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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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Land will oder wollte unbedingt mit einem Japaner zusammen sein. Du magst das krank finden, aber diese Krankheit hat sozusagen historische Gründe.«
    Waren das gute oder schlechte Nachrichten? Was nützt
es zu wissen, welcher Influenzavirus einen befallen hat? Der Rotz steckt einem trotzdem in der Nase. Doch vielleicht hilft einem das Wissen bei der Beantwortung der entscheidenden Frage: Besteht eine realistische Chance auf Heilung - oder steuert die Krankheit unaufhaltsam auf ein fatales Ende zu?
    »Der Herr Europäer! Du bist echt lustig! Dass du dich darüber so aufregen kannst. Der Fall ist doch völlig klar.«
    »Ach ja?«
    »Ihr trefft euch seit sechs Wochen jeden Tag?«
    »Ja, fast.«
    »Ihr versteht euch gut?«
    »Blendend.«
    »Ihr habt Sex?«
    »Ja.«
    »Bezahlst du sie dafür?«
    »Niemals! Wofür hältst du sie?«
    »Dann halte ich sie für eine Frau, bei der du echte Chancen hast, sie einmal zu heiraten.«
    Minhs Ton war an Beiläufigkeit kaum zu überbieten. Dabei erstarrte ich vor Schock. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit krächzte ich:
    »Was? Heiraten?«
    Wahrlich eine Aktivität, die in meinem Lebensentwurf bisher nicht vorgesehen war.
    Ich spürte, wie sich Minh amüsierte, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ.
    »Klar.« Selten sah ich jemanden umständlicher eine Zigarette anzünden. »Was glaubst du denn?«
    Eine große Frage gelassen ausgesprochen. Ja, was glaubte ich eigentlich? Musste ich mir den Vorwurf gefallen lassen,
dass ich mich ohne Rücksicht auf kulturelle Eigenheiten in eine Beziehung gestürzt hatte? Es sah ganz danach aus.
    »Ich will nicht sagen, dass jede ernsthafte Beziehung bei uns in eine Ehe führt. Aber es ist zumindest immer das Ziel. Und Lien ist jetzt 28, das ist in Vietnam schon knapp vor Torschluss. Außerdem kann sie sich nicht für den Rest ihres Lebens neue Lügen einfallen lassen, warum sie jeden Abend erst um elf nach Hause kommt. Schon bald wird sie dich ihrer Familie vorstellen müssen - das kann sie wiederum nur tun, wenn es ehrliche Heiratsabsichten gibt. Und zu guter Letzt möchtest du doch sicherlich auch mal eine ganze Nacht mit ihr verbringen. Das geht aber nur«, er fuchtelte mit seiner Hand nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht herum, »mit einem Ring am Finger.«
    Minh sprach wie ein Mann, der wusste, dass er recht hatte - und mir wurde klar, dass ich meine sorgsam aufgebaute Fassade des einsamen Wolfes endlich einreißen musste.

20.
    »Fährst du weg?«
    Jürgen schob mir den abgezeichneten Urlaubsantrag wieder zurück.
    »Ein bisschen in Phan Thiet am Strand abhängen. Es sind ja nur ein paar Tage. Freitag hin, Montag zurück.«
    »Alleine?« Seine Kulleraugen tackerten mich auf dem Stuhl fest. »Oder mit deiner kleinen Freundin?«
    Ein Schuss ins Blaue. Wahrscheinlich hatte er neue Gerüchte um mein Liebesleben aufgeschnappt, oder er wollte mich einfach testen. Ich hatte ihm jedenfalls immer noch nichts von Lien erzählt. Mir war selber nicht ganz klar, warum. Immerhin sah ich in meinem Chef auch so etwas wie einen Freund, der mir mein neues Leben in Vietnam überhaupt erst ermöglicht hatte. Vielleicht hätte er mir sogar einen guten Rat geben können. Doch je länger wir zusammen arbeiteten, desto weniger hatte ich das Gefühl, ihm wirklich vertrauen zu können. In einigen geschäftlichen Situationen wurde deutlich, wie ausgebufft er war, wie rücksichtslos er nur seine eigenen Interessen verfolgte. Nicht dass ich persönlich je einen Nachteil gehabt hätte. Im Gegenteil. Jürgen gab sich mir gegenüber ausgesprochen großzügig, freundschaftlich und jovial. Doch im Augenblick war ich ihm ja auch nützlich. In meinem Empfinden hatte sich aber die Überzeugung eingenistet, dass er unsere Freundschaft jederzeit in den Keller sperren würde,
falls ihm das einmal besser passen sollte. Und für diesen Fall wollte ich möglichst wenig Angriffsfläche bieten.
    »Wir fahren mit ein paar Jungs von den ›Saigon Raiders‹.«
    Ich hoffte, dass Jürgen mir diese Lüge nicht gleich wieder ansah. Immerhin hakte er nicht weiter nach.
    Wie hätte ich es ihm auch erklären können? War Lien denn überhaupt meine Freundin? Ich wusste es ja selber nicht. Zwei Tage nach unserem Disput hatte sie mich angerufen, als ob nichts gewesen wäre. Mittags waren wir essen, abends besuchte sie mich zu Hause. Mit keinem Wort erwähnte sie unseren Streit, und ich hütete mich davor, das Thema selber anzusprechen. Den ganzen Abend lauerte ich darauf, ob eine neue Bombe

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