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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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auf.
    »Delysia.«
    »Fort mit dir«, sagte Miss LaFosse.
    »Ich muss dir etwas erzählen.«
    »Ja klar. Immer das Gleiche. Deshalb sagte ich, fort mit dir. Ich habe zu tun. Wenn du mich ablenkst, während ich mich schminke, mache ich was falsch und sehe grauenvoll aus. Ich bin gleich fertig.«
    »Ich muss mit dir reden, ich muss, ich muss.«
    »Guinevere«, rief Miss LaFosse.
    »Ja«, sagte Miss Pettigrew, auf der Stelle hellwach.
    »Edythe, das ist Guinevere. Sie wird sich um dich kümmern. Guinevere, das ist Edythe. Um des lieben Himmels willen schaffen Sie sie hier heraus und stellen Sie irgendwas mit ihr an. Sie ist ein schreckliches Weib, aber ich brauche nicht mehr lange.«

    »Mit Vergnügen«, sagte Miss Pettigrew selig.
    Sie machte erneut die Schlafzimmertür fest zu. Miss LaFosse wollte allein sein. Miss LaFosse sollte allein sein. Ein wenig zaghaft wandte sie sich der neuen Besucherin zu. Sie war sich nicht recht sicher, wie man mit solchen jungen Frauen sprach. Sie konnten doch nicht alle so schlicht und liebenswürdig sein wie Miss LaFosse.
    »Pettigrew lautet der Nachname«, sagte sie entschuldigend, für den Fall, dass die Besucherin Vornamen allein zu vertraulich finden mochte.
    »Ah! Meiner ist Dubarry.«
    »Wie geht es Ihnen?«, erkundigte Miss Pettigrew sich höflich.
    »Lausig«, sagte Miss Dubarry. »Und Ihnen?«
    »Oh … oh, gut«, japste Miss Pettigrew, um zwangloses Gebaren bemüht. »Durchaus gut.«
    »Dann sind Sie sicherlich verheiratet«, sagte Miss Dubarry düster, »oder Sie sind nicht verliebt. Ich bin weder noch.«
    »Weder noch was?« Vor Verblüffung rutschte Miss Pettigrew diese rüde Frage heraus.
    »Ich bin unverheiratet, und ich bin verliebt.«
    »Oh!«, sagte Miss Pettigrew so aufgeregt wie neugierig. »Wie reizend.«
    »Reizend?«, stieß Miss Dubarry aus. »Reizend? Wo der Mistkerl mir den Laufpass gegeben hat?«
    »Ach, wie tragisch!«, hauchte Miss Pettigrew.
    »Tragisch ist das richtige Wort«, ächzte Miss Dubarry. »Deswegen bin ich ja hier. Delysia hat Köpfchen, auch wenn sie dazu noch von Natur aus schön ist. Lassen Sie sich ja nicht täuschen.«
    »Keine Gefahr«, sagte Miss Pettigrew.
    »Nein, bei Ihnen nicht. Die Männer sind es, die darauf
hereinfallen. Sie sehen das blendende Äußere und denken, sie kann unmöglich auch noch Grips haben, und versuchen mit ihr Schlitten zu fahren. Da liegen sie natürlich verkehrt.«
    »Sie haben’s nicht anders verdient«, sagte Miss Pettigrew kampflustig, allerdings ohne die leiseste Ahnung, wovon die Rede war.
    »Das sage ich auch immer. Aber sie hat Verstand. Sie kommt immer ungeschoren davon. Ich habe keinen, und darum gerate ich immer wieder in den größten Schlamassel.«
    Sie blickte so unglücklich im Zimmer umher, dass Miss Pettigrews gutes Herz dahinschmolz.
    »Nehmen Sie doch Platz«, sagte sie freundlich.
    »Danke.« Miss Dubarry setzte sich.
    »Männer sind einfach grässlich«, verkündete sie niedergeschlagen.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung«, sagte Miss Pettigrew.
    Worum es bei dieser Unterhaltung eigentlich ging, war ihr immer noch schleierhaft, aber das kümmerte sie nicht weiter. Sie fühlte sich pudelwohl und wie berauscht. Noch nie hatte jemand so zu ihr gesprochen. Dass sie in ein solch merkwürdiges Gespräch verstrickt war, ließ ihr wonnige Schauer über den Rücken laufen. Wenn sie es recht bedachte, hatte sich bisher kaum jemand die Mühe gemacht, überhaupt mit ihr über irgendetwas zu sprechen, jedenfalls nicht auf einer persönlichen Ebene. Dagegen diese Menschen! Sie schütteten ihr Herz aus. Sie ließen sie teilhaben. Sie war eine von ihnen. Sie nahmen sie so selbstverständlich hin, dass jeder Nerv in ihrem Leib vor Aufregung bebte. Kein Zeichen von Überraschung: Sie sagten einfach »Hallo«, und schon gehörte man dazu. Keine Bedenken, welche gesellschaftliche Stellung man bekleidete, aus welcher
Familie man kam und in welchen Vermögensverhältnissen man lebte. Ihr ganzes einsames Leben lang war Miss Pettigrew niemals bewusst gewesen, wie einsam sie war, bis zu diesem Tag, an dem sie es nicht mehr war. Worin genau lag der Unterschied? Jahrelang hatte sie bei anderen Leuten im Haus gewohnt, ohne jemals wirklich zu den Bewohnern zu zählen, und nun, nach wenigen Stunden schon, fühlte sie sich geradezu himmlisch wie zu Hause. Alle akzeptierten sie. Alle sprachen mit ihr.
    Und wie sie sprachen! Niemals hatte sie dergleichen gehört. Diese unglaubliche Sprunghaftigkeit! Jeder Satz von ihnen

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