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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Vertreter von Recht und Ordnung bin.«
    Der Advokat, Mr.Todd, hatte seine Kanzlei in Woodbridge, und Mr. Somerville schlug vor, gleich am nächsten Morgen jemanden mit einer Nachricht zu ihm zu schicken. Die Aussicht darauf veranlasste ihn zu einem gutmütigen Glucksen. »Vielleicht werde ich sogar selbst hingehen. Ich würde zu gern sein Gesicht sehen, wenn er erfährt, dass genau die Person, die er gesucht hat, ihm zuvorgekommen ist!«
    »Glauben Sie, er hat versucht, mich zu finden?«, fragte Mary.
    »Bestimmt. Es ist ein großes Anwesen, müssen Sie wissen, und Ihr Onkel hatte vermutlich auch noch weiteres Vermögen. Wenn Sie seine Erbin sind - und davon gehe ich doch aus -, dann werden Sie ein beträchtliches Vermögen erben.«

9
    »Nun, Miss Finch, was halten Sie davon?« Es war am darauffolgenden Nachmittag in Lindham, und über den Kirchplatz von St. John the Divine wehte eine frische Brise. Mr. Hunnable hielt seine Hutkrempe fest, als würde er jemanden grüßen, und Marys Mantel bauschte sich entweder auf oder flatterte um sie herum. »Natürlich sieht der Grabstein besser aus, sobald er verwittert ist, und Sie werden sehen, im Frühjahr ist das hier ein ganz friedvolles Fleckchen …« Er schaute ängstlich zu Mary auf.
    »Ja, da haben Sie sicher recht«, stimmte sie ihm zu und unterdrückte ein Frösteln. Im Augenblick war der Frühling schwer vorstellbar: Die Bäume standen bis auf ein paar vertrocknete Blätter ganz kahl da, und das mit Wasser vollgesogene, geschnittene braune Gras lag überall verstreut in kleinen Hügeln herum. »Um diese Jahreszeit ist alles nicht in bestem Zustand.« Sie betrachtete die schlichte Steintafel:
    EDWARD STRONGMAN FINCH
1738-1795
DER HERR IST MEIN HIRTE
    »Mochte mein Onkel diesen Psalm besonders gerne?«
    Mr. Hunnable räusperte sich. »Nicht unbedingt. Das heißt, ich kann dies nicht mit Sicherheit bestätigen … Aber ich glaube, er hätte bestimmt nichts dagegen gehabt. So ein schöner Bibelspruch: Ich hoffe, Sie stimmen mir zu?«
    Ein erleichtertes Lächeln von Mr. Hunnable war die Belohnung für Marys Bestätigung, dass sie genau das Gleiche ausgewählt hätte. Gerade wollte sie dies noch weiter ausführen, als sie jemanden an der Pforte stehen sah.
    Mr. Hunnable drehte sich um und machte einen Schritt nach hinten, wobei er geradewegs in eine Pfütze trat. »O nein«, ärgerte er sich. »Hallo, Sie«, rief er und winkte dem Fremden zu. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Der Fremde erwiderte den Gruß und ging auf sie zu. Er war schlicht gekleidet mit ordentlicher, aber abgetragener Kniebundhose und einem Mantel. Aufgrund seines Alters oder der Arbeit im Freien sah er wettergegerbt aus. Sobald er seinen Hut abnahm, zerzauste der Wind sein langes grau meliertes Haar. »Pardon, Reverend. Hicks ist mein Name, Jonathan Hicks. Ich bin auf der Suche nach Woolthorpe Manor, wenn Sie mir den Weg dorthin erklären könnten? In der Kutsche sagte mir jemand, es sei hier ganz in der Nähe.«
    »Stimmt«, bestätigte ihm Mr. Hunnable und gab ihm genauere Anweisungen. »Aber ich sage Ihnen lieber gleich, der Besitzer von Woolthorpe Manor, Mr. Somerville, ist heute dort nicht anzutreffen. Er weilt nämlich in Ipswich.«
    Hicks fuhr erschreckt auf. »In Ipswich sagten Sie? Das ist aber ein Pech. Ich komme selbst gerade aus London und habe dabei Ipswich passiert. Vermutlich sind wir aneinander vorbeigefahren.«
    »Wie schade«, stimmte Mr. Hunnable ihm zu. Er empfand stets großes Mitgefühl für unerfüllte Hoffnungen. »Haben Sie geschäftlich mit Mr. Somerville zu tun?«
    »Nur indirekt, Sir. Ich habe gehört, er hat einen Gast bei sich wohnen, einen ausländischen Gentleman.«
    »Meinen Sie Mr. Déprez?«
    »Ja genau, Sir.« Hicks blickte kurz zu Mary hinüber und dann zum Grabstein. »Bitte entschuldigen Sie die Störung.«
    Mary empfand es keineswegs als störend, sondern sehr interessant, dass Mr. Déprez einen solch merkwürdigen Besucher bekam, aber sie lächelte nur und sagte: »Ganz und gar nicht.«
    »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, aber ich mache mich besser wieder auf den Weg. Einen guten Tag wünsche ich Ihnen, Sir, Miss.« Er setzte seinen Hut wieder auf und wandte sich zum Gehen.
    Aber Mr. Hunnable rief ihm noch hinterher. »Ich vermute, es wird jemand nach Woolthorpe hinausfahren, der Sie mitnehmen könnte. Erkundigen Sie sich doch im Gasthof Sun.«
    »Aber nein, Sir. Ich möchte niemandem Umstände machen.« Hicks öffnete die Pforte und hob seine

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