. Aber Jenny glaubt nicht an Freundschaften zwischen Jungen und Mädchen.
»Eins steht fest«, sagt sie überraschend ernsthaft, als sie mich an der Tür zurückhält. »Wenn du wirklich nichts anderes erhoffst, als dass ihr prima Freunde werdet, solltest du ihm das der Fairness halber irgendwann mitteilen.«
»Ganz neue Töne«, flachse ich, aber dieser Gedanke pikst mich auch schon seit meinem letzten Treffen mit Alex im Nacken.
»Tja«, Jenny ist ungerührt, »ich bin ja nun eine vernünftige, beziehungsgebundene Frau. Da ändern sich Weltbild und Moral, meine Liebe!«
Ich tippe ihr einen kräftigen Vogel an die Stirn und flitze nach unten. Die Begrüßung zwischen Alex und mir wirkt erst so unkompliziert, dass ich denke, Jenny spinnt. Doch Alex’ Umarmung dauert ein wenig länger als beim letzten Mal. Er versucht nicht, mich zu küssen, es passiert gar nichts Peinliches oder Unangenehmes. Trotzdem weiß ich in diesem Moment, dass ich mich nicht bequem auf der Annahme ausruhen kann, Alex werde meinen Nur-Freundschafts-Wunsch schon von allein kapieren. Dass ich nicht warten darf, bis es zu spät ist. Und er sich blamiert. Oder verletzt wird. Ich muss es ihm sagen.
Wenn unangenehme Dinge gesagt werden müssen, ist es immer besser, gar nicht lange herumzuformulieren. Denn am Ende der langwierigen Satzdrechselei habe ich meistens herausformuliert, was ich eigentlich hatte deutlich sagen wollen. Also überrumple ich mich selbst und frage, kaum dass wir im Auto sitzen: »Können wir einfach Freunde sein?«
Okay, das hat jetzt nicht nur mich, sondern auch Alex überrumpelt. Ich muss ein bisschen ausführlicher werden. Ich erkläre, dass meine letzte Beziehung kompliziert war. Dass sie nicht richtig beendet wurde. Und dass ich noch hoffe.
Als ich fertig bin, schweigt Alex.
Okay. Also lag Jenny doch richtig. Schade. Dann verliere ich in diesem Moment wohl den tollsten männlichen Freund-Freund meines bisherigen Lebens.
Noch einen Versuch, Lena. Ich möchte ihn wirklich gern behalten. »Ich hab das Gefühl, dich schon ewig zu kennen«, sage ich leise; was hilft denn hier sonst, wenn nicht Offenheit? »Ich bin furchtbar gern mit dir zusammen. Und du wärst der coolste Freund, den ich je hatte. Aber ich will nichts anderes sein als Freunde.«
Alex sieht mich an. Und lächelt.
»Das macht nichts«, sagt er. »Ich finde dich trotzdem nett.«
Ich lasse mich in die Polster seines Schlittens fallen. Danke, danke, danke! Dafür, dass ich gerade einen neuen alten Freund geschenkt bekommen habe – und noch dazu einen, der in diesem Moment genau das Lied auf seinem alten Autokassettendeck anspielt, das mir gerade im Kopf herumging. You’ve got a Friend.
Zu diesem lässigen alten James-Taylor-Lied trägt uns der lässige alte Wagen durch die nächtliche Stadt und ich fühle mich unsagbar glücklich.
Die Bar ist voll, aber gemütlich; in einer Ecke wird Tischkicker gespielt, man muss sich trotzdem nicht anbrüllen. Wir ergattern ein Sofa. Im Handumdrehen und ungefragt stellt ein Barjunge, der Alex offenbar kennt, zwei Flaschen spanisches Bier auf unseren Tisch und schon sind wir mitten in der behaglichsten Plauderei.
ICH habe keine Probleme damit, meinen Krankenhausalltag auszubreiten. Ich erzähle Alex von den Kollegen, von Anton, sogar von dem
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