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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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wen würden solche Leute ein Hindernis sein?
    »Entschuldigen Sie, Madam«, sagte der alte Mann zu Miss Seeton, »Helen und ich glaubten, einen Schlag und Stimmen zu hören – wir schlafen hier oben –, und wollten fragen, ob Sie etwa Hilfe brauchen.«
    Die beiden alten Leute drehten sich um, um die Tür zu schließen, erblickten Haley und erhoben ihre Eisenwaren. Der Kriminalbeamte wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Er hätte ihnen gern die Waffen abgenommen, ehe sie einen Herzanfall bekamen.
    »Wie freundlich von Ihnen«, antwortete Miss Seeton, »aber Mr. Haley, der Polizist ist, hat mir geholfen.«
    Timson und seine Frau wechselten bedeutungsvolle Blicke und nickten. Helene entdeckte den bewußtlosen Morden.
    »Er ist tot?« fragte sie interessiert.
    »Nein, er schläft nur einen leichten Schlag aus, den er auf den Kopf bekommen hat«, antwortete Haley. »Wenn Sie aber etwas Schnur auftreiben könnten, sollten wir ihn fesseln, ehe er zu sich kommt.«
    »Wie Sie wünschen, Sir.« Timson blieb an der Tür stehen. »Aber ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß Draht wirksamer wäre.«
    »Draht?« kam es von Miss Seeton.
    Timson verneigte sich. »Mit Respekt, Madam. Es scheint ein Fall zu sein, in dem Sicherheit vor Bequemlichkeit geht.«
    Haley lachte. Das war ein Mann nach seinem Herzen. »Bringen Sie den Draht«, sagte er zu Timson, »und wir werden ihn zusammenbinden und ofenfertig machen.«
    Timson ging hinaus. Helene trat zum Kamin und sah durch die Öffnung, die an seiner einen Seite durch eine Schiebewand entstanden war. Dahinter befand sich ein kleiner getäfelter Raum, nur wenig größer als ein Schrank. Auf dessen gegenüberliegender Seite, wo die Täfelung fehlte, war ein Loch von ungefähr einem Quadratmeter. Durch die Öffnung blies ein kalter Wind und drang ein Geruch nach saurer Erde.
    »Hier ist er also durchgekommen«, bemerkte sie. Dann wandte sie sich an Miss Seeton: »Und Master Derrick?«
    Miss Seeton nickte. »Ich glaube, auch. Jemand in einem weißen Laken öffnete die Schlafzimmertür und ging hinaus.«
    Jetzt nickte Helene. »Das ist die Erklärung. Wenn ich die Leintücher zählte, fehlte immer eines. Ich habe Mylady gesagt, daß ein Leintuch verschwunden sei. Man hätte wissen sollen, daß er es für so einen Trick brauchte. Master Derrick glaubte, man würde ihn für einen Geist halten! Aber Sie, Sie lassen sich nicht täuschen!«
    »In diesem Fall nicht. Geister gehen hindurch – durch die Türen, meine ich –, das habe ich gelesen. Dieser tat es nicht. Er drückte auf die Türklinke, also war er keiner.«
    Verlaß dich nur auf Miss Seeton, dachte Haley. Wenn er in einem Spukzimmer übernachten müßte und eine weißverhüllte Gestalt umherhuschte, würde er schreien. Sie aber nicht; o nein! Ging die Gestalt durch die Tür, war es ein Geist; das war klar. Tat sie es nicht, war es eben keiner – auch klar. Alles ganz einfach. Kein Wunder, daß sie aus dem Bett gehüpft war und hinter den Vorhängen Stellung bezogen hatte. »Ist Derrick ein Knabe mit einem Motorrad?« fragte er.
    »Ja.«
    Er wirbelte herum und blieb wie angewurzelt stehen. Entgeistert starrte er die Erscheinung an der Tür an. Deirdres aschblondes Haar fiel in glänzenden Wellen, die sich in den Volants ihres kirschrot-goldenen Negliges wiederholten, auf ihre Schultern herab. Sie war ihm zuvorgekommen und hatte Zeit gehabt, ihr Erstaunen bei seinem Anblick zu verbergen. Jetzt konnte sie sich über die verheerende Wirkung, die sie offensichtlich auf Haleys Herz ausübte, freuen.
    Julia, dachte er. Julia! Kein Wunder, daß Romeo… Als er damals in der Schule diese Rolle spielen mußte, hatte er es geradezu als Hohn empfunden, sich umzubringen, nur weil ein Mädchen gestorben war! Jetzt begann es ihm zu dämmern .
    Er wollte ihr so gern etwas über seine Gefühle mitteilen.
    »Gestern abend trugen Sie Hosen«, sagte er.
    »Und Sie hatten Schuhe an«, bemerkte Deirdre.
    Er sah auf seine Füße hinab, die durch ein paar zerrissene und staubige Socken verunstaltet waren. Er errötete. »Ich…«
    »Und ich habe mich wegen meiner Unhöflichkeit entschuldigt. Hat Miss Seeton es Ihnen ausgerichtet?«
    »Miss .?« Mit einem Ruck kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Auch Deirdre kam wieder auf die Erde. »Helene, was tun Sie hier? Und was hatte Timson mit dem Schürhaken vor? Ich hörte jemanden herumlaufen und dachte, es sei Derrick. Aber da schlurrte Timson mit einem riesigen Schürhaken über den Flur. Sie

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