Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
wohl so! Der Moment, um ihn mit einem Lachen wegzuschubsen, ist eindeutig vorbei. Und es ist schön, es fühlt sich toll an. Nur dass es leider total falsch ist. Freunde knutschen nicht nachts unter Laternen. Sie knutschen überhaupt nicht!
Vergiss es, Lena. Der Freundeszug ist vor fünf Sekunden abgefahren.
Als ich mich von Alex löse, ist mir kalt. Das war ein Riesenfehler, ein richtig mieser. Was soll denn jetzt werden?
»Gute Nacht«, sage ich schnell und verschwinde in meiner Haustür. Fluchtimpuls. Nicht sehr nett, jetzt abzuhauen. Aber das ist eindeutig nicht der Augenblick, um auszudiskutieren, was da gerade mit unserer Freundschaft so katastrophal schiefgegangen ist.
Ich bin ziemlich verwirrt, als ich in mein Bett schleiche. Aber entschlossen, die Grübelei darüber, wie ich das wieder hinbiegen kann, ohne meinen Freund zu verlieren, wenigstens auf morgen zu verschieben. Ich sollte erst mal darüber schlafen.
Doch daraus wird nichts: Auf meinem Bett sitzt Jenny.
»Was ist denn nur los?«, fragt sie unglücklich. Aber sie meint nicht mich.
Jenny fragt sich, was zwischen ihr und Felix nicht stimmt. »Du warst ziemlich ungerecht zu ihm«, sage ich ehrlich.
»Ich weiß!«, antwortet sie bedrückt. »Und dann hab ich ihn auch noch nach Hause geschickt!«
Jenny kann selbst nicht erklären, was los ist. Denn eigentlich stimmt einfach alles. Sie hält Felix immer noch für den attraktivsten aller ihr bekannten Männer. Er ist für sie da, ohne aufdringlich zu sein. Sie interessieren sich für dieselben Dinge und können zusammen lachen, stundenlang.
»Mein Leben ist so erschreckend anders«, murmelt Jenny.
Na klar. Seit Monaten wacht sie jeden Morgen neben demselben Typen auf. Ihre Freundinnen sagen »ihr« statt »du«, sie selbst spricht dauernd von »wir«.
»Gefällt mir so was Berechenbares wirklich?«, fragt sie hilflos.
Ich nehme sie in den Arm, Jenny ist ehrlich durcheinander. Ich versuche ihr zu erklären, wie besonders es ist, jemanden zu haben, der ihre Macken genau kennt und auf so tolle, ganz eigene Art damit umgeht.
»Aber ist diese Beziehung nicht viel zu eng?«, fragt sie und sieht mich offen an. »Oder sollte ich nicht wenigstens das Gefühl haben, eingeengt zu sein?«
Dass ich Nein, Nein und Nein sage, kommt mir auf einmal ganz nutzlos vor. Jenny will nicht hören, dass ich ihre Beziehung verteidige. Sie bemüht sich gerade, diese Beziehung irgendwie von sich wegzuschieben.
»Du wirst dich unglücklich machen.« Das ist mein letzter Versuch. »Und ihn erst recht.«
Jenny nickt, steht auf und geht.
»Danke«, sagt sie an der Tür. Ich weiß nicht, wofür. Ich kann nur hoffen, dass ich ihren Tonfall ganz falsch interpretiere.
Für eine halbe Stunde hatte ich mein eigenes Alex-Problem erfolgreich verdrängt, jetzt kommt es mit brutaler Heftigkeit zurück. Wo sind wir falsch abgebogen? Warum hab ich es nicht gemerkt? Und wie zur Hölle soll ich das wieder hinkriegen?!
Schalt jetzt bitte, bitte den Kopf aus, Lena! Sonst kannst du gleich wieder aufstehen, die Nacht durchmachen und durchdrehen. Denn wenn Jenny sich von Felix trennt, wäre das einfach schrecklich. Und die Sache mit Alex ist eine Tragödie.
N icht schon wieder. Die Patientin, zu der mich Dr. Seidler heute Morgen in den Aufnahmeraum ruft, ist erst in der 32. Schwangerschaftswoche. Und der Herzschlag ihres Babys liegt über 200. Stella Heinze, die hübsche junge Patientin, hat furchtbare Angst. Und ich auch.
Dr. Seidler wirkt gelassen, sie untersucht Frau Heinze schnell, aber ohne Hast. Mit einem Doppler-Ultraschall wird die Herzfrequenz des Babys ermittelt. Wir warten. Ganz langsam druckt das CTG seine Kurven aus.
Dr. Seidler greift endlich nach dem Millimeterpapier. Eine Linie zeigt den Herzschlag des Babys. »200, 202, 198«, sagt sie, »200, 197, 201.« Die Herzrate variiert bei jedem Schlag, doch jeder einzelne Wert ist viel zu hoch.
Dr. Seidler sieht mich an. Erwartet sie, dass ich es sage? Es gibt doch keinen Zweifel. Das Baby muss auf die Welt geholt werden. In der 32. Woche. Es wird neben Anton in einem der Glaskästen liegen müssen. Wenn wir Glück haben.
»Wir werden in einer Stunde eine zweite Kontrolle durchführen«, erklärt Dr. Seidler der Patientin. »Inzwischen möchte ich, dass Sie die Beine hochlegen, etwas trinken und versuchen, sich zu entspannen. Die Werte bedeuten nicht zwangsläufig, dass wir Ihr Baby sofort holen müssen.«
Stella Heinze verspricht, es zu versuchen und wir lassen sie
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