Miss Seeton und der Hexenzauber
auf.
Oder benutzten sie dicke, in Teer getauchte Dochte? Oder war es Öl? Sie wußte es nicht genau. Das würde den Geruch erklären, den sie zuerst für Paraffin gehalten hatte.
Aber Paraffin war natürlich ein Öl – in gewissem Sinne –, also könnte es durchaus sein, daß sie recht gehabt hatte.
Auf der Lichtung stand eine Art grobe Plattform. Sie mußte etwa ein Meter hoch sein und mindestens doppelt so breit, schätzte Miss Seeton, und bestand aus aufgeschichteten Ästen, die man wahrscheinlich von den umstehenden Bäumen abgeschnitten hatte. Sie hörte Stimmen und Gelächter, sah aber niemanden und konnte auch nicht verstehen, was die Leute sagten. Sie, wer immer sie auch waren, mußten sich auf der anderen Seite dieses hölzernen Aufbaus befinden. Die Szene könnte ziemlich unheimlich wirken, wenn man wirklichkeitsfremd wäre, was sie, Gott sei Dank, nicht war. Aber man könnte sich leicht vorstellen, dieses Gebilde aus Ästen wäre ein Scheiterhaufen, und die gefesselte Jeanne D’Arc stünde dort oben, während sich die englischen Soldaten bei einem Trinkgelage vergnügten.
Wer mochten diese ausgelassenen Leute wohl sein? Und was taten sie hier so spät in der Nacht? Was hatte diese Veranstaltung mit der Polizei zu tun? Sie hoffte nur, daß es nicht wieder eine Versammlung von diesen törichten Leuten mit den Masken war. Wenn doch, wie könnte man dann von ihr erwarten, daß sie jemanden identifizierte?
Besonders wenn es so dunkel und rauchig war. Bestimmt würde der junge Mann gleich zurückkommen, um ihr alles zu erklären. Selbstverständlich mußte er, wenn er bei der Polizei war, ein anständiger Mensch sein, davon war sie felsenfest überzeugt. Aber, wenn sie ehrlich war, flößte er ihr nicht halb so viel Vertrauen ein wie zum Beispiel der Sergeant, der Miss Knight in Plummergen besuchte. Und er war auch nicht so zuvorkommend wie der überschwengliche Mr. Foxon.
Basil Trenthorne nahm die Mütze ab, dann kniete er sich auf den Boden, um nach dem Päckchen zu suchen, das er vorher unter einem Strauch versteckt hatte. Das war’s.
Jetzt würde er es allen zeigen – James und den anderen, die ihm den ganzen Nachmittag zugesetzt hatten, weil er keine Lust gehabt hatte, Äste abzuschneiden und das Podium zu bauen. Sie hatten ja keine Ahnung! Wer hatte letzte Hand angelegt und wirklich alles so blendend organisiert, nachdem die Schwachköpfe mit der Schufterei fertig geworden waren, die Fackeln angezündet und sich wieder durch den Tunnel in den Dünen auf den Weg in die Höhle gemacht hatten?
Die Höhle. Der Gedanke an seine Mutter, die da unten auf das Ende der Welt wartete und sich einbildete, in der nächsten mindestens Präsidentin zu werden, brachte ihn zum Lachen. Ein- oder zweimal war er versucht gewesen, ihr zu sagen, daß er über ihre Aktivitäten als Hexe Bescheid wußte. Das hätte sie ein bißchen zurechtgestutzt.
Jetzt war er froh, daß er es nicht getan hatte. Auf diese Weise konnte er mehr Geld herausschlagen. Er wußte nicht, wieviel sie in diesen Keller mitgenommen hatte – sie hatte sich darüber ausgeschwiegen –, aber er wußte, daß sie ziemlich viel von der Bank abgehoben und ihren Schmuck aus dem Safe geholt hatte. Davon konnte sie sich jetzt für immer verabschieden, und er brauchte sich keine Tricks mehr auszudenken, wie er ihr etwas abluchsen konnte. Duke und N. hatten versprochen, ihm alles, was sie mitgeschleppt hatte, zu überlassen und ihm zusätzlich noch einen Bonus für diesen Job hier zu geben.
Er schaute auf die Uhr. Sein Timing war wirklich gut. Er zündete sich eine Zigarette an – ein paar Minuten konnte er noch warten. Er nahm einen Zug. Diejenigen, die glaubten, daß Pot rauchen nichts brachte, waren ahnungslose Idioten, sie blickten einfach nicht durch. Es brachte einen richtig auf Zack und machte hellwach, so daß man genau wußte, was man tun mußte und erreichen wollte. Und wenn die alte Schachtel sich einen Schnupfen holte, weil sie in der Kälte auf ihn warten mußte, war auch nichts dabei. Er würde ihr bald mehr einheizen, als ihr lieb sein konnte. Ted hatte alles vermasselt, als er versuchte, sie auszuschalten, und dabei selbst ins Gras gebissen hatte.
Wenn Ted jetzt da unten im Höllenfeuer schmorte, wohin sie ihn geschickt hatte, dann würde er bald Gesellschaft von ihr bekommen. Er zog noch einmal an seiner Zigarette, blies den Rauch aus und lachte.
Die meisten der anderen Jungs, besonders der olle Evelyn, hatten eine
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