Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
bin kein bisschen müde, aber aus Fairness dem Barkeeper gegenüber entschlossen zu gehen.
»Quatsch, Lena«, sagt er, »fühl dich wie zu Hause!«
Alex steht auf, geht hinter die Bar und kommt mit einem Schlüssel zurück.
»Prima Idee«, erwidert der Barkeeper, dessen Namen ich immer noch nicht weiß, der sich aber benimmt, als würde er MICH bestens kennen. Er zieht mich zum Kickertisch in der Ecke, nimmt Alex den Schlüssel ab und schließt eine Verriegelung am Kicker auf. Donnernd rollen die Bälle in die Lade, offenbar bewirkt der umgedrehte Schlüssel, dass man kein Geld einwerfen muss. Ich kann nicht kickern und lasse den Jungs den Vortritt. Unter heftigem Kriegsgeschrei liefern Alex und der Barkeeper sich das erste Match. Es sieht aus, als ob es riesigen Spaß macht, und nach dem ersten Spiel steige ich doch ins Turnier ein. Ich kurbele so schnell ich kann, meine Männchen machen wilde Purzelbäume, ihre steifen Beine erwischen den Ball dabei aber so gut wie nie. Netterweise bin ich die Einzige, die sich darüber lustig macht, die beiden Jungs zeigen sich geduldig und wohlwollend. Wir spielen eins gegen zwei; mir ist durchaus klar, dass ich für meinen jeweiligen Teampartner das erschwerende Hindernis bin, aber sie überspielen es beide sehr charmant und bejubeln meinen ersten Zufallstreffer, als wäre es ein knallhartes Traumtor.
Wir spielen, bis die Tür hinter der Bar aufgeht und eine beschürzte Frau einen Putzeimer hereinträgt. Sie sieht uns an, seufzt und sagt: »Ach, ihr wieder!«
Ich bin zum ersten Mal hier und habe auch sonst noch nie bis zum Putztrupp in einer Bar ausgeharrt – noch dazu, ohne es zu merken. Aber das »ihr« fühlt sich herrlich an. (Ach, sorry, liebe Putzfrau, du weißt doch, dass ich nach Ausschankschluss gerne noch ein bisschen am Kicker abhänge und die Zeit vergesse.)
Alex entschuldigt sich, der Barjunge lacht, schnell räumen sie unsere Flaschen hinter den Tresen und schließen den Kickertisch wieder ab. Ich starre auf meine Uhr. Okay, ich dachte mir, dass die Raumpflegerin eher nicht um fünf Uhr morgens antritt. Aber das auf meiner Uhr kann auch nicht stimmen. 09:35 Uhr?!
Die Straße vor der Bar spricht dafür. Es ist Vormittag. Im Café nebenan sitzen Leute beim Samstagsbrunch. Wir blinzeln in die blasse Februarsonne. Ich bin gar nicht müde.
»Bis bald, Lena«, sagt der Barjunge und umarmt mich zumAbschied. Ich weiß immer noch nicht, wie er heißt. Das kann man nach so einer Nacht aber nicht mehr fragen – und es spielt auch keine Rolle. Er schlendert davon.
Alex bringt mich im Taxi nach Hause, gibt mir zum Abschied ein Küsschen auf die Wange und erklärt, er habe sich bestens amüsiert. Ich winke dem Taxi hinterher und denke ganz kurz darüber nach, ob Alex sich jetzt wohl überlegt, was er mit der Schönen vom Tischfußball verpasst hat.
Oben in unserer Küche sitzen alle beim Frühstück. Der Blick in die Runde bietet ein interessantes Reaktionspanorama: Isa schaut erschrocken, Tom besorgt, Felix amüsiert, Jenny wissend. Ich stehe in der Tür und kann mir das Grinsen nicht verkneifen.
»Wo kommst du jetzt her?« Jenny setzt einen strengmütterlichen Tonfall auf.
Ich zucke mit den Schultern, wie soll man diese Nacht zusammenfassen?! Jenny lächelt. Ich weiß, was sie denkt. »Ich hoffe, es hat sich gelohnt«, zwinkert sie mir zu.
»Das hat es!«, entgegne ich im Brustton der Überzeugung. Ich führe stolz den Trick mit der schwebenden Flasche vor und fühle mich wie fünfzehn.
Während die anderen sich in dicke Jacken hüllen, um auf die Eislaufbahn zu gehen, schlüpfe ich in meinen Schlafanzug und schlurfe ins Bett. Ich bin die Einzige, die heute definitiv kein Unterhaltungsprogramm mehr braucht.
M eine Welt ist richtig schön verdreht. Ich erwache gegen sieben, folge dem Arbeitsstart-Impuls bis ins Bad und begreife erst beim Zähneputzen, dass es sieben Uhr abends ist. Am Samstag.
In unserer Küche sitzen vier Grinsebären; sie sind völlig erschöpft vom Schlittschuhlaufen – aber für begeisterte Lachsalven und ausufernde Sprücheklopferei über meine Verwirrung reicht die Kraft allemal noch.
Die vier haben sich heute hübsch verausgabt und wollen den Abend lieber verbummeln, als noch auszugehen. Felix schlägt eine Pokerrunde vor, Tom ist Feuer und Flamme. Interessant, diese beiden so unterschiedlichen Jungs sind in den letzten Monaten ein Herz und eine Seele geworden. Jenny behauptet, ein wahres Poker-Ass zu sein, Isa ist bereit, alles
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