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Miss Lily verliert ihr Herz

Miss Lily verliert ihr Herz

Titel: Miss Lily verliert ihr Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEB MARLOWE
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Lily.
    „Mir geht es nicht darum, Ihrem Cousin zu schaden. Ich will nur Batiste finden.“
    Sie hob den Kopf und schaute Jack fest an. Er bemerkte, dass ihre schieferblauen Augen plötzlich sehr kalt blickten. „Das also ist der Grund dafür, dass Sie sich für mich interessieren. Deshalb genieße ich auch die Gastfreundschaft Ihrer Mutter. Deshalb haben Sie mich nach Chester House eingeladen.“
    „Nein!“
    „Weiß Ihre Mutter davon?“
    „Natürlich nicht! Ich …“
    Doch Lily hatte sich bereits abgewandt und ging mit großen Schritten zum Haus zurück.
    Jack eilte ihr nach. „Mir geht es doch nur um Informationen! Bitte, Miss Beecham! Sie erwähnten, dass Sie sich gut mit Ihrem Cousin verstehen. Deshalb denke ich, dass er sich früher oder später bei Ihnen melden wird. Niemand hier will ihm etwas Böses. Im Gegenteil, mein Bruder Charles und ich werden alles tun, um ihm zu helfen.“
    Sie wandte sich nicht einmal um. Ihre Röcke schwangen, weil sie so rasch ging. Jack konnte nicht umhin, aufs Neue ihre geschmeidigen Bewegungen und ihre hinreißend weibliche Figur zu bewundern. Sogleich schalt er sich einen Dummkopf. Hier ging es doch um etwas viel Wichtigeres! Eigentlich dürfte ich ihre Anziehungskraft gar nicht be merken!
    In diesem Moment blieb Lily abrupt stehen. „Matthew ist ein durch und durch guter Mensch“, stieß sie hervor. „Er würde niemals etwas tun, was anderen schadet. Ich vertraue ihm. Er war der Einzige, der mich immer verstanden hat. Er hat sich mit mir nicht über die neueste Mode, sondern über verschiedene Anbaumethoden für Weizen unterhalten. Und manchmal hat er mich sogar gefragt, ob ich zwei Krähen gesehen habe, die gemeinsam auf einem Zaunpfosten hockten.“
    „Zwei Krähen?“, wiederholte Jack verständnislos.
    „Aberglauben …“ Sie zuckte die Schultern. „Matthew kennt eben all meine Schwächen, aber er mag mich trotzdem. Niemals würde ich ihn verraten!“
    „Sie sollen ihn nicht verraten. Bitte, Miss Beecham – Lily – vertrauen Sie mir!“
    „Das ist absurd! Ich kenne Sie ja kaum.“
    „Aber …“
    „Bis heute habe ich gedacht, dass Sie sich hinter Ihren Büchern vor der Welt verstecken. Nun habe ich fast den Eindruck, Sie verstecken sich vor sich selbst. Wie könnte ich Ihnen vertrauen, solange Sie sich selbst gegenüber nicht ehrlich sind?“
    Er stand wie erstarrt. In seinem Kopf herrschte ein wildes Durcheinander. Seine Gedanken wanderten von Batiste, der ihn und seine engsten Freunde bedrohte, zu seinem Vater, von dem er selbst sich als Kind auf unbestimmte Art bedroht gefühlt hatte und der vor einiger Zeit unvermutet in seinen Albträumen aufgetaucht war. O Gott, dachte er, ich werde den Verstand verlieren, wenn Lily mir nicht hilft.
    „Ich begreife nicht, warum Sie eine solche Abneigung gegen mich empfinden“, sagte er leise.
    „Das tue ich nicht“, widersprach sie.
    Jack musterte sie zornig. Warum brachte sie ihn so aus dem Gleichgewicht? Warum hatte er in ihrer Gegenwart stets das Gefühl, seine Männlichkeit unter Beweis stellen zu müssen?
    „Doch!“, behauptete er. „Aber schlimmer ist, dass Ihre Urteilskraft unter dieser Abneigung leidet.“
    Ihr Puls raste. „Ich empfinde keine Abneigung.“
    Er beugte sich zu ihr hinab, bis seine Lippen fast die ihren berührten. „Was empfinden Sie dann, Lily?“
    „Ich …“
    „Wir haben einander versprochen, ehrlich zu sein.“ Er war ihr so nah, dass er ihren Atem auf seiner Haut spüren konnte.
    Sie senkte den Blick und schwieg.
    Aber Jack hatte das Verlangen in ihren Augen gesehen. Brannte die Begierde in ihr ebenso heftig wie in ihm? Er hob die Hand und fuhr mit den Fingerspitzen sanft über Lilys Hals.
    Sie schluckte.
    In diesem Moment verlor Jack den Kampf gegen sich selbst. Er war nicht länger ein vernünftiger, logisch denkender Gentleman. Er hatte sich in einen von Gefühlen und Trieben gesteuerten Urzeitmenschen verwandelt. Lust erfüllte ihn. Er war so erregt, dass es beinahe schmerzte. Sein Blick ruhte auf Lilys Mund, auf diesen wunderbar vollen Lippen.
    Als ihre rote Zungespitze erschien und eine feine Spur über die Oberlippe zog, war es auch um den letzten Rest seiner Selbstbeherrschung geschehen. Er versenkte die Finger in Lilys rot-goldenen Locken, bog ihren Kopf zurück und presste die Lippen auf ihren Mund.
    Sie wehrte sich nicht.
    Sie hatten einander versprochen, ehrlich zu sein.
    Und Lily wusste, dass Jack in diesem Moment ehrlich war – ob er es nun wollte oder nicht.

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