Miss Meermaid steht zur Wahl
ich habe versucht, die
Tür aufzumachen«, sagte Bella mit belegter Stimme. »Ich hörte, wie Sie
versuchten, sie aufzubrechen und konnte den Badeanzug um meinen Hals nicht
loskriegen.«
»Gewiß«, sagte Helen
besänftigend. »Versuchen Sie im Augenblick noch nicht zu sprechen. Verhalten
Sie sich ganz ruhig. Elaine, bring ihr ein Glas Wasser.«
»Sofort«, sagte Elaine spitz,
»aber glaubst du nicht, man sollte versuchen, ihr den Badeanzug anzuziehen oder
sonst etwas?«
Bella blickte an sich selbst
hinunter und schrie auf. »Ich habe ja gar nichts an.« Ihr Erröten begann an den
Schläfen und dem Haaransatz, und es dauerte vielleicht drei Sekunden, bis es
ihre Zehenspitzen erreichte.
»Machen Sie sich nichts
daraus«, sagte ich aufmunternd. »Sie sehen so wirklich prächtig aus, und das
ist mehr, als die meisten Damen von sich behaupten können.«
»Machen Sie, daß Sie hier
herauskommen, Boyd.« Helen konnte vor Wut die Worte kaum aussprechen.
»Jemand hat versucht, sie
umzubringen. Haben Sie das vergessen?« hielt ich ihr gekränkt entgegen.
»Sollten wir nicht feststellen, wer?«
»Hier.« Diese Elaine Curzon
legte mit ihrer üblichen verdammten Tüchtigkeit einen Morgenrock über Bella, so
daß er sie von den Schultern bis über die Knie bedeckte. »Das sollte Boyd für
eine Weile zähmen.«
»Danke«, sagte Bella schwach.
»Es war schrecklich. Ganz schrecklich.«
»Das habe ich begriffen«, sagte
ich ungeduldig, »es war also ganz schrecklich, aber was ist wirklich passiert?«
»Es ging alles furchtbar
schnell«, sagte sie atemlos. »Ich habe nicht einmal bemerkt, wer es war. Jemand
klopfte an die Tür, und ich öffnete, und dann weiß ich nichts mehr. Wer es auch
war, er muß mich auf den Kopf geschlagen haben, mit einem Revolver oder mit
sonst etwas.«
»Sie haben so die Tür
geöffnet?« Elaine hob ihre Augenbrauen. »Ohne etwas an?«
»Selbstverständlich nicht.«
Bella errötete wieder, aber dieses Mal nahm mir der Morgenrock den ganzen Spaß
daran. »Ich war bis auf den Unterrock umgezogen. Er muß — nun er muß mich
wieder ausgezogen haben.«
»Demnach war der Täter ein
Sexualverbrecher«, sagte Helen kalt.
»Sehen Sie dabei nicht mich
an«, entgegnete ich schnell. »Ich habe keinen Badeanzugkomplex, jedenfalls
nicht für leere.«
»Was ich dann noch weiß« — Bella
schauderte bei der Erinnerung — »ist der reinste Alptraum. Mein Kopf dröhnte,
und ich konnte nicht atmen. Ich hörte das Klopfen an der Tür, und dann, wie
gesagt, daß Sie versuchten, in das Zimmer einzubrechen. Irgendwie gelang es mir
zur Tür zu kriechen, aber an alles, was danach geschah, daran kann ich mich
nicht mehr erinnern.«
»Gott sei Dank, daß wir
rechtzeitig kamen«, sagte Helen. »Wenn es auch nicht gerade Boyds Verdienst
war.«
»Das haben Sie schon einmal
gesagt«, erinnerte ich sie. »Wollen Sie daraus einen Slogan machen?«
»Ich bin wieder ganz in
Ordnung«, sagte Bella und massierte behutsam ihre Kehle. »Nur der Hals tut mir
etwas weh.«
»Glauben Sie, daß Sie Miss
Lucas zu ihrem Hotel zurückbringen können, ohne sich unterwegs zu verirren?«
fragte Helen mich kühl.
»Ich denke schon«, antwortete
ich.
»Dann warten Sie draußen, bis
sie sich angezogen hat.«
Ich warf einen kurzen Blick auf
mein linkes Profil in dem Garderobenspiegel, ehe ich hinausging. Als ich in den
Raum stürzte, war mein Gesicht der erste Teil meines Körpers gewesen, mit dem
ich auf den Boden traf, und es hatte einiges abbekommen. Mein Spiegelbild
bestätigte, daß ich Grund zu Befürchtungen hatte. Die Seite meines Gesichtes
sah etwas verschwollen aus, und vielleicht zeigte sich schon der Ansatz zu
einem blauen Auge. In diesem Augenblick hätte ich gern den
Versicherungsvertreter in die Finger bekommen, der gelacht hatte, als ich mein
Profil mit hunderttausend Dollar versichern wollte und erklärt hatte, er könne
nichts versichern, was keinen Wert habe.
Nach zwei Zigaretten draußen
auf dem Korridor erschienen die drei Frauen endlich. Bella war völlig angezogen
und sah erholt aus, wie etwa: die Vorstellung ist vorbei, und wohin gehen wir
jetzt essen?
»Bringen Sie Miss Lucas sofort
in ihr Hotel«, befahl mir Helen Richmond kurz. »Ich will später mit Ihnen
sprechen, Boyd. Ich wohne auch im Styx, meine Zimmernummer ist 1407.«
Sie blickte kurz auf ihre Uhr. »Ich erwarte Sie Punkt halb elf.«
»Ich werde auf die Sekunde
genau pünktlich sein«, antwortete ich.
»Wenn er sich nicht auf dem Weg
zum Hotel
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