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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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eine kurze Verschnaufpause sein. Vor ihr lagen viele lange Jahre, in denen sich nichts, aber auch gar nichts ereignen würde. Im Augenblick stand ihr der Sinn entschieden nicht nach Ruhe und Frieden. Ganz im Gegenteil. Es musste bald wieder etwas passieren. Wenn nicht, würde sie sich betrogen fühlen. Doch so gütig, wie das Schicksal sich bisher ihr gegenüber gezeigt hatte, würde es sich jetzt gewiss nicht abwenden und sie im Stich lassen. Es würde wieder etwas passieren. Und bis dahin wollte sie
vernünftig sein, den stillen Moment nutzen und Kräfte sammeln.
    »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht«, wagte sie sich vor, »aber mir würde jetzt ein Tässchen Tee guttun.«
    »Oh!«, sagte Miss LaFosse.
    »Die anderen Getränke waren eine hübsche Abwechslung«, sagte Miss Pettigrew ernst, »und man fühlt sich dabei zweifellos ganz herrlich merkwürdig, aber ich sage immer, es geht doch nichts über ein gutes Tässchen Tee.«
    »Sie haben vollkommen recht«, sagte Miss LaFosse gewinnend. »Ich mache uns gleich eins.«
    »Bleiben Sie sitzen«, sagte Miss Pettigrew energisch. »Wenn Sie wüssten, wie … wie gern ich das übernehme … vor allem für jemanden, der es zu schätzen weiß.«
    Miss LaFosse ließ sie gewähren.
    Wie der Blitz war Miss Pettigrew in der Küche und wirbelte in einem Anfall munterer Häuslichkeit von einem Eck zum anderen. Wie anders war es doch, für Miss LaFosse zu arbeiten! Plötzlich fuhr ein Stich durch ihr Herz. Wie herrlich wäre es, selbst eine solche Wohnung zu besitzen! Niemals mehr für fremde Menschen arbeiten zu müssen, nie mehr am Rand zu stehen, während andere sich im Mittelpunkt sonnten, nie mehr übersehen, missachtet zu werden. Sie drängte das Gefühl beiseite. Ihr Tag war noch nicht vorbei. Miss LaFosse hatte sie auch für den Abend eingeplant – wozu sonst die Blumen aus dem Laden?
    Das Wasser im Kessel kochte. Miss Pettigrew bereitete den Tee, stellte die Kanne mit ein paar Keksen auf ein Tablett und trug es hinein zu Miss LaFosse.
    »Sie haben ganz recht«, sagte Miss LaFosse. »Der Tee ist wirklich eine köstliche Erfrischung.«
    Miss Pettigrew strahlte sie über ihre eigene wohlduftende Tasse hinweg zufrieden an.

    »Ich sage immer, ein gutes, erfrischendes Tässchen Tee, und man ist für Stunden gestärkt.«
    »Wie spät ist es?«, fragte Miss LaFosse.
    »Fast sieben«, gab Miss Pettigrew zurück.
    »Ah!«, sagte Miss LaFosse genießerisch. »Noch reichlich Zeit, bis ich mich umziehen muss.«
    »Wenn ich es recht verstanden habe«, warf Miss Pettigrew lässig hin, »singen Sie in einem Nachtclub.«
    »Genau. Im Blauen Pfau. Nicks Club.«
    »Oh!« Miss Pettigrew schwante Böses.
    »Haben Tony und Edythe nicht einfach überglücklich ausgesehen?«, seufzte Miss LaFosse. Sie hatte den verträumten, versonnenen Blick einer Frau, die sich nach ein wenig männlicher Aufmerksamkeit sehnt. Miss Pettigrews Befürchtungen verdichteten sich.
    »Der Höhepunkt aller wahren romantischen Liebe«, sagte sie nachdrücklich, »ist die Ehe. Solange nicht beiden Beteiligten der Gedanke an die Ehe kommt, ist das Glück nicht von Dauer, verlassen Sie sich darauf.«
    »Da haben Sie völlig recht«, sagte Miss LaFosse unterwürfig.
    »Und ich hoffe«, fuhr Miss Pettigrew fort, »Sie ziehen nicht etwa eine Ehe mit Nick in Erwägung. Dazu könnte ich beim besten Willen nicht raten.«
    »Du lieber Gott, nein«, sagte Miss LaFosse entsetzt. »Nick … verheiratet! Er würde keine fünf Minuten treu bleiben.«
    »Ich gratuliere zu Ihrem Scharfblick«, sagte Miss Pettigrew. »Nein, das würde er nicht.«
    »Aber er ist ein großartiger Liebhaber«, sagte Miss LaFosse wehmütig.
    »Zweifellos«, sagte Miss Pettigrew. »Übung macht den Meister.«

    »Er erreicht ungeahnte Höhen«, vertiefte Miss LaFosse das Thema.
    »Was mich interessiert«, sagte Miss Pettigrew, »ist das Stehvermögen.«
    »Oh!«, sagte Miss LaFosse.
    »Sie verstehen«, sagte Miss Pettigrew.
    »Ich verstehe«, pflichtete Miss LaFosse trübselig bei.
    »Wurde auch Zeit«, sagte Miss Pettigrew streng.
    »Sie können einem armen Mädchen aber auch gründlich den Spaß verderben«, beklagte sich Miss LaFosse.
    »Nur wenn nötig«, gab Miss Pettigrew zurück.
    »Sie werden ja so schrecklich streng«, sagte Miss LaFosse mit einem Zwinkern. »Bald bekomme ich noch Angst vor Ihnen.«
    »Das wäre durchaus nicht das Schlechteste«, sagte Miss Pettigrew.
    Miss LaFosse kicherte.
    »Was so ein Drink doch ausmacht!«
    »Oh!« Miss

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