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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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eröffnet. Seine Sicherheit und das Vertrauen in die neue Verkleidung wuchs; er kaufte ein Haus am Rande von Brettenden, einen Rover, bestand die Fahrprüfung und erhielt einen Führerschein für sein neues Ich. Den Nachbarn erzählte er, er müsse noch eine Weile geschäftlich abwesend sein, danach aber hoffe er, seßhaft zu werden. Es war daher ganz natürlich, daß der etwas ausländisch anmutende Herr, der das Haus Ivy Manse erstanden hatte, sich nur selten und dann nur am Wochenende sehen ließ. Und es war mehr als unwahrscheinlich, daß irgendeiner jemals diesen wohlsituierten Herrn in Verbindung bringen würde mit dem unbemittelten Bankkassierer, der täglich in einem verbeulten, aus vierter Hand erstandenen Wagen von seiner Wohnung in Ashford zur Arbeitsstätte nach Brettenden fuhr.
    Maryse Palstead war der einzige Punkt, in dem er von seinem ursprünglichen Plan abgewichen war. Er hatte sie auf einer Party kennengelernt und fand sie gleich anziehend, aber sie ihn nicht. Er war entschlossen, Eindruck bei ihr zu machen, lud sie zum Essen ein, gab viel Geld für sie aus, und darauf reagierte sie. Seine Verliebtheit wuchs, und ihr schien es ebenso zu gehen. Er machte zuerst nur Andeutungen und erzählte ihr dann schließlich alles, was er getan hatte und was er noch zu tun plante. Sie zeigte sich interessiert und hilfsbereit; sie schlug ihm vor, Geld in Schmuck anzulegen und unter seinem neuen Namen ein Konto zu eröffnen, das er dann unter seinem richtigen Namen um beträchtliche Summen erleichterte. Dieser letzte Trick entzückte ihn: Es war der ideale Weg, Max zu nehmen, was er Moritz aushändigte. Den letzten – in diesem Fall die Bank – bissen die Hunde, denn an ihm mußte sich Max schadlos halten; und wenn die Bank den Schaden bezahlte, so zahlte sie damit unwissentlich wieder an Moritz.
    Maryse hatte sich nicht binden wollen, bevor sich alle Pläne als sicher und gelungen herausstellten; sie verlangte eine Wartefrist von mindestens drei Monaten nach seinem angeblichen Tod. Erst dann wollte sie ihn heiraten.
    Unruhig rutschte er im Sessel hin und her. Er war sehr blaß geworden. Dies also war das Ende – das Ende des gemeinsamen Weges und das Ende von Maryse. Sie hatte ganz recht: Er mußte wahnsinnig gewesen sein, ihr all seine Pläne zu enthüllen, sein törichtes Herz auszuschütten. Jetzt war sie in der Lage, auszupacken. Blicklos starrte er auf das Zeitungsblatt, das auf dem Boden neben ihm lag. Die verschwommenen Worte nahmen Gestalt an. KINDER WÜRGER SCHLÄGT VON NEUEM ZU. BESTEHT EIN ZUSAMMENHANG ZU DEN EINBRÜCHEN IN PLUMMERGEN? Zusammenhang -? Zusammen… Die Gedanken begannen zu arbeiten, zu koordinieren, ein Muster bildete sich. Ein Blick auf die Armbanduhr: Es war zwanzig nach zehn. Ja – jedes Steinchen saß an seinem Platz. Es paßte. Aber er hatte keine Zeit zu verlieren.
    Er stand auf. »Ich hole uns was zu trinken.«
    »Ich will nichts.«
    »Aber ich.«
    Er ging in die kleine Küche, klirrte mit den Gläsern, öffnete eine Schublade. Ein paar Werkzeuge lagen darin, ein Schraubenzieher, eine Kneifzange und -ja, ganz richtig: eine Rolle Draht. Er schnitt ein Stück ab, klirrte noch einmal mit dem Glas und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    Maryse hörte ihn hinter sich. »Los, trink aus. Und dann kannst du gehen, und zwar für immer.« Sie lehnte sich über den Tisch und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Das werde ich.« Er stand hinter dem Sofa, beugte sich vor und warf ihr, als sie sich zurücklehnte, mit gekreuzten Händen die Drahtschlinge über den Kopf und zog an. Sie fuhr hoch, mit offenem Mund und verkrallten Händen. Er zog und hielt den Draht so lange fest, bis er ihm in die Hände schnitt; dann ließ er los. Sie sackte in sich zusammen, tot.
    Mit den genauen Bewegungen eines Automaten nahm er ihre Handtasche, zog das Feuerzeug heraus, steckte es ein, nahm auch die Geldscheine und das lose Kleingeld, warf die Tasche beiseite, ging ins Schlafzimmer, holte ihr Schmuckkästchen, brach es auf und schob die Juwelen – nirgends aufgeführt und unversichert – in seine Aktentasche. Er riß Schubladen und Schranktüren auf und streute den Inhalt im Zimmer umher. Dann ergriff er die Zeitung und seinen Mantel und verließ die Wohnung.
    Jetzt war die Polizei sicher schon auf der Suche nach seinem alten Wagen. Nun – sie würden ihn erst dann finden, wenn es ihm paßte. Heute abend brauchte er ihn noch; aber wenn er ihn jetzt geholt hatte, durfte er sich auf der Landstraße

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