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Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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dem Podium und hob mit der freien Hand sein Gewand an, als sein Fuß gegen die improvisierten Stufen stieß. Er stieg unbeholfen auf die Plattform. Geschafft, jetzt konnte die Show beginnen.
    Sein Auftritt mit hocherhobener Fackel wurde mit begeistertem Jubel von den Hexen und Hexenmeistern begrüßt. Miss Seeton, die ihm artig gefolgt war, versuchte einen Blick an ihm vorbei auf die Menschen zu erhaschen  und riß die Augen erstaunt auf. Etwa dreißig oder vierzig Frauen und Männer, die Masken wie in der Kirche trugen, fielen auf die Knie und neigten die Köpfe auf den Boden.
    Sie hatten offenbar gegessen und getrunken, doch im Moment schienen sie sich mit etwas anderem zu  beschäftigen. Sie standen schwankend wieder auf und hielten sich an den Händen, dann tanzten sie stolpernd gegen den Uhrzeigersinn um das Podium und sangen ein schauriges Lied mit obszönem Text.
    Also wirklich – Miss Seeton war schockiert. Diese Menschen hatten kaum etwas an, manche waren sogar ganz nackt. Wie einfältig. Abgesehen davon, daß dieser Tanz und das alles ausgesprochen dumm war – wußten sie denn nicht, daß eine Septembernacht viel zu kalt war und daß man sich mit derart leichter Bekleidung im  Handumdrehen eine böse Erkältung zuziehen konnte?
    Morgen würden bestimmt alle mit Schnupfen, wenn nicht Schlimmerem im Bett liegen. Da ihr immer noch nicht ganz klar war, was sie jetzt tun sollte, sah sie ihren Begleiter fragend an. Er ignorierte sie, stolzierte zum Rand der Plattform und schwenkte die Fackel in hohem Bogen, um sie gleich darauf an das Holz zu halten. Eine dünne Flammenwand züngelte von dem Paraffin auf und breitete sich über den Rand des Podiums aus. Dann trat er zufrieden einen Schritt zurück und drehte sich um, damit er im letzten Moment an der Stelle, die noch kein Feuer gefangen hatte, von dem Podest springen konnte. Sobald er in Sicherheit war, wollte er auch die letzte Seite in Brand setzen und die Alte in ihrem brennenden Käfig schmoren lassen. Zum Schluß würde er die Fackel auf das präparierte Reisig werfen. Falls später irgend jemand der Sache auf den Grund gehen und herausfinden wollte, was vorgefallen war, konnte man alles auf die Neugier der Alten schieben, die unbedingt auf das Podest steigen  mußte, um besser sehen zu können, obwohl sie dort nichts zu suchen hatte. Ein bedauerlicher Unfall.
    Basil Trenthorne war sich nicht bewußt, daß bereits ein bedauerlicher Unfall passiert war. Seine  überschwenglichen Gesten wurden ihm zum Verhängnis.
    Die Fackel hatte sein Gewand berührt, und der Stoff fing Feuer. Die Show war bereits in vollem Gange, und Basil war der alleinige Hauptdarsteller. Als er merkte, daß er in Flammen stand, fing er an zu zappeln und zu hüpfen, aber das machte alles nur noch schlimmer. Lodernde Flammen hüllten ihn ganz und gar ein, die Pappmache-Maske brannte. Schreiend schlug er auf das viel zu lange Gewand ein. Er ließ die Fackel fallen, warf sich auf den Boden und wälzte sich hin und her. Dabei löschte er die Fackel, aber er selbst brannte um so mehr, und er steckte die Späne und das Reisig an.
    Die qualvollen Schreie rissen Miss Seeton aus der Faszination des Entsetzens. Sie ließ Handtasche und Schirm fallen, zog ihren Mantel aus und warf ihn über die brennende Gestalt, um die Flammen zu ersticken. Aber das Feuer loderte an anderer Stelle auf und drängte sie zurück. Sie brauchte Hilfe – sofort-, sonst würde alles in Flammen aufgehen … Sie sah sich verzweifelt um.
    Inzwischen brannten alle Kanten des Podiums, und sie war, wie Basil es geplant hatte, von vier Feuerwänden umgeben. Was machten diese idiotischen Leute da unten?
    Sie konnte sie nicht sehen, aber sie mußten noch da sein  … Wie konnte sie zu ihnen gelangen? Sie mußte ihren Kopf schützen … ihr Mantel war verloren – was konnte sie …? Sie schnappte sich ihren Schirm, öffnete ihn und hielt ihn sich dicht vors Gesicht, dann lief sie zu einer Seite. Die Hitze war so stark, daß sie taumelte. Sie nahm all ihren Mut zusammen und trat in die Flammen … ins Leere. Sie fiel von dem brennenden Podest.

Kapitel 18
    Potter war der erste, dem das Glühen in der Ferne auffiel.
    Obwohl er vollstes Vertrauen zu seinen Kollegen hatte, hegte er das Gefühl, daß niemand, der nicht dasselbe Verständnis und den Scharfblick hatte wie er, geeignet sein konnte, das Dorf vor Schaden zu bewahren. Um alles im Auge behalten zu können, hatte er sich vor Sweetbriars postiert, achtete jedoch

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