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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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Befriedigung, Befreiung und der trügerische Glaube daran, dass nun alles geritzt sei.
    Versonnen starrte ich auf den Monitor. Die Müdigkeit, die meinen Körper schon seit Stunden im Griff hatte, merkte ich nicht mehr. Angestachelt durch den vermeintlichen Erfolg pendelte meine Seele wie ein Jojo zwischen Depression und Manie. Mein Geist wanderte unbedrängt von jedweder rationalen Einflussnahme umher und fand schließlich auf seinem Weg durch das Bewusstsein eine weitere Tür. Diese wirkte fest verschlossen, aber auch nicht so stabil, als dass sie einem Brecheisen lange widerstehen konnte.
    Mein Werkzeug war schnell gefunden. Es lag im Ordner Gesendet . Ich kopierte den Text meiner letzten Mail und fügte ihn in ein neues Fenster ein. Dann ersetzte ich die Anrede »Meine herzallerliebste Kate« durch »Meine herzallerliebste Charlotte«. Zufrieden betrachtete ich mein Werk und klickte auf Senden .
     
    Eine Tastatur ist kein Kopfkissen - was mich leider nicht daran hinderte, das Gesicht auf ihr gebettet einzuschlafen. Ein steifer Hals und rote, quadratische Abdrücke auf der Wange
waren aber nicht meine größten Probleme, als ich erwachte. Der erste Schock: Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und es war sehr heiß. Ein Blick auf die Uhr. Oh Gott, schon halb zwölf! Die Kollegen arbeiteten bereits seit drei Stunden. Gerade wollte ich mich umziehen, als sich erstmals die Frage in den Vordergrund schob, warum ich überhaupt am Computer eingeschlafen war. Langsam setzten sich die Bruchstücke der Erinnerung zu einem Bild zusammen.
    Leider.
    Denn dieses Bild war entsetzlich. Entsetzlich peinlich.
    Die Verspätung rutschte in der Prioritätenliste ab. Statt ins Büro zu gehen, rief ich mit zittrigem Mauspfeil das Postfach auf.
    Eine neue Mail. Charlotte hatte geantwortet.
    Die Betreffzeile war leer.
    Tief durchgeatmet.
    Klick.
    Ohne Anrede ging es los.
    Charlotte hatte ausführlich geschrieben, doch ich verstand kaum ein Wort: Der gesamte Text war auf Französisch. Offensichtlich hatte meine Mail mehr in ihr ausgelöst, als sie in ihrem deutschen Wortschatz ausdrücken konnte. Dass es ihr egal war, ob ich die Bedeutung ihrer Worte begreife - nun, es gibt positivere Signale.
    Ausgerüstet mit drei Jahren Schulfranzösisch (Durchschnittsnote: 4+), kämpfte ich mich durch den Brief. Glücklicherweise schien Charlotte auf diese Bildungslücken Rücksicht genommen zu haben und bediente sich bereits im ersten Satz jenes Wortschatzes, den jeder pubertierende Siebtklässler in einer Fremdsprache als Erstes lernt - wenn auch nicht von der Lehrerin …

    »Trou de cul! T’es une merde!«
    O.K., ich war also ein Arschloch. Und ein Stück Scheiße. Klare Worte. Und eindeutige Hinweise darauf, dass auch von der restlichen Mail weder enthusiastischer Beifall noch sonstige Sympathiekundgebungen zu erwarten waren. Es reichte ein kurzer Blick auf den Text. Hier ein »Crétin«, dort ein »Idiot«. Danke, kein Bedarf, die sprachlichen Feinheiten der übrigen Zeilen auszuloten.
    Ich klickte auf Löschen , die Mailbox aktualisierte sich. Charlottes Schreiben - bis zum heutigen Tag unser letzter Kontakt - war verschwunden. Doch es hinterließ einen schalen Geschmack, der sich nur langsam verflüchtigte.
     
    Minh warf mir einen besorgten Blick zu, als ich ungewaschen fast vier Stunden verspätet zur Arbeit kam, doch er sagte nichts. Glücklicherweise war Jürgen für drei Tage in Hanoi, um sich unter einflussreichen Leuten ein paar Freunde zu machen, ohne die in seinem Geschäft nichts ging. Alle zwei Monate packte er die Kriegskasse ein und begab sich auf eine »Charity-Tour in den Norden«, wie er es selber gerne bezeichnete. Immerhin war er dabei erfolgreich, denn bei seiner Rückkehr hatte er zwar stets dunkle Augenringe, aber häufig auch neue Aufträge in der Tasche. Mit wem er sich traf, und was genau dort vor sich ging, darüber schwieg er sich aus. Abgesehen von seiner äußeren Erscheinung hatte sich Jürgen in Vietnam perfekt assimiliert - er war ebenso pragmatisch und spielte die kleinen Spielchen so gekonnt wie ein Einheimischer. Das Letzte, das er dabei aus den Augen verlor, war sein eigener Vorteil.
    Ich gab meinen Kollegen einige Anweisungen und schloss die Tür zu meinem Büro. Dort machte ich Ansprüche auf den
Titel »Ineffektivster Mitarbeiter des Tages« geltend: Alles, was ich tat, war auf den Bildschirm zu starren und zuzusehen, wie sich das Fenster des Mail-Accounts wieder und wieder neu aufbaute.
    Bei jedem

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