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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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den OP-Anzug auf ihr Bett: Ein Kittel, der hinten offen ist, eine Haube für die Haare und die obligatorischen Kompressionsstrümpfe.
    Frau Schneider hält den Kittel hoch. »Du meine Güte!«
    »Stimmt’s?«, grinse ich. »Nun wünschen Sie sich keinen Kaffee mehr, sondern nur noch, dass Sie schleunigst einschlafen und vergessen, dass Sie das da tragen müssen!«
    Frau Schneider schüttelt den Kopf. »Nee, jetzt wünsche ich mir einen Kaffee mit Schuss!«
    Mein nächster Patientenbesuch verläuft nicht so entspannt.Frau Jahn, die engagierte Leserin, soll morgen operiert werden. Heute aber hat sie definitiv ein Blutdruckproblem. Besorgt lese ich die Werte ab – und dann riskiere ich noch einmal die hochgezogenen Augenbrauen und frage nach, ob sie etwas belastet. Frau Jahn verneint, selbstverständlich, mit empörter Stimme. »Was glauben Sie, was ich hier tue?! Meinen Sie, ich absolviere nachts heimlich Marathonläufe?!«
    Auf so was gehe ich natürlich nicht mehr ein, die Zeiten meiner automatisierten patzigen Antworten sind vorbei. »Ich weiß, Sie lesen nur ganz unschuldig und schreiben Notizen zu Charlotte-Link-Romanen«, entgegne ich – zugegeben, doch ein wenig vorlaut. »Aber das erklärt Ihre extremen Werte nicht!« Frau Jahns ungewöhnlich hoher Blutdruck könnte die OP gefährden; ich fürchte, der Termin wird aufgeschoben werden müssen, bis der Blutdruck stabil gesenkt ist. Gleichzeitig ist ihre Arthroskopie zwar keine überlebenswichtige Operation, trotzdem aber nichts, was man hinauszögern sollte. Ich beschließe, Dr. Gode hinzuzuziehen. Der Stationsarzt bestätigt meine Bedenken; er setzt die Dosis der senkenden Medikamente noch ein wenig herauf, ordnet absolute Ruhe an und bittet mich, Frau Jahn im Auge zu behalten – dann eilt er zurück zum Aufnahmebereich.
    Das ist leicht gesagt! Angeblich gibt es bei Frau Jahn ja gar nichts zu beobachten! Ich beschließe, Stichproben zu machen und immer mal wieder überraschend einen Blick in Zimmer 4 zu werfen, um herauszufinden, ob die Patientin wirklich heimlich für einen Marathon trainiert. Vorerst muss ich aber weiter, für Herrn Kohler, die frischoperierte Bauchspeicheldrüse, steht die Nachsorgeuntersuchung an.
    Herr Kohler hat zwar die lange OP und seinen Aufenthalt auf der Intensivstation gut überstanden, aber er ist noch sehr schwach und wird über eine Sonde ernährt. Ich nehme ihm Blut ab, bereite ihn auf die radiologische Untersuchung vor und rufe eine Schwester, die ihn in die Radiologie bringen soll. Als ich mit der Blutprobe sein Zimmer verlasse, wird eben Frau Schneider über den Flur in Richtung OP-Saal gefahren. Sie ist bereits sediert,ihre Augen sind ganz schmal. »Alles Gute«, flüstere ich, doch ich glaube, sie hört mich schon nicht mehr. Jetzt wird es also ernst für Isa – ich sende auch ihr ein telepathisches »Viel Glück«. Wann wird es endlich mein Patient sein, der über den Flur geschoben wird? Wann bin ICH diejenige, die barsch zum Händewaschen geschickt wird – und dann endlich die heiligen OP-Hallen betreten darf?!
    Ich gebe Kohlers Blutprobe am Tresen ab und Schwester Jana lächelt mich zweideutig an. »Bist du vergeben, Mäuschen?« Ich erstarre. Woher weiß sie es?! Jemand hat uns verraten. Meine herrliche heimliche Affäre ist vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat!
    Ich habe mich wohl unwillkürlich umgesehen, denn Jana schmunzelt. »Schau nicht so erwartungsvoll, er hat weder Blumen geschickt, noch ist er zu Besuch gekommen!« Erwartungsvoll?! »Ich wollte nur wissen, ob du jemanden hast … oder ob du vielleicht den Gang ins Labor übernehmen willst?« Sie lächelt geheimnisvoll.
    Im selben Moment tritt Jenny zu uns an den Tresen und ich bewundere mal wieder ihr untrügliches Gespür. »Was gibt’s denn im Labor?«, fragt sie neugierig. »Ich bin eine außerordentlich erfahrene Laborbotin – UND solo.« Hm. Beides hatte ich anders in Erinnerung. Aber das ist eindeutig nicht der Moment, um ihr den charmanten Björn ins Gedächtnis zu rufen. Oder gar das Desaster, in dem ihre Laborbotengänge im letzten Tertial geendet haben.
    Schwester Jana lächelt. »Du hast Glück, dass ich zu alt für eine leidenschaftliche Arbeitsplatzaffäre bin. Also … würdest du schnell die Proben nach unten bringen?«
    Jenny grinst, schüttelt ihre Locken auf und schnappt sich den Probenträger. Ich sehe ihr nach. Manno! ICH bin eindeutig NICHT zu alt für eine leidenschaftliche Arbeitsplatzaffäre! Aber was

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