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Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Aber andererseits durfte man nicht außer acht lassen, daß sie geschult waren, in Notfällen rasch zu handeln. Das bedeutete natürlich, daß sie diese Geschwindigkeiten gewöhnt waren und sie  möglicherweise gar nicht mehr wahrnahmen. Das Auto schlitterte um eine Kurve, und Miss Seeton mußte sich an dem Griff, der zwischen den Fenstern angebracht war, festhalten, um nicht quer über den Sitz geschleudert zu werden. Offenbar war der junge Mann sehr in Eile.
    Vielleicht hatte Mr. Brinton ihm aufgetragen, sich zu sputen. Obwohl der junge Mann, um genau zu sein, den Namen des Chief Inspectors nie erwähnt hatte. Er hatte lediglich gesagt, er käme vom Präsidium in Ashford.
    Deshalb hatte sie angenommen … Aber eigentlich, wenn man’s genauer bedachte, könnte er auch vom  Superintendent geschickt worden sein. Aber nein – sein unerwartetes Auftauchen und die Hast deutete eher auf Brinton hin als auf Superintendent Delphick, der immer so gelassen und besonnen war. Sie mußte sich eingestehen, daß sie wünschte, er hätte ein wenig deutlicher gemacht, was man von ihr erwartete. Sie warf einen Blick auf den Fahrer; nur die Schultern in der Uniformjacke und die Mütze waren in dem schwachen Licht zu sehen, das vom Armaturenbrett schimmerte. Er war noch nicht sehr alt –  kaum mehr als ein Junge – und doch schon ein Polizist.
    Miss Seeton lächelte. Es heißt immer, daß man alle anderen jung findet, wenn man selbst älter wird. Er hatte  ihr erklärt, sie müsse jemanden identifizieren, aber bestimmt hatte er nicht gesagt, um wen es sich handelte oder wohin er sie brachte, da war sie sich ganz sicher. Von irgendeinem Wald war die Rede gewesen. Genau besehen war das ein eigenartiger Ort für eine Gegenüberstellung.
    Aber sie wollte lieber nicht zu viele Fragen stellen.
    Zumindest nicht bei dieser Geschwindigkeit. Und nicht auf einer so kurvigen Straße. Zum Glück war sonst nicht viel Verkehr. Nur ein Polizist auf einem Moped war ihnen begegnet. Er hatte sogar gewendet und war ihnen ein Stück gefolgt. Für einen Moment hatte Miss Seeton sogar gedacht, er würde sie begleiten. Oder sie möglicherweise sogar wegen überhöhter Geschwindigkeit aufhalten. Aber nein. Er blieb nur ganz kurz hinter ihnen und hatte dann zweifellos erkannt, daß dies ein Polizeiwagen war.
    Sie bogen von der Straße ab, fuhren eine kurze Strecke über holprigen Untergrund und blieben unter ein paar Bäumen stehen. Der junge Mann stieg aus und öffnete ihr die Tür. In dem Zwielicht sah Miss Seeton sein Gesicht deutlicher als vorhin vor ihrer Haustür. Irgend etwas an ihm kam ihr vage bekannt vor … Aber nein. Sie war fast sicher, ihn noch nie gesehen zu haben. Es sei denn natürlich, sie war ihm irgendwann im Präsidium von Ashford begegnet, ohne ihn richtig wahrgenommen zu haben – sozusagen. Es war ausgesprochen ungerecht, daß man Menschen mit so eng zusammenstehenden Augen immer verdächtigte, einen wechselhaften oder schwachen Charakter zu haben. Die Menschen konnten nichts für ihr Äußeres. Es war nichts anderes als ein törichtes Vorurteil.
    Und selbstverständlich wäre er nicht bei der Polizei, wenn er einen hätte – einen schwachen, wechselhaften Charakter, meinte sie.
    Der Fahrer tippte sich an die Mütze. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Miss«, sagte Basil Trenthorne.

Kapitel 17
    Miss Seeton stolperte hinter dem jungen Mann mit der Taschenlampe und der blauen Hose her. Er schien es immer noch so eilig zu haben wie auf der Fahrt.
    Wenigstens hielten sie sich auf einem Weg, auch wenn Miss Seeton froh um ihren Regenschirm war, mit dem sie die Äste abwehren konnte, die ihr ins Gesicht zu schnellen drohten, weil ihr Begleiter sich so hastig durch die Büsche drängte. Sie atmete erleichtert auf, als er endlich seine Schritte verlangsamte. Ein Leuchten war durch die Bäume zu sehen – sie befanden sich am Rand einer kleinen Lichtung. Der junge Mann signalisierte ihr, stehen zu bleiben, und knipste die Taschenlampe aus. Miss Seeton wartete gehorsam.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind, Miss. Ich bin gleich wieder da«, flüsterte er. »Ich ziehe mir nur meine Verkleidung an.
    Es wäre fatal, wenn ich mich dort drüben in Uniform zeigen würde.« Er kicherte. »Sie würden sich in die Hosen machen vor Angst.« Er zog sich hinter das Gebüsch neben dem Pfad zurück.
    Dort drüben? Miss Seeton spähte hinter einem  Baumstamm hervor. Flackernde Fackeln waren in einem Kreis aufgestellt. Viel Rauch stieg von den Flammen

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