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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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ich glatt. Komm, ich lade dich zum Essen ein.«

    »Das ist doch schon mal ein guter Anfang. Aber ich warne dich: Ich brauche jetzt mehr als ein paar läppische Kokosnüsse. Ich könnte ein ganzes Universum verspeisen.«
    »So soll es sein.«
    »Amen.«

18.
    Da saß sie nun. Hatte auf Anweisung des Gastgebers ihr entzückendes Hinterteil genau auf dem Stuhl mir gegenüber positioniert. Sah umwerfend aus. War offensichtlich überrascht, wer sie da begrüßte. Und: Sie lächelte! Das war nicht einmal ein Oh-mein-Gott-der-nervige-Typ-ist-auch-hier-aber-ichbleib-mal-höflich-Lächeln. Sondern eines, bei dem eine Prise Aufrichtigkeit durch die Lippen schimmerte.
    Hallo. So ein Zufall. Ich wusste gar nicht, dass du mit Erik befreundet bist. Er hat ja schon ein paarmal hier ein Essen gemacht. Da habe ich dich nie gesehen. Er ist übrigens ein Superkoch. Geht es deiner Nase besser? Der Hund soll ja später eine Alkoholvergiftung gehabt haben. Hahaha.
    Locker und munter quasselte Lien drauflos - und riss mit ihren Worten meine perfekt präparierte Verteidigungsmauer aus Erklärungsversuchen und Entschuldigungen in Sekundenschnelle ein. Sie trat mir so unerwartet freundlich gegenüber, dass ich zunächst gar nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte. Meine Arsenale waren mit Schutzbehauptungen bestückt, nicht mit Flirtphrasen. Doch ich brachte schnell neue Truppen in Stellung und ritt bald die ersten Charmeattacken. Diesmal führte ich dabei allerdings ein elegantes Florett und hieb nicht mit der plumpen Holzkeule auf sie ein, wie bei unserem ersten Treffen.
    Die übrigen Gäste, die mit uns an der langen Holztafel auf
der Terrasse von Eriks Haus saßen, versanken in den Randgebieten meiner Wahrnehmung. Nur der lange Hamburger Jung stach mir manchmal ins Auge. Er thronte am Kopf der Tafel, grinste mich verschwörerisch an und zwinkerte mir auffordernd zu. Aber ich bedurfte gar keines Ansporns, um bei Lien nichts anbrennen zu lassen. Innerlich pries ich Shiva und Erik, Minh und den Hund, dass sie dieses Treffen möglich gemacht hatten. Äußerlich tanzte ich leichtfüßig durch unser Gespräch und fühlte mich auf dem Parkett schließlich so sicher, dass ich auch den Schritt auf schwierigeres Terrain wagte.
    »Jetzt mal ehrlich, Lien: Bei unserem ersten Treffen fandest du mich sicher komplett bescheuert?«
    »Natürlich, du hast mich ganz schön genervt. Aber du warst auch lustig. Und dass du so gut Vietnamesisch sprichst hat mich beeindruckt. Als ich die Geschichte später zu Hause meiner Mutter erzählt habe, konnte ich es selber gar nicht fassen, was da passiert ist. Das war ja wie in einem Film.«
    »… von dem es keine Fortsetzungen geben wird. Fest versprochen.«
    »Schade eigentlich. Ich fand ihn ausgesprochen unterhaltsam.«
    »Wirklich?« Ich hob meine Stimme. »Hey Erik! Hast du noch zwei, drei Flaschen Whiskey hier?«
     
    Selbstdisziplin. Nicht mein Bruder, aber doch immerhin ein entfernter Bekannter. Jedenfalls beließ ich es bei dem Spaß und rührte die Batterie an Glendfiddichs, Lagavulins und Balvenies, die Erik umgehend präsentierte, nicht an (nahm allerdings einen Eintrag in meiner Hirnrinde vor, dass ich ihn zu anderer Zeit einmal alleine besuchen sollte).

    So konnte ich am Ende des Abends eine erfreuliche Bilanz ziehen:
    ★ Vom Hund gebissen worden: Nein
    ★ Mich danebenbenommen: Nein
    ★ Peinliche Gedächtnislücken offenbart: Nein
    ★ Einen angenehmen Eindruck hinterlassen: Wahrscheinlich
    ★ Mich als passabler Gesprächspartner erwiesen: Ja
    ★ Mit Lien eine Verabredung ausgemacht: Ja! Ja! Ja!
    Es war das alte Spielchen. Jeder kennt es. Die Regeln sind rund um den Globus die gleichen, vielleicht variiert die Geschwindigkeit ein wenig. In Vietnam rollen die Würfel bei Mann trifft Frau ein wenig langsamer. Aber das war mir egal, denn ich sah das Ziel deutlich vor mir - und es schien nur eine Frage der Zeit, bis ich es Zug um Zug erreichte. Ein Telefonat. Eine Verabredung zum Essen. Irgendwann nicht mehr nur am Abend, sondern wie selbstverständlich auch in der Mittagspause. Reden, verstehen, gemeinsam lachen. Die ersten, scheinbar zufälligen Berührungen. Manchmal auch unerwartete Rückschläge. Wenn sie sich tagelang nicht meldete. Nicht auf meine SMS antwortete. Sich ohne Grund kalt und unnahbar gab. Mich bei einer Verabredung sitzen ließ.
    Bisweilen spürte ich einen inneren Kampf, den Lien mit sich austrug, konnte aber nie herausfinden, wer dabei eigentlich wem

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