Miss Seeton riskiert alles
hätten es nicht zulassen dürfen. Helene, er ist viel zu schwer. Aber er blieb nicht stehen, sondern murmelte etwas von Draht. Dann entdeckte ich Licht unter dieser Tür und – « Sie zog scharf die Luft ein, als sie den Schatten neben dem Bett bemerkte. »Wer ist das?«
»Eine Type mit Namen Morden«, antwortete Haley.
Ehe er noch eine weitere Erklärung geben konnte, wurde vorsichtig an die Tür geklopft. Deirdre öffnete, und Timson trat mit einer Drahtrolle und einer Drahtzange ein. Haley näherte sich, um sie ihm abzunehmen. Der alte Mann war aber nicht gewillt, sie herzugeben.
»Entschuldigen Sie, Sir, ich kann es sehr gut allein. Ich bin daran gewöhnt, gelegentlich kleine Arbeiten im Haus zu verrichten.«
Haley ließ ihn gewähren. Gut, wenn es der alte Knabe so wollte. Timson kniete nieder und versuchte, Morden umzudrehen. Da es ihm nicht gelang, beugte Haley sich hinunter und rollte Morden auf das Gesicht. Er stöhnte.
»Es sieht aus, als ob er bald wieder bei uns wäre. Mache ich es richtig so?«
»Sehr gut. Danke, Sir.«
»Einen Augenblick.« Haley bog den Kopf zur Seite. »Wir wollen nicht, daß er erstickt.«
»Nein, Sir?« Timson schien das zu bezweifeln. Er schnitt ein Stück Draht ab, zog die Hände auf den Rücken und begann, sie zusammenzubinden.
»Also«, sagte Deirdre und versuchte, die Situation mit der gleichen Gelassenheit wie die anderen zu akzeptieren, »da Sie mit Timson diesen Morden versorgt haben, könnten Sie mir vielleicht noch einiges erklären.«
»Ich – eh…« Heikel, ihr von ihrem Bruder zu berichten. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es ist eine lange Geschichte«, sagte Haley.
»Das macht nichts«, erwiderte sie freundlich. »Bis zum Frühstück haben wir noch einige Stunden Zeit. Beginnen wir damit, wie Sie hergekommen sind. Und«, sie hielt inne »was ist das für ein schrecklicher Geruch?«
»Äther, glaube ich. Morden hatte Watte damit getränkt, die er Miss Seeton aufs Gesicht drücken wollte. Ich steckte sie wieder in seine Tasche, aber sie stinkt noch.«
Deirdre wandte sich besorgt an Miss Seeton. »Ihnen fehlt doch nichts? Er hat nicht…«
»Nein, meine Liebe«, versicherte Miss Seeton. »Ich war nicht da, wissen Sie.« Sie hatte noch eine Lampe angeschaltet, sich in einem Sessel am Kamin niedergelassen und war dankbar, daß sie Tom Haley alles überlassen konnte.
»Helene«, Deirdre wurde gereizt, »legen Sie das Ding um Himmels willen hin, ehe Sie es fallen lassen.«
»Sehr wohl!« Das Hausmädchen stellte das Bügeleisen auf den Kamin. »Wenn ich die Watte haben könnte, dann lege ich sie unters Holz. Wir werden sofort ein Feuer und keinen Gestank mehr haben. Es ist dann gemütlicher.«
Ohne Timson zu stören, der jetzt die Knöchel zusammenband, nahm Haley den Wattebausch aus Mordens Tasche. War er ein Beweismittel? Er fand auch eine kleine Flasche, die er entkorkte. Der gleiche Geruch. Gut, das dürfte genügen. Er reichte Helene die Watte, die sie in den fertig gepackten Kamin legte und ein Streichholz anzündete.
Flammen loderten auf.
Deirdre sah Haley an. »Nun erzählen Sie, wie Sie hergekommen sind.«
Haley versuchte, Zeit zu gewinnen. »Ich bin Morden gefolgt.«
»Ich habe Morden ziemlich über«, antwortete sie. »Also gut, wie kam denn rein?«
»Dort.« Er zeigte auf das Loch.
Sie ging an die Seitenwand des Kamins und spähte in den dahinterliegenden kleinen Raum. »Ein Priesterversteck – ich wußte nicht einmal, daß wir eines haben. Und die andere Öffnung geht hinunter bis auf die Erde? Brrr!« Sie schauderte. »Kein Wunder, daß es hier so kalt ist.«
Helene eilte zur Tür. »Ich werde heiße Schokolade machen. Es dauert nicht lange.«
»Es tut mir leid, daß es zieht«, entschuldigte sich Haley. »Aber ich hatte noch keine Zeit herauszufinden, wie die Täfelung funktioniert. Ich wollte wieder verschwinden können.«
Deirdre betastete die Kante der Öffnung. »Und Derrick hat es die ganze Zeit gewußt und nie etwas verraten! Das Schwein.« Haley war erleichtert. Sie war sich also über Derrick im klaren. Das vereinfachte die Dinge.
»Also«, begann Deirdre. »Warum waren Sie überhaupt im Garten?« Sie hatte jedoch die romantische Vorstellung, sie wüßte bereits die Antwort.
Die Antwort war prosaisch. »Der Yard schickte mich her, um einige Nachforschungen anzustellen. Dann riefen sie mich an und sagten, sie hätten von der Ortspolizei in Plummergen einen Wink erhalten, Miss Seeton sei hier. Ich hatte
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