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Miss Marples letzte Fälle

Miss Marples letzte Fälle

Titel: Miss Marples letzte Fälle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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für einen Verteidiger vernünftig ist. Doch dabei kann selbst der beste Verteidiger den wesentlichen Punkt übersehen, einfach das, was wirklich geschah.‹
    Dann sagte er noch ein paar nette Dinge über meinen gesunden Menschenverstand, meine Kenntnis der menschlichen Natur und mein Urteilsvermögen und bat mich, mir den Fall vortragen zu dürfen. Vielleicht wüsste ich eine Lösung.
    Mr Rhodes war es gar nicht recht, hier bei mir zu sitzen, und außerdem zweifelte er daran, dass ich ihm helfen könnte. Doch Mr Petherick beachtete ihn nicht und e r zählte mir, was in jener Nacht des achten März geschehen war.
    Mr und Mrs Rhodes hatten sich im Crown Hotel in Barnchester aufgehalten. Mrs Rhodes, die, so entnahm ich Mr Pethericks vorsichtiger Ausdrucksweise, vielleicht etwas hypochondrisch veranlagt war, war unmittelbar nach dem Abendessen zu Bett gegangen. Sie und ihr Mann bewohnten zwei nebeneinandergelegene Zimmer, die durch eine Tür verbunden waren. Mr Rhodes, der an einem Buch über prähistorische Feuersteine arbeitete, setzte sich zum Schreiben in sein Zimmer. Um elf Uhr ordnete er sein Manuskript und wollte ins Bett gehen. Doch vorher warf er noch einen Blick in das Zimmer seiner Frau, um sicherzugehen, dass ihr nichts fehle. Das Licht brannte, und sie lag erstochen in ihrem Bett. Sie war seit etwa einer Stunde tot, wahrscheinlich schon lä n ger. Folgendes wurde festgestellt: Es gab noch eine zweite Tür in Mrs Rhodes ’ Zimmer, die auf den Flur führte. Diese Tür war von innen verriegelt. Das einzige Fenster des Raumes war ebenfalls verschlossen. Nach Mr Rh o des ’ Aussage hatte niemand, außer dem Zimmermädchen, das die Wärmflaschen brachte, die Räume betreten. Mrs Rhodes wurde mit einem Stilett getötet, das auf ihrer Fr i sierkommode lag und das sie als Brieföffner zu benutzen pflegte. Es wurden keine Fingerabdrücke auf der Waffe gefunden.
    Also hatten nur Mr Rhodes und das Zimmermädchen den Raum des Opfers betreten.
    Ich erkundigte mich näher nach dem Mädchen. ›Auch wir nahmen sie als erste unter die Lupe‹, antwortete Mr Petherick. ›Mary Hill stammt aus dem Ort und arbeitete schon seit zehn Jahren im Hotel als Zimmermädchen. Es gab absolut keinen Grund, warum sie plötzlich einen Gast des Hauses hätte töten sollen. Sie ist nicht sehr inte l ligent, doch ihre Version der Geschehnisse blieb immer dieselbe. Sie brachte Mrs Rhodes eine Wärmflasche und sagte, dass die Dame zu diesem Zeitpunkt schon sehr müde gewesen sei. Meiner Meinung nach kann sie den Mord nicht begangen haben.‹
    Mr Petherick fügte weitere Einzelheiten hinzu. Am E n de der Treppe im Crown Hotel ist ein kleiner Aufen t haltsraum, wo manchmal Gäste sitzen und Kaffee tri n ken. Ein Gang führt nach rechts, und die letzte Tür am Ende dieses Gangs ist die Tür zu Mr Rhodes ’ Zimmer. Dann macht der Gang wieder eine scharfe Rechtsbi e gung, und die erste Tür nach der Biegung führt in Mrs Rhodes ’ Zimmer. Zufällig waren Zeugen anwesend, die beide Zimmertüren sehen konnten. Die erste Tür, die zu Mr Rhodes ’ Zimmer – ich möchte sie A nennen –, kon n te von vier Personen gesehen werden, zwei Handelsve r tretern und einem älteren Ehepaar, die dort Kaffee tra n ken. Nach ihren Aussagen gingen nur Mr Rhodes und das Zimmermädchen durch Tür A. Tür B wurde von einem Elektriker, der dort eine Leitung reparierte, beobachtet, und er sagt, er habe nur das Zimmermädchen dort ein- und ausgehen sehen.
    Das war ein sehr seltsamer und interessanter Fall. Es sah aus, als ob Mr Rhodes der Mörder seiner Frau sein musste. Doch Mr Petherick war von der Unschuld seines Klienten überzeugt. Und Mr Petherick war ein sehr erfa h rener Anwalt.
    Bei der Voruntersuchung hatte Mr Rhodes eine etwas verworrene Geschichte über eine Frau erzählt, die Mrs Rhodes Drohbriefe geschrieben hatte. Diese Geschichte schien höchst unglaubhaft. Von Mr Petherick ermuntert, sagte er: ›Offen gestanden, ich habe nie so recht daran geglaubt. Ich dachte, Amy hätte das alles nur erfunden.‹ Ich nahm an, dass Mrs Rhodes eine jener Frauen gewesen ist, die das Leben auf unangenehme Art und Weise ko m plizieren. Ständig passiert ihnen etwas, und wenn sie auf einer Bananenschale ausrutschen, klingt es, als wären sie mit knapper Not dem Tode entronnen. Und so hatte ihr Mann die Gewohnheit angenommen, ihren Erzählungen keinen Glauben mehr zu schenken. Die Geschichte, dass die Mutter eines Kindes, das sie bei einem Autounfall getötet hatte, ihr

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