Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
Vom Netzwerk:
war es nicht, aber auch nicht undenkbar. Sie griff nach einem neuen Blatt Papier und arbeitete geschwind ein neues »verschlüsseltes« Alphabet aus, wobei sie die Buchstaben aus dem Satz über die Königinwitwe benutzte.

    Und als sie das nun auf die ersten Buchstaben des jeweiligen verschlüsselten Dokumentes anwandte, wurde DNWHEMIUTLHUDDUTSENWUT zu F/SCHRAU/ VBENPREF/SF/SENMACHEN und, nach nochmaligem Nachdenken, zu SCHRAUBENPRESSEN MACHEN.
    Sie hatte es geschafft. Der Schlüssel war gefunden.
     
    Mary war nicht die Einzige, die in dieser Nacht aufgrund von geheimen Nachrichten kein Auge zutat. In einem ruhigen, unbescholtenen Ort nördlich von London stand ein ruhiger, unbescholtener Mann vor seinem Haus und versuchte, seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Behutsam knöpfte er seinen Paletot zu, rückte den Hut zurecht und schloss die Tür ab. Nachdem er sich die Handschuhe übergezogen hatte, kontrollierte er abermals, ob die Tür verriegelt war, und klopfte leicht auf seine Manteltasche. Nachdem er ein beruhigendes Schlüsselklimpern vernommen hatte, machte er sich auf den Weg. Ein genaues Ziel hatte er nicht, er wollte nachdenken, und das konnte er am besten beim Spazierengehen. Bald lief er zügig und lautlos an den Nachbarhäusern vorbei, in denen keines der Fenster erleuchtet war. Seinen Kopf hatte er ein wenig zur Seite geneigt, woraus man schließen konnte, dass er tief in Gedanken versunken war.
    Seine Nachbarn wären sicherlich überrascht gewesen, worüber er nachdachte, denn dabei handelte es sich um eine Botschaft, die er vor wenigen Stunden erhalten hatte. Ein einzelnes gefaltetes und versiegeltes Blatt Papier, das gleichzeitig auch als Umschlag diente. Ein Unbekannter hatte es ihm im Arbeitszimmer durch den Schlitz seines Schiebefensters geschoben. Nachrichten dieser Art bekam er häufig, kurz und bündig formulierte Instruktionen oder Anfragen, die einfach zu übersetzen waren, solange man den richtigen alphabetischen Schlüssel besaß und ihn sorgfältig anwandte. Aber eine Nachricht wie diese hatte er noch nie zuvor erhalten.

OPERATION EINSTELLEN. ERNSTHAFTES RISIKO EINER GEFAEHRDUNG. RUHIG VERHALTEN UND AUF WEITERE INSTRUKTIONEN WARTEN.
    Während er so marschierte, stellte er sich unbeantwortbare Fragen. Was mochte passiert sein? Wie war er in Gefahr geraten? Dass er keinen Fehler gemacht hatte, dessen war er sich sicher. Vielleicht war weiter oben jemand unvorsichtig gewesen … zuchtlose Männer, die schlampig arbeiteten - Trinker womöglich. Für jemanden, der sich nicht unter Kontrolle hatte, vermochte er kein Verständnis aufzubringen. Und dann ärgerte er sich über die ganze Ungerechtigkeit. Aber es war ja schließlich egal, wenn er in Gefahr geriet. Was würde jetzt passieren? »Weitere Instruktionen«, was sollte das heißen? Würde er sein Haus verlassen müssen? Sein angenehmes Leben, so friedlich und unauffällig, dass niemand einen Verdacht schöpfte, er könne irgendwelchen … unerwünschten Beschäftigungen nachgehen?
    Daraufhin kam ihm ein noch furchterregenderer Gedanke. Er hatte von Agenten gehört, die … Schwierigkeiten machten oder für ihre Auftraggeber wohl zu einer Gefahr wurden. In diesem Fall erschien es einfacher, sie zu beseitigen, als sie in Sicherheit zu bringen. Natürlich wusste er davon nur vom Hörensagen, aber jemand musste es in die Welt gesetzt haben, und sein Herz schlug schneller, als er sich jetzt daran erinnerte. Dann runzelte er die Stirn und verlangsamte seinen Schritt. Unsinn, schalt er sich. Man hatte ihn gewarnt, um ihn zu schützen. Wenn sie dachten …
    Als er hinter sich ein schlurfendes Geräusch hörte, blieb er unvermittelt stehen und lief dann schnell in einen Hauseingang. Für einen Mann mit starker Leibeskonstitution war er flink. Ein durchdringendes Jaulen und der Anblick von zwei vorbeiflitzenden kleinen grauen Tiergestalten ließen ihn jedoch aufatmen, und er kam wieder aus seinem Versteck hervor. Was für ein Tor er doch war, sich vor ein paar Katzen zu fürchten. Dennoch änderte er seine Wegrichtung, um das vor ihm liegende Lokal zu meiden. Um diese Uhrzeit war es sicherlich schon geschlossen, er wollte sich jedoch nicht unnötig in Gefahr begeben. Schließlich trieben sich selbst in respektierlichen Wohngegenden genügend Beutelschneider und Unruhestifter herum.
    Was sollte er machen, das war die Frage. In der Botschaft stand »Ruhig verhalten«. Hieß das, er sollte am Montag wie gewöhnlich zur Arbeit gehen? Wenn es nur

Weitere Kostenlose Bücher