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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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hatten sich in die Stadt zurückgezogen, man konnte leichter atmen und über die Nachbarn reden – ohne das ungemütliche Gefühl, daß man der Wahrheit vielleicht dabei reichlich nahekam.
    In der Arbeit der Polizei lösen sich Sturmwolken nur selten wirklich auf; sie ziehen vorüber, und die Polizei zieht mit, denn Gefahren für Menschen und Eigentum gibt es immer. Immerhin war die Ashforder Polizei froh, daß sie Scotland Yard demonstriert hatte, wie man einen Fall löste, der das ganze Land beunruhigt hatte. Daß sie tatsächlich nicht viel mehr als Aufräumungsarbeiten geleistet hatten, machte nichts; was zählte, war die Wahrheit, die nach der Aufräumung zutage kam. Und über diese Wahrheit gab es geteilte Meinungen.
    Die Ashforder Polizei mochte zufrieden sein, doch Delphick hatte seine Zweifel. Miss Palstead hatte eine Menge Schmuck besessen, das war bekannt. Wo war er? Der Bankkassierer hatte einen Haufen Geld gestohlen und unterschlagen. Wo war das?
    »Verjubelt«, meinte Chief Inspector Brinton. »Wozu um Himmels willen nach Schwierigkeiten suchen, wo keine sind? Und wo wir endlich mal ohne großes Allotria auskommen, weil Ihre teure Miss Seeton den Regenschirm zu Haus gelassen hat.«
    Nun, es war nicht sein Fall, deshalb sagte Delphick nichts weiter. Brinton war offensichtlich froh, daß sich die Spitzbuben wieder nach Schema verhielten, ihren Dreck selber aufkehrten und im allgemeinen der Polizei nicht mehr Schwierigkeiten machten als unbedingt nötig. Doch das allgemeine Gefühl der Gewißheit, daß der Kindermordfall erledigt und der Täter bekannt sei, konnte Delphick nicht teilen. Auch Brinton räumte ein, daß das Orakel hier recht haben könne; der pathologische Befund im Falle Palstead schien Delphicks Verdacht zu bestätigen. Hier war anderer Draht und viel mehr Gewalt angewendet worden als bei den bisher bekannten Erdrosselungen der Kinder. Auch Fleischwunden waren bisher nicht vorgekommen, und im Fall Palstead war der Druck auf die Muskeln des Schlüssel- und Brustbeins stärker gewesen und hatte tiefere Quetschungen verursacht. Man war daher übereingekommen, die Quints und ihren Wagen auch weiterhin im Auge zu behalten, nur befürchtete Delphick, daß die Sache reichlich oberflächlich betrieben werden würde. Seiner Meinung nach hatte der Mord an Effie Goffer nur verübt werden können, weil die Aufmerksamkeit ihrer Wächter mit der Verhaftung des jungen Hosigg nachgelassen hatte. Delphick hatte daher für sich und seinen Sergeant beschlossen, auch weiterhin zu wachen, soweit das möglich war.
    Zu seiner Überraschung waren die Quints im Dorf geblieben. Da er sie trotz ihres Alibis für die Täter hielt, zumindest was die Einbrüche anging, hatte er eigentlich erwartet, daß sie nach ihrem letzten Fiasko, das auf Miss Seetons Eingreifen zurückzuführen war und Polizeiverstärkung ins Dorf gebracht hatte, ihr Wirkungsfeld verlegen würden. Möglicherweise planten sie einen letzten Coup, um die Verluste wettzumachen und die Kosten zu decken. Doch Gefahr für Leib und Leben dürfte im Augenblick wohl für niemanden bestehen, sonst hätte sich das – da war er ganz sicher – in Miss Seetons Skizzen aus der Schule gezeigt, in denen alle Kinder erfaßt waren. Alle…? Nein, nicht alle, fiel ihm plötzlich ein. Der kleine Taubstumme ging nicht in die Schule und war deshalb nicht dabei. Es war zwar unwahrscheinlich, daß hier irgendeine Gefahr drohte; wenn einer der Quints ihn loswerden wollte, hätten sie dafür schon früher reichlich Gelegenheit gehabt. Und außerdem verteidigte Doris ihren Bruder, wo immer sie konnte. Trotzdem: sicher war sicher. Miss Seeton kannte den Jungen; eine ungefähre Skizze würde genügen. Am besten ging er gleich mal zu ihr. Zum Glück machte sie selten Schwierigkeiten, wenn man sie um einen derartigen Gefallen bat. Für eine berufsmäßige Zeichnerin, die sie ihr Leben lang gewesen war, war sie an solche Bitten ja auch gewöhnt.
    Miss Seeton war im Garten. Endlich hatte sie die Zeit gefunden, sich das Gras auf den Beeten vorzunehmen. Gott sei Dank war die ganze Unruhe ja nun vorüber. Alles sehr tragisch, wirklich schrecklich. Sie stemmte die kleine Forke in den Boden. Und dann noch die Einbrüche, wirklich schlimm so was. Es gab so viele Arten, und dabei hatte man doch Gras immer nur einfach für Gras gehalten. Ganz falsch. Hier, dies war das gewöhnliche Gras; sie schüttelte den Grasboden, um die Erde loszuwerden, die ihr über den Rock fiel. Und dann noch

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