Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
Vom Netzwerk:
zur PJler-Verbrüderung spürbar erschöpft – er hat keinen Zweifel daran, dass die Oberärztin eine solche Entscheidung nicht aus Missgunst oder Böswilligkeit trifft.
    »Sie hat nichts gegen Jenny und bisher gab es ja auch keinen Anlass zu klagen«, sagt er ruhig. »Wenn aber plötzlich der Vorwurf im Raum steht, Jenny sei nicht charakterfest, dann muss Dr. Thiersch das ernst nehmen. Einer möglicherweise unzuverlässigen PJlerin eine dreistündige, hochkomplizierte OP zuzuteilen, wäre unverantwortlich.« Er klingt hart, geschäftsmäßig, keine gutmütige Sprücheklopferei mehr, kein Lächeln. »Und das unentschuldigte Fehlen Ihrer Freundin spricht auch eher für Trotz und Unbeherrschtheit als für Verantwortungsbewusstsein.«
    Ja, wie oft denn noch?! Weiß er wenigstens, was Jenny vorgeworfenwird? Zumindest DAS sollte sie doch erfahren dürfen! Dr. Gode runzelt die Stirn, zuckt die Achseln. »Mir gegenüber wurde nur angedeutet, dass sie sich während der Dienstzeit ihrem Privatvergnügen hingibt«, sagt er, »und das nicht zum ersten Mal.«
    Isa reagiert empört, überzeugt, dass Jenny aus dem Ärger im letzten Tertial ein für alle Mal gelernt hat. Ich aber, die von Jennys fröhlichen zwischendienstlichen Stelldicheins mit Felix weiß, werde etwas kleinlaut. Klar, dass das nicht gut ankommt. Und wenn ich sie gesehen habe – und Schwester Jana –, warum dann nicht auch Dr. Thiersch?!
    Dr. Gode zuckt mit den Schultern. »Es mag rigoros wirken, jemandem deshalb eine OP wegzunehmen. Doch Fakt ist, dass Jenny ihre Aufgaben hier nicht allzu ernst nehmen kann, wenn sie zwischendurch Zeit abknapst, um sich mit ihrem Freund zu treffen.«
    »Und was kann man jetzt machen?«, frage ich besorgt.
    Dr. Gode seufzt. »Sie haben ja selbst erlebt, dass man sich hier mächtig ins Zeug legen muss, um einen schlechten Eindruck wieder auszubügeln. Und ihrer Freundin wird sicher noch einiges mehr an Reue und Buße abverlangt als Ihnen. Sie sollte sich jetzt tadellos führen … und vor allem schleunigst wieder hier aufkreuzen!« Damit ist das Gespräch für ihn beendet.
    Ich muss das Zimmer verlassen, damit Isa auf ihr Versetzungsproblem zu sprechen kommen kann und hoffe nur, dass sie das nach diesem unerquicklichen Vorgeplänkel noch gut über die Bühne bringt.
    »In unserem Beruf muss man mit der Trennung zwischen Privatem und Beruflichem sehr aufpassen«, sagt Dr. Gode zum Abschied zu mir und zeigt plötzlich wieder sein Sonnyboygrinsen. »Sonst hätte ich Sie längst zum Essen eingeladen.« Na, das kann er sich jetzt auch schenken!
    Ich bin entschlossen, auf Isa und den Ausgang ihres Zukunftsgesprächs zu warten und mache mir noch ein wenig auf der Station zu tun. Nachdem ich mein Telefon aus dem Spind geholtund vergeblich versucht habe, Jenny anzurufen, statte ich Frau Zietler einen Extrabesuch ab. Es geht ihr besser, sie freut sich und ich gebe mir wirklich Mühe, sie ein bisschen zu unterhalten. Doch mein Kopf ist nicht frei und ich merke, dass ich ziemlich unpersönlich und abgelenkt daherrede. Es ist fast beschämend, dass Frau Zietler mich anlächelt, als ich gehe, und sich für meine Anteilnahme bedankt. Hat sie gar nicht gemerkt, dass heute auch ein Parkscheinautomat an ihrem Bett hätte sitzen können?! Oder ist bloßes Dasein den Patienten manchmal schon so wichtig?!
    Ich verlasse das Krankenzimmer und sehe vom Flurfenster hinunter auf den Parkplatz. Ein schmerzliches Ziehen in meiner Magengegend, als ich den grünen Wagen da stehen sehe. Dort sollte ich sein, dort will ich sein! Wie um mir meine Freundinnenaufopferung noch schwerer zu machen, verlässt Tobias in diesem Moment das Krankenhaus und sieht sich suchend um. Ich bin hier oben, allein. »Geh runter, denk an dich, wenigstens für einen Kuss!«, sagt die Sehnsucht in meinem Bauch. »Oder klopf wenigstens ans Fenster!«
    »Bleib doch mal ruhig hier stehen«, widerspricht der kleine innere Teufel, »dann erfährst du, wie lange er wartet!« Doch in diesem Moment tritt jemand hinter mich und nimmt mir die Entscheidung ab.
    »Na? Sorgen?« Schwester Jana steht neben mir. Ich drehe mich um, so schnell es unauffällig geht, damit sie nicht begreift, was ich mir da gerade angesehen habe. Sie deutet mitleidig hinüber zum OP-Bereich. »Hätte sie nicht ein bisschen vorsichtiger sein können?«, seufzt sie. »Wir haben sie so oft gewarnt!«
    Wissen inzwischen alle von Jennys Felix-Rendezvous? Ich bin sicher, dass das meine impulsive Freundin noch schlimmer in

Weitere Kostenlose Bücher