Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
Vom Netzwerk:
eine Ecke meines Vorgartens. Ihr Lachen und Scherzen hallte durch die stille Gasse, als die beiden hinüber zur Polizeistation gingen.
    Ich stand noch zittrig einige Sekunden am offenen Tor und lauschte den zwei Ordnungshütern hinterher. Dann schlich
ich zurück zum Bett und legte mich neben Kate, die inzwischen eingeschlafen war. Ihr gleichmäßiger Atem hatte etwas Beruhigendes, trotzdem liefen meine Gedanken im Kreis: Wie so häufig hatte ich das Gefühl, dass das Leben in Saigon mich durch einen Teilchenbeschleuniger jagte; dass es dichter, intensiver und schneller war als an anderen Orten.

10.
    »Du musstest für mich zahlen? Dann bin ich ja quasi eine Prostituierte!«, lachte Kate.
    »Meine Monatsmiete ist gerade zehn Prozent teurer geworden«, ärgerte ich mich.
    »Viel zu viel. Die hätten auch 500.000 Dong akzeptiert«, meinte Minh.
    »Immerhin hattest du deinen Spaß«, versuchte Jürgen mich aufzubauen.
    »Du hast den ganzen Tag perfekt vorausgesagt. Hättest du mich nicht auch noch davor warnen können?«
    Mit nur halb gespielter Entrüstung hatte ich meinem Boss von den nächtlichen Erlebnissen erzählt.
    »Normalerweise bekommen die das doch gar nicht mit, wenn jemand mal über Nacht dableibt. Ich wusste ja nicht, dass du quasi in eine Polizeistation gezogen bist.«
    »Sie ist schräg gegenüber«, stellte ich immer noch leicht genervt richtig.
    »Egal.« Jürgen gähnte mit weit aufgerissenem Mund, kippte die Lehne seines Bürostuhls nach hinten und wuchtete seine Füße auf den Schreibtisch. »Mach dir nichts draus. Die wären sowieso früher oder später zu dir gekommen.«
    »Nicht, wenn ich ihnen keinen Grund gegeben hätte.«
    Jürgen sah mich mit seinen Kulleraugen an, als hätte er einen Idioten vor sich.

    »Es ehrt dich ja sehr, mein Junge. Aber schmink dir mal deine alteuropäischen Vorstellungen ab! Du bist doch schon über ein halbes Jahr hier! Der Grund ist, dass du das Zigfache von ihnen verdienst. Das können sie so natürlich nur schwer sagen, also zaubern sie etwas anderes aus dem Hut: Bei mir kommt alle zwei Wochen so ein Uniformmännchen vorbei und sammelt für hilfsbedürftige Kinder. Und das ist nicht mal richtig gelogen: Es werden seine eigenen sein, für die er das Geld braucht. Ich stopfe ihm also immer kräftig Scheine in seine Box und habe dafür keinen Bürokratenärger, wenn ich etwas mit der Bezirksverwaltung zu regeln habe. Und so geht es an allen Ecken und Enden. Meinst du, es war einfach, für einen Ausländer innerhalb einer Woche eine Arbeitsgenehmigung zu bekommen?«
    Darüber hatte ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht.
    »Es hat mich 200 Dollar gekostet, damit du hier von heute auf morgen anfangen konntest.«
    Ich schwieg.
    »Klar nervt mich das. Aber es macht manche Dinge auch einfacher. Und ich verstehe, dass es nicht anders funktioniert: Der arme Idiot, der gestern zu dir gekommen ist, verdient als Polizist rund siebzig Dollar im Monat. Wie soll der denn seine Familie durchbringen, wenn nicht mit solchen Aktionen? Und von den 800.000 Dong muss er auch noch etwas an seinen Chef abgeben - sonst darf er auf der Polizeistation nur noch das Klo schrubben, und ein anderer macht die Hausbesuche bei den Ausländern.«
    »Das ist krank!«
    »Ja, aber so funktioniert hier das Leben. Jeder spielt das Spiel mit. Diese kleinen Gefälligkeiten begreifen sie nicht mal
als Korruption. Man hilft sich halt gegenseitig, und nur so kommt man über die Runden. Für dich ist es doch auch viel einfacher: Jetzt kannst du dir jede Nacht eine andere Frau mitbringen. Das wäre mir 800.000 Dong wert!«

11.
    Das Flatrate-Prinzip: Wenn man den Festbetrag schon gezahlt hat, will man ihn auch ausnutzen. Aber das war nicht der einzige Grund, warum ich Kate bereits am nächsten Abend wiedersah. Und entgegen möglicher Unterstellungen kann ich reinen Herzens behaupten, dass auch meine Libido nicht alleine ausschlaggebend war. Tatsache ist: Wir hatten nicht nur in horizontaler Ausrichtung den größten Spaß miteinander.
    Vier Tage lang ging Kate nur in ihr Hotel zurück, um sich neue Kleidung zu holen. Am fünften checkte sie dort endgültig aus und für den Rest ihres Aufenthalts im »Nick’s Inn« ein. Da waren es noch zehn Tage. Zehn mal vierundzwanzig Stunden, die wir abgesehen von meinen unvermeidlichen Arbeitszeiten durchgängig zusammen verbrachten. Ob Erik, seines Zeichens Kapitän der »Saigon Raiders«, zum Training rief oder Minh mich auf eine Runde Billard einlud - stets

Weitere Kostenlose Bücher