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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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in Begleitung seiner Wirtschafterin. »Ich stamme aus Suffolk, müssen Sie wissen«, erklärte er Mary. »Meine Schwester, Mrs. Perry, lebt in Hadley. Mr. Perry, der mittlerweile verstorben ist, stammte aus Sudbury, aber meine Familie hat immer in Hadley gelebt. Nur ich natürlich nicht.«
    Mary erzählte nun ihrerseits etwas über ihre Lebensumstände, dass sie eine Anstellung als Lehrerin für Geschichte und Zeichnen an Mrs. Bunburys Schule in St. Ives habe und dass sie ihren Onkel besuchen wolle. Mr. Treadgill kannte die Schule nicht, befand aber, Bildung sei eine gute Sache, und Mrs. Oldworthy verwunderte es, dass nicht mehr Leute ihren Onkel besuchten. Mit Freude stellten sie fest, dass ihre Wege sich erst in Ipswich trennen würden.
    In Bury kamen sie mittags gegen halb eins an. Ihr Aufenthalt war jedoch nur sehr kurz. Gleich hinter Newmarket hatte es zu regnen begonnen, und das Ansinnen des Kutschers war es nun, die auf dem ersten Teil der Strecke verlorene Zeit so gut es ging wettzumachen. Mr.Treadgill war die Enttäuschung am Gesicht abzulesen, denn er hatte gehofft, Mary einige der bedeutenden Sehenswürdigkeiten von Bury zeigen zu können, nachdem sie am Angel Hill aus der Kutsche gestiegen waren. Nun gab er sich damit zufrieden, beide Kutschfenster zu öffnen und mit dem Spazierstock in die jeweilige Richtung zu deuten, während Mrs. Oldworthy einen Humpen Dünnbier trank. Viel zu schnell schloss die alte Frau die Fenster wieder, und frische Pferde wurden eingespannt. Und im Handumdrehen ging die Fahrt weiter.
    Vom prasselnden Regen auf dem Dach, dem Hin- und Hergerucke der Kutsche und ganz zu schweigen vom Dünnbier, schlief Mrs. Oldworthy bald ein. Mary und Mr. Treadgill unterhielten sich wie von selbst leiser, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre. Mrs. Oldworthy war gegen die Geräusche um sie herum nämlich nicht nur gefeit, sondern trug selbst mehr zum Geräuschpegel in der Kutsche bei als die beiden anderen Mitreisenden.
    »Ich wünschte mir, Sie würden mir etwas über Indien erzählen«, drängte Mary Mr. Treadgill. »Es muss furchtbar aufregend sein, im Ausland zu leben - so wie Sie.«
    Mr. Treadgill war als junger Mann im Fort St. George gewesen und hatte den Großteil der darauffolgenden fünfundvierzig Jahre in den Kontoren von Ashton & Howell verbracht. Er bemühte sich allerdings, das zu beschreiben, was eine junge Dame - eine sehr gebildete junge Dame - interessant fände. Darin war er zwar nicht besonders gut, aber das kümmerte Mary nicht. Schon nach wenigen Worten hatte sie ein anschauliches Bild nach dem anderen vor Augen. Während der englische Regen die Fensterscheiben hinabrann, schlenderte Mary durch dichtes Menschengedränge über die Basare, wo von Affen bis Smaragden alles verkauft wurde, und ritt auf dem Elefanten neben einem indischen Prinzen und einer in goldene Seide gehüllten und exotisch duftenden Prinzessin. Sie hörte, wie man im Tempel einen fremden Gott anbetete und einige ihm Früchte und Räucherwerk als Geschenke darboten. Und aus der Ferne vernahm sie die Schritte marschierender Soldaten und kriegerische Rufe. Sie beobachtete, wie die tapferen Männer der East India Company an ihr vorbeizogen, die Madras vor menschenfressenden Tigern und fast ebenso wilden Stammesangehörigen schützten.
    »Wie schrecklich aufregend sich das alles anhört«, hauchte Mary und erschauerte bei dem Gedanken an Tiger. »Was für ein Abenteuer es für Sie gewesen sein muss, all das zu sehen.«
    »Mein Leben war natürlich eigentlich sehr unaufregend, müssen Sie wissen«, widersprach Mr. Treadgill, »die meiste Zeit habe ich über den Geschäftsbüchern verbracht. Aber gelegentlich vermögen große Ereignisse sogar einfache Buchhalter wie mich mitzureißen. 1780 beispielsweise. Ich nehme an, Sie haben hier in England noch nie etwas von einem Kerl namens Haidar Ali gehört, oder?«
    Mary schüttelte den Kopf. »Bei Mrs. Bunbury haben wir von ihm nie gehört.«
    Mr.Treadgill gab einen mehr oder weniger genauen Bericht darüber ab, wie die angespannten Beziehungen zwischen der East India Company und dem Herrscher von Mysore in die Brüche gegangen waren, was dazu führte, dass er die Streitkräfte mobilisierte und die Stadt Madras belagerte. Dort leisteten ihm besonders die Zivilisten Widerstand. Unter ihnen befand sich auch der tapfere Kontorleiter von Ashton & Howell. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit meiner Muskete jemanden verletzt habe, sehen konnte ich nämlich noch

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