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Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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teilten sich die Wolken, und in dem weißen Mondlicht nahmen die Umrisse der Kirche Gestalt an: das Dach, die Giebel, die grotesken Wasserspeier an den Regenrinnen; der Glockenturm, auch hier befanden sich Wasserspeier an allen Ecken … an … allen Ecken?

    Mrs. Blaine kreischte entgeistert auf, Miss Nuttel duckte sich ängstlich, die anderen verrenkten sich die Hälse und sahen einen Wasserspeier, der ganz bestimmt nicht auf diesen Turm gehörte. Das Lied erstarb; ihr Kampfgeist erlahmte jäh. Jetzt war der Vikar gefordert. Tief beeindruckt von den Vorgängen und in der demütigen Gewißheit, daß Gott seine Hand ausgestreckt und ihr Werk gesegnet hatte, sah der Vikar plötzlich ganz klar, was zu tun war. Es war seine heilige Pflicht, das Böse aus diesem schändlich entweihten Ort zu verbannen, das spürte er mit jeder Faser seines Herzens. Unerschrocken trat er unter dem Schutz des Allmächtigen vor, um dem gottlosen Ungeheuer in der Höhe die Stirn zu bieten.
    »Hinweg mit dir!« brüllte er. Seine Stimme und sein Mut gewannen an Stärke. »Ich befehle es dir, unreiner Geist!« Er wurde noch strenger. »Hebe dich hinweg von diesem Ort und fahre zu den ewigen Feuern der Hölle, in denen du bis in alle Ewigkeit schmoren sollst.«
    Langsam wandte die groteske Figur ihnen das Gesicht zu. Alle schauderten. Sie konnten die rollenden, funkensprühenden Augäpfel und die gespaltene Zunge sehen, die vor- und zurückzuckte.
    Reverend Arthur Treeves straffte den Rücken. »Scher dich weg, sage ich, verfluchter Geist. Komm da herunter. Sofort!«
    Die Szene wurde in gleißendes Licht getaucht, als zwei Autos mit aufgeblendeten Scheinwerfern vor dem Fried-hofstor stehen blieben. Uniformierte Polizisten sprangen aus dem Streifenwagen, Bob Ranger stieg aus dem anderen Auto – gerade rechtzeitig, um die abschlägige Antwort des gottlosen Ungeheuers zu hören.
    »Tut mir leid, Mr. Treeves«, rief Miss Seeton. »Ich kann nicht herunterkommen – ich sitze hier fest.«

Kapitel 13
    Jetzt war Scotland Yard offiziell mit dem Fall betraut, und Delphick stieg wieder einmal im George and Dragon ab, in dem er sich bei diesem, seinem dritten Besuch in Plummergen, schon beinahe richtig zu Hause fühlte. Ihm kam der flüchtige Gedanke, daß es im Hinblick auf Miss Seetons letztes Abenteuer und ihr unfehlbares Talent, sich ins Auge eines jeden Wirbelsturms zu manövrieren, der sich am Horizont zusammenbraute, wohl auf lange Sicht einfacher wäre, sie dauerhaft als Verstärkung der Polizeistation von Plummergen zu etablieren. Im Moment war diese Station bemannt mit Police Constable Potter, Mrs. Potter, der dreijährigen Amelia Potter und einem Kater namens Tibs, und man könnte das Aufgebot mit Miss Seeton und einer mobilen Einheit vergrößern, die in ständiger Rufbereitschaft sein müßte, um sie bei ihren Unternehmungen zu unterstützen. Was, fragte sich Delphick, hatte sie jetzt wieder in Gang gebracht? Daß sich die Nuscientisten gern ihre Notizen über die Versammlung angesehen hätten, war verständlich, aber die Spinner hätten doch wissen müssen, daß ein zweiter Versuch nach ihrem Scheitern in Maidstone zwecklos sein würde. Er konnte sich beim besten Willen nichts vorstellen – sie offenbar auch nicht –, was die beiden gewaltsamen Anschläge auf ihr Leben in einer einzigen Nacht rechtfertigen könnte. Der zweite Angriff war vermutlich auf den Groll über ihre Einmischung bei der schwarzen Messe zurückzuführen – Teufelsanbeter mochten es nicht besonders, wenn Außenseiter ihre finsteren Machenschaften ins Lächerliche zogen. Das wäre denkbar. Aber nicht unbedingt schlüssig. Es mußte mehr  hinter der Sache stecken. Es wäre absurd, jemanden wegen eines so trivialen Vergehens gleich töten zu wollen. Auch Foxon, der sich inzwischen Gott sei Dank erholt hatte und lediglich unter einer leichten Gehirnerschütterung litt, vertrat die Meinung, daß sein Angreifer, nach allem, was er in der düsteren Kirche hatte erkennen können, derselbe junge Mann gewesen war, der ihn aus der Versammlung in Maidstone komplimentiert hatte. Die Leiche, die sie im Glockenturm aufgefunden hatten und bis jetzt noch nicht identifizieren konnten, trug jedenfalls einen schwarzen Plastikring – das war ein Hinweis darauf, daß er zu Nuscience gehörte. Aber konnte man daraus auch  zwangsläufig schließen, daß tatsächlich eine Verbindung zwischen diesem Hexenkult und Nuscience bestand?
    Delphick hatte Miss Wicks befragt, aber aus ihr war nicht

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