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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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interessieren mich die Laborjungs?! Zum Glück fällt Jenny das im selben Moment wohl auch wieder ein; sie dreht sich am Aufzug noch einmal um und ruft: »Lena, wenn du Zeit hast,schau doch bitte vor dem Essen noch mal auf der Inneren rein – die müssen vergessen haben, die Unterlagen von Frau Schwab hochzuschicken.« Damit ist sie verschwunden. Danke! Jetzt liegt es an mir, ob ich mich traue.
    Schwester Jana dreht sich um und legt eine Akte auf den Tresen. »Ein ganz schöner Schussel, deine Freundin! Hier ist doch die Schwab-Akte!« Mann! Mann! Mann! Ist das vielleicht gerecht?! Aber ohne Vorwand traue ich mich nicht in sein Büro!
    »Na dann ist ja alles okay …«, sage ich lahm. Das Schicksal hat mal wieder entschieden. Gegen mich. Wenn es mir nicht binnen einer Stunde eine andere Möglichkeit eröffnet, Thalheim unverfänglich unter vier Augen zu treffen – und zwar eine, die weder übermäßige Dreistigkeit verlangt, noch Großereignisse wie eine spontane Teleportation aller anderen Angestellten bemüht – werde ich diese halbgare Affäre ein für alle Mal hinter mir lassen. So!
    Schwester Jana schlägt die Akte auf. »Ist doch alles da!«, wundert sie sich. »Oder fehlt irgendwas?« Ha, Schicksal – das soll es sein?! Na gut. Ich lasse mir diese Chance natürlich nicht entgehen.
    »Ich weiß nicht«, sage ich in gänzlich uninteressiertem Ton und beuge mich über die Akte. Dann tippe ich entschlossen auf die letzte Seite. »Oh doch, Schwester. Hier fehlt das letzte EKG.« Ich sehe sie bedauernd an. »Das brauchen wir aber für die OP-Vorbereitung. Wahrscheinlich war es noch nicht einsortiert, als die Akte hochgeschickt wurde und liegt noch im Arztraum der Inneren.« Und dann, ich bin sehr stolz auf den gelungenen Eindruck von Desinteresse, verspreche ich zwischen Tür und Angel, auf dem Weg zum Mittagessen schnell unten nachzufragen. Mata Hari ist ein Chormädchen gegen mich! Ein katholisches!
    Auf dem Flur der Inneren ist es überraschend still, so kurz vor dem Mittagessen. Ich komme – wie immer, wenn man nichts zu verbergen hat – ungesehen bis zu Thalheims Büro und hätte mir den Vorwand also sparen können. Okay … als ich vor seiner Tür stehe, bin ich doch froh, dass ich die Sache mit Paula SchwabsAkte erwähnen kann. Denn plötzlich, als ich die Türklinke schon in der Hand habe, verlässt mich mit einem Mal und schlagartig der Mut. Wie konnte ich mir noch gestern an selber Stelle diesen Unwiderstehliche-Attraktivitäts-Blödsinn einreden? Plötzlich fühlt sich unsere herrliche Vertrautheit beim gestrigen Krankenbesuch gar nicht mehr nach »liebevolles, tief verbundenes Ärztepaar« an, sondern einfach nur nach »2 Mediziner«! (Und ehrlich, Lena: Wäre das nicht eine realistischere Zukunftsaussicht für eure »Beziehung«? Gemeinsame Patientenbesuche? Und keine Knutscherei?) Fest steht: Ich brauche den blöden Akten-Vorwand ganz für mich allein, denn ich muss mir mit aller Kraft selbst einreden, ich sei nur auf der Suche nach verbummelten Unterlagen, damit meine Finger überhaupt dem Befehl Klinke drücken gehorchen. Halt, stopp! Kommando zurück! Man klopft ja wohl an, hinter dieser Tür sitzt immerhin ein Oberarzt. Der vielleicht Besuch hat. Oh Mann, was mache ich, wenn da gerade der Chefarzt bei ihm sitzt? (Die Akte, Lena, stell dich doch nicht so an!) Meine Finger sind offenbar der Meinung, dass man bei einem Oberarzt, den man inzwischen schon mehr als einmal hingebungsvoll geküsst hat, nicht mehr anklopfen muss. Oder sie sind zu langsam, um die abrupt geänderte Anordnung zu verarbeiten. Jedenfalls haben sie die Tür schon geöffnet, bevor ich weiß, wie ich mich bemerkbar machen soll. Ich stehe im Türrahmen – und da ist er. Sitzt an seinem Schreibtisch, schaut auf, wirkt unwillig. Hilfe!
    Plötzlich wird sein Gesicht weich, er lächelt fast. »Lena«, sagt er. »Was machst du hier?«
    Meine Knie sind aus Pappe. Kein Verlass mehr auf meine Beine. Ich stehe hilflos und warte. Je länger er mich ansieht und nichts tut, umso weiter schreitet die Verpappung fort. Sie breitet sich über meine Arme aus, erreicht den Kopf. Ich fühle mich platt, zwei-Zentimeter-schmal, eine Aufstellfigur mit billigem Vierfarbdruck. Um mich hier wegzuräumen, wird mich jemand zusammenfalten müssen. Warum sieht er mich so an? Platt an den Falzen zusammengelegt, wird der Hausmeister mich unter den Arm klemmen müssen, um die Papp-Lena zu entsorgen.
    Sag doch was! Schon knistert es in den Gelenken,

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