Miss Seeton kanns nicht lassen
Miss Palstead so etwas wie eine leichte Person gewesen sei. Mehr schien die gesprächige Dame von ihrer verstorbenen Arbeitgeberin nicht zu wissen.
Mit dem Pförtner ging es besser. Ja, es stimmte, Miss Palstead hatte viele Freunde gehabt, aber nur einen regelmäßigen, besonders in der letzten Zeit. Die Beschreibung des regelmäßigen Herrn und seines Wagens traf auf einen Bankangestellten zu, nach dem seit gestern in einer Suchanzeige, die die Bank in Brettenden veranlaßt hatte, gefahndet wurde. Der Inspector überlegte. Ein eifriger Constable fischte aus seinem Notizbuch eine Abschrift der Anzeige. Der Inspector telefonierte noch einmal mit der Polizeiwache, die weitere Nachforschungen anstellte und den Verdacht bestätigt fand, als die Fingerabdrücke aus seiner Wohnung und aus Maryse Palsteads Wohnung verglichen wurden. Am Spätnachmittag war der Fall von neuem erledigt, die Sache Palstead wurde sauber abgeheftet, und es herrschte wieder eitel Freude.
Plummergen war erleichtert; die drohenden Sturmwolken waren vorübergezogen. Der Mord an Effie war natürlich schrecklich, und noch schlimmer – da von materieller Art – waren die Einbrüche, doch daß das alles hier stattgefunden hatte, war offensichtlich reiner Zufall. Ganz klar: Der Blitz schlug niemals zweimal in die gleiche Stelle ein. Wirklich ein Trost.
Für die Damen im Haus Lilikot gab es selbstverständlich keinen Trost nach den unerhörten Andeutungen der Polizei wegen des tatsächlichen Wertes ihrer gestohlenen Sachen. Es war ja bekannt, wie einfach es für gewisse Leute war, die echten Sachen zu behalten, sie kopieren zu lassen und dann die Imitationen zurückzugeben. Immerhin, es war eine Erleichterung zu wissen, daß die Morde nicht von einem Ortsansässigen verübt worden waren. Mit den Diebstählen war es was anderes. Man wollte gewiß gerecht sein und keinem zu nahe treten, aber es lag ja auf der Hand, auch ohne Namen zu nennen, daß mehr dahinter war. Und diese unerhörte Reporterin, der hatte man gründlich die Meinung gesagt; die wußte jetzt, was man von ihr hielt. Daß die eigene Bank ebenfalls in den Skandal verwickelt war, hielten die beiden Damen für schlicht geschmacklos. Die rettende Idee hatte diesmal Miss Nuttel:
»Ich werde mein Konto dort auflösen.«
Bei den Colvedens sah es nicht ganz so tröstlich aus. »Wie gut, daß jetzt alles vorüber ist«, sagte Lady Colveden und reichte Nigel eine Tasse Kaffee, die er an seinen Vater weitergab. »Auch wenn man es nicht glaubt.«
»Du glaubst es also nicht?« fragte ihr Sohn.
»Nein. Ich sehe natürlich den Standpunkt der Polizei – für die erspart es eine Menge Arbeit. Aber eine Liebesgeschichte in Ashford und Unterschlagungen bei der Bank, das ist doch ganz was anderes, als kleine Kinder umzubringen. Finde ich jedenfalls. Du weißt auch sehr wohl, was ich meine, George.« Sie sah den Ausdruck in ihres Mannes Gesicht.
»Klar wissen wir das«, meinte Nigel. »Was uns interessiert, ist nur dies: Wie viele Liebhaber hast du denn in Ashford?«
»Werd nicht frech«, erwiderte seine Mutter und überlegte dann. »Oder war das ein Kompliment? Na jedenfalls, für so was ist Ashford nicht der richtige Ort. Vielleicht ist es anders, wenn man da wohnt«, fügte sie zweifelnd hinzu. »Ich meine bloß, wenn man schon einen hat in Ashford oder sonstwo, und dann liegt da so ein Stück Draht herum, dann kann ich mir gut vorstellen, wie so was geschieht – impulsiv, im Zorn oder so. Verheiratete Leute zanken sich ja auch mal, warum also nicht unverheiratete? Und Unterschlagungen – na, das täte doch jeder, wenn er wüßte, wie’s gemacht wird. Aber die Überfälle in Poststellen und der Mord an Effie, das ist doch wirklich ganz was anderes. Du wirst ja sehen, daß ich recht habe. Die Zeitungsleute sind jetzt alle nach Haus gegangen oder wohin sie sonst gehen, aber Miss Forby ist noch hier, und der Superintendent und der Sergeant sind auch noch hier. Und wenn ich nicht recht hätte, wären sie nicht mehr hier.« Für das junge Paar im Dunnihoe Cottage füllte Trost das ganze Häuschen.
»O Len, ist es nicht wunderbar?« Lil Hosigg füllte eine große Portion Pudding auf einen Teller, goß Sirup darüber und reichte ihn ihrem Mann. »Daß wir nun durch sind bei der Polizei, meine ich. ‘türlich, schön ist das nicht, daß nun alles wieder aufgerollt wird – ich meine das mit Mamas Mann und was er getan hat oder zumindest versucht hat. Du hättest es damals doch lieber gleich sagen
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