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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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keine Huong«, antwortete sie nervös und ein bisschen zu schnell. Alles an ihr schrie nach Lüge.
    Fast hätte ich sie gepackt, an ihren dünnen Schultern die Wahrheit aus ihr herausgeschüttelt, doch dazu kam es nicht. Eine massive Barriere aus Fleisch, Blut - und vor allem Muskeln - schob sich zwischen mich und das Mädchen.
    »Was willst du von meiner Freundin? Lass sie gefälligst in Ruhe!«, herrschte mich der Kerl in schwerem australischen Akzent an. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

    »Du verstehst das nicht! Ich muss mit ihr reden!«
    »Der Typ ist völlig verrückt«, hetzte das Mädchen aus dem Hintergrund.
    »Du machst einen Fehler«, versuchte ich verzweifelt, ihn auf meine Seite zu ziehen.
    »Verpiss dich!«
    »Sie ist eine Diebin!«
    Der Hüne gab mir einen kräftigen Schubs. »Hau ab, oder ich prügel die Scheiße aus dir raus!«
    »Sie wird deine ganze Bude leer räumen!«
    Wieder ein Stoß. Stärker als zuvor. Ich taumelte zurück, stolperte über meine eigenen Beine und landete im Dreck. Ich konnte nur noch mit ansehen, wie der Australier sich abwendete und die Frau schützend in den Arm nahm. Diese drehte sich noch einmal um und spuckte vor mir aus. Dann öffnete sie das Vorhängeschloss, und das ungleiche Paar verschwand in dem Kabuff.
    Noch auf dem Boden sitzend, waberten zwei Erkenntnisse durch mein Hirn: Dass dieses Land neben »Huren« und »Heiligen« noch ungeahnte weitere Kategorien bot. Und dass ich in Saigon immer noch nicht neben einer Frau aufgewacht war.

9.
    Wer ein Haus in Saigon mietet, sollte auf eine gut funktionierende Klimaanlage, ausreichend Druck auf den Wasserleitungen und einen großzügig bemessenen Abstand zum nächsten Schrotthändler und zur Polizeistation achten.
    Über die ersten beiden Punkte konnte ich mich nicht beschweren, doch leider habe ich in Sachen Nachbarschafts-Auswahl kläglich versagt. Und so kam es, dass ich regelmäßig von meinem metallklopfenden Nachbarn aus dem Schlaf gerissen wurde. Stets zerrte er frühmorgens die verschiedensten Eisen- und Stahlobjekte aus seinem Haus auf die Straße und begann, diese lautstark zu bearbeiten (Gerne auch unter Einsatz einer scheppernden Maschine, die wiederum von einem lärmenden Generator angetrieben wurde). Bis heute habe ich keine Vorstellung davon, was er da trieb - aber es raubte mir den letzten Nerv.
    Die Polizeistation schräg gegenüber hatte mir am Anfang ein trügerisches Gefühl von Sicherheit gegeben. Nun war mein Haus so leer geräumt, dass der Sound meiner nackten Füße auf den Kacheln durch die Räume hallte. Und damit nicht genug. Auch die Beamten wollten die Kuh, die da ahnungslos über ihre Weide stolperte, ein wenig melken.
    Normalerweise spähen Einbrecher ein Haus aus und schlagen bei sich bietender Gelegenheit zu. In meinem Fall
spähte die Polizei mein Haus aus und schlug bei sich bietender Gelegenheit zu. Diese bot sich ihr, nachdem Jürgen mich darüber aufgeklärt hatte, wie einfach meine Unterversorgung an körperlicher Nähe zu beheben war.
     
    »Das Nest!«
    »Das Nest?«
    »DAS … NEST!«
    Jürgen betonte die beiden Worte mit großem Gestus und feierlicher Stimme.
    »Was ist das?«
    »Die Lösung deiner Probleme.«
    Er grinste mich verschwörerisch an, doch mein Erkenntnisstand lag immer noch auf Meeresspiegel-Niveau.
    »Stell dir einen Ort vor, an dem es vor paarungswilligen Frauen wimmelt. Jeden Tag kommen neue an, und - noch besser - die alten ziehen des Weges, machen also keinen auf Liebe, Zusammensein und den ganzen Schmonz. Diesen Ort gibt es tatsächlich. Mitten in der Stadt. Keine fünf Minuten von hier. Wir nennen ihn: DAS NEST! «
    Meine Hormone jubilierten.
    »Würde es dir was ausmachen, dich klarer auszudrücken?«, fragte ich ungeduldig.
    Jürgen legte seinen Kopf schief und schwieg. Er genoss es, mich auf die Folter zu spannen. Endlich fuhr er fort: »Das Nest ist eigentlich eine Straße, die Pham Ngu Lao. Seit die Regierung vor vier, fünf Jahren die Reisebeschränkungen aufgehoben hat, kommen immer mehr Rucksackreisende ins Land, und die Pham Ngu Lao ist zum Zentrum der Travellerszene geworden. Es gibt keinen Ort in Saigon, an dem es einfacher ist, jemanden kennenzulernen. Da sitzen all die Hippies und
tauschen sich beim Bier über Reiserouten, Sehenswürdigkeiten und Hotels aus.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Schau dir doch an, was für Leute das sind, die jetzt in ein Land wie Vietnam kommen. Gerade Frauen,

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