Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Meermaid steht zur Wahl

Miss Meermaid steht zur Wahl

Titel: Miss Meermaid steht zur Wahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
zweiten Geschäftsführer auszurichten, wenn er nicht innerhalb von zwei
Minuten mit meinem Zimmerschlüssel erschiene, würde ich durchs Foyer paradieren
und dabei nur die obere Hälfte eines zweiteiligen Badeanzuges tragen. Die Tür
schloß sich zischend, und der Fahrstuhl fuhr nach unten, kaum daß ich
ausgeredet hatte.
    Ich begann die Sekunden laut zu
zählen und war bei einundsechzig angelangt, als sich die Fahrstuhltür wieder
öffnete und mir der zweite Geschäftsführer beinahe in die Arme fiel. Auf seinem
Gesicht stand ein verkrampftes Lächeln, und er hielt mir meinen Zimmerschlüssel
unter die Nase.
    »Hier, Mr. Boyd«, sagte er wie
zu einem Kind. »Hier ist Ihr Zimmerschlüssel. Ihr hübscher, kleiner
Zimmerschlüssel. Was meinen Sie, sollen wir die Tür zu Ihrem Zimmer
aufschließen, damit Sie...«
    Ich entriß ihm den Schlüssel
und stieß ihn mit flacher Hand in den Fahrstuhl zurück, während der Fahrstuhlboy
mit entsetzten Blicken zusah. Ich bleckte kurz meine Zähne in sein Gesicht und
knurrte: »Runter!«
    »Jawohl, Sir.« Den Bruchteil
einer Sekunde später glitt die Tür zu, und ich ging zu meinem Zimmer, schloß
die Tür auf und verschloß sie dann wieder von innen.
    Drei Minuten Hulatanz waren
erforderlich, um aus dem Badeanzug herauszukommen, und als ich ihn endlich los
war, legte ich mich aufs Bett, um auszuruhen. Nach dem, was ich in den letzten
zwölf Stunden an Leistungen hinter mich gebracht hatte, hatte ich meiner
Meinung nach Anspruch auf etwas Ruhe, aber auch auf einen Platz in der
diesjährigen Olympiamannschaft. Nur fünf Minuten Entspannung, dachte ich
glücklich, dann eine schöne heiße Dusche, eine Flasche Napoleon-Kognak und
vielleicht sechs Dutzend Austern, anschließend Fasan unter Glas...
    Als ich die Augen öffnete,
flutete der alltägliche zuverlässige, alte Miamisonnenschein durch das Fenster.
Meine Gelenke knarrten zwar nicht gerade, als ich mich auf dem Bett
aufrichtete, aber jeder einzelne Muskel schmerzte, als ob sie sich gegen mich
verschworen hätten. Der Telefonhörer wog schwer in meiner Hand, als ich ihn ans
Ohr hob.
    »Zentrale«, meldete sich eine
höfliche weibliche Stimme.
    »Wie spät ist es?« krächzte
ich.
    »Zehn nach elf, Sir.«
    »Vormittags?«
    »Jawohl, Sir.« Es klang, als
finge sie an, sich Sorgen zu machen, aber meine Uhr war genau wie ich von
Meerwasser durchweicht.
    »Und welcher Tag ist heute?«
fragte ich hartnäckig.
    »Der neunzehnte«, erwiderte sie
kühl.
    »Welcher Wochentag?«
    »Freitag.« Ihre Stimme zitterte
leicht. »Und wir haben Januar.«
    »Vielen Dank«, sagte ich
ehrlich dankbar. »Nur noch eine Frage, bevor Sie mich mit dem Zimmerkellner
verbinden. Hier ist doch Miamisburg , Ohio?«
    Gleich darauf bestellte ich mir
Frühstück beim Zimmerkellner. Als es eintraf, war ich angezogen und hatte das
geschrubbte, glänzende Aussehen, das wir Beatniks, die westlich vom Central
Park wohnen, gewissermaßen als Ehrenabzeichen tragen.
    Gleich nach dem Frühstück rief
ich das Star-Theater an und bekam den Manager an den Apparat, dessen Stimme
leicht vibrierte, als ob ich ihn mitten in einem einmaligen Erlebnis mit einer
der Tänzerinnen störte. Ich sagte ihm, wer ich war und was ich nicht war,
nämlich leitender Angestellter der Meermaid Corporation. Seine Stimme vibrierte
immer noch, aber jetzt vibrierte sie respektvoll.
    »Ich benötige einige Auskünfte
über Ihren Portier«, sagte ich ihm. »Dieser Bursche mit dem lächerlichen Namen
Dominic Ludd .«
    »Tut mir leid, Mr. Boyd«,
antwortete er dienstbeflissen, »aber wir selbst beschäftigen keinen Portier.
Verstehen Sie, unser Theater wird meistens an unabhängige Ensembles oder für
einmalige Vorführungen vermietet, wie für Ihre Schönheitskonkurrenz neulich.«
    »An diesem Abend stand aber ein
Portier am Eingang«, sagte ich. »Ein Bursche mit einer großen, dicken Nase und
einer kräftigen Stimme. Sie müssen ihn doch gesehen haben.«
    »O ja, jetzt erinnere ich
mich.« Der Ton des Managers war etwas ratlos. »Aber das ist meines Wissens der
einzige Abend, den er je bei uns im Theater gearbeitet hat.«
    »Wo haben Sie ihn denn her?«
fragte ich ungehalten. »Ich möchte seine Privatadresse haben. Welche Agentur
hat ihn vermittelt?«
    »Wissen Sie das denn nicht, Mr.
Boyd?« fragte er mit zittriger Stimme.
    »Woher, zum Teufel, sollte ich
das wissen?«
    »Weil Ihre Firma ihn doch
engagierte. Ich nehme an, es war einer Ihrer Mitarbeiter, Mr. Boyd, und er
machte sich nicht die

Weitere Kostenlose Bücher