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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Blumen«, sie wies auf ein halbes Dutzend Vasen im Zimmer, »sind wunderschön. Und die Pralinen.« Sie holte die Riesenschachtel und machte sie auf: »Nehmen Sie ein paar. Sie schmecken herrlich.«
    Bob nahm eine Praline, biß auf Karamell und konnte nichts mehr sagen.
    Anne gluckste. »Ich dachte, Sie hätten sie für Miss Seeton gebracht. Wissen Sie, ich mag die alte Dame. Ich kenne sie fast gar nicht, aber ich mag sie furchtbar gern. Sie auch?«
    »Mmmm«, sagte Bob und kämpfte, um die Zähne auseinander zu kriegen.
    »Manche sind gräßlich. Zum Beispiel die alte Miss Hant. Die ist eine Landplage.«
    »Das läuft auf dasselbe hinaus«, murmelte Bob undeutlich.
    »Nein, eben nicht, glauben Sie mir«, widersprach sie. »Wenn man mit ihnen fertig werden muß. Miss Hant hat den halben Vormittag ein fürchterliches Theater gemacht.«
    Bob, Sieger im Kampf mit dem klebrigen Zeug, schluckte rasch und begann zu reden; es kam lauter heraus, als er beabsichtigt hatte. »Das läuft auf dasselbe hinaus«, brüllte er. Errötend dämpfte er seine Stimme: »Ich meine, es läuft auf dasselbe hinaus, was das für ein Gefühl ist. Nicht immer, meine ich. Ich meine, plötzlich sieht man jemand und weiß ganz genau, was man für ein Gefühl hat. Weiß, das ist es, meine ich. Weiß, daß man immer dasselbe Gefühl haben wird, meine ich.« Er überdachte, was er gesagt hatte, und fragte sich, ob er sich klar genug ausgedrückt hatte. Aber auf einmal erwachte wieder sein Pflichtgefühl. »Wie war das mit Miss Hant?« fragte er, auf die Erde zurückkommend. »Was hat sie denn gewollt?«
    Anne war enttäuscht. Die blöde Miss Hant. Gerade als das Gespräch interessant zu werden begann. »Nichts war los – wenigstens nichts Besonderes. Sie hat heute vormittag ihren Anwalt erwartet und sich aufgeregt, weil er bis jetzt nicht gekommen ist.«
    »Und er kommt auch nicht«, sagte Bob.
    »Ach, ich denke, schon«, antwortete sie. »Ich hab’ ihr gesagt, wahrscheinlich hat er viel zu tun. Vielleicht schaut er heute nachmittag vorbei, oder sonst morgen früh.«
    »Nein, er kommt nicht«, sagte Bob. »Er sitzt.«
    »Mr. Trefold Morton?« fragte Anne bestürzt. »Aber das ist doch nicht möglich. Er ist Anwalt.«
    »Eben drum.« Und Bob gab ihr ein Resümee der nächtlichen Stunden, die er und das Orakel mit dem Anwalt verbracht hatten.
    Anne war außer sich. Impulsiv legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Ich finde, das ist gemein. Da haben Sie ja fast gar nicht geschlafen. Sie müssen todmüde sein.«
    Bob legte seine Hand auf ihre. »Ich bin gar nicht müde.«
    »Und trotzdem haben Sie daran gedacht, mir Blumen und Pralinen zu bringen.«
    »Das war nicht schwer«, sagte Bob. »Ich habe die ganze Zeit an Sie denken müssen.«
    Er beugte sich zu ihr. »Sie wissen doch. Sie müssen doch wissen. wie es mir mit Ihnen geht.«
    Anne versuchte, ihre Hand wegzuziehen. Es gelang ihr nicht. »Nein, ich. Ja, ich. Aber Sie können doch nicht. Ach, begreifen Sie denn nicht«, rief sie verzweifelt. »Schauen Sie mich doch an – wie ich aussehe!«
    Er betrachtete sie. Er sah die schlanke Figur, das ordentliche Schwesternkleid, das schöne Haar, und dann verweilte sein Blick auf ihrem Gesicht. »Ja«, sagte er zustimmend.
    Sie wandte das Gesicht ab. »Sehen Sie.«
    Bob sprach zu ihrem Hinterkopf. »Ich liebe Sie«, sagte er.
    Dr. Knight machte die Tür auf und hielt inne. »Ich glaube, es ist zwanghaft«, sagte er.
    Anne noch immer festhaltend, sprang Bob auf, merkte, was er da machte, und stellte sie hastig auf die Füße.
    Der Arzt sah die beiden interessiert an. »Ja, offensichtlich zwanghaft«, sagte er entschieden. »Ich will mich nicht einmischen, Anne, aber ich habe das Gefühl, ich muß dich warnen.«
    Anne grinste ihn an. »Was ist zwanghaft, Dad?«
    »Diese Angewohnheit von ihm, Frauen hochzuheben, herumzuschleppen und irgendwo abzuladen. Einmal – das könnte ein Impuls sein. Zweimal – und noch dazu zwei gleichzeitig –, das ist besorgniserregend. Aber dreimal – eindeutig Zwangshandlung. Ich glaube kaum, daß es schon ein Heilverfahren dafür gibt. Ich habe nur dein Bestes im Sinn«, fuhr er fort. »Du mußt damit rechnen, daß du, ganz gleich, was du gerade tust, plötzlich hochgehoben und irgendwo anders abgestellt wirst, womöglich in völlig anderer Position. Das ist – eh.« Als der Arzt gewahr wurde, daß er in höhere Sphären hinaufgetrieben worden war, als er gewollt hatte, räusperte er sich, gab den Raumflug auf und stieg

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