Miss Sophie, Sie können mir vertrauen
Schotten an ihrem alten Glauben festhalten. Strathallen fühlte sich brüskiert, weil Jock eine Protestantin geheiratet hat, noch dazu eine Engländerin. Da seine Vorfahren bei Culloden gekämpft hatten, fand er, Jock habe einen doppelten Verrat begangen, als er jemanden aus der Gegend südlich des Tweeds heiratete.” Sie hielt inne, um Atem zu holen, und fuhr sich über die Augen. “Und was meinen Vater angeht, so war er als Geistlicher der Kirche von England strikt gegen Emmas Heirat mit einem Katholiken. Auch meine Schwester wurde enterbt. Das Ergebnis ist, dass ich zehntausend Pfund geerbt habe, an die ich bis zu meinem fünfunddreißigsten Geburtstag nicht herankomme, von den Zinsen abgesehen. Sollte ich vor diesem Datum heiraten, geht das Geld in die Hände meines Mannes über. Mein Vater hat sein Bestes getan, um sicherzustellen, dass es nicht in meiner Macht stand, Emma und Jock zu helfen.”
David war entsetzt. “Das hat er getan? Der Schuft! Oh, ich bitte um Entschuldigung. Ich hatte keine Ahnung und wollte Sie nicht kränken.”
“Nein! Sie glaubten einfach, mir sagen zu müssen, was ich zu tun habe! Wie Sir Philip Garfield, der will, dass ich ihn heirate, und von mir erwartet, dem Jungen einen beträchtlichen Betrag zu überschreiben. Nun, er kann sich seinen Heiratsantrag sparen, und Sie können sich Ihre Ratschläge sparen und …” Gerade noch rechtzeitig hielt Sophie sich davon ab, etwas zu äußern, das ein schlechtes Licht auf ihre Erziehung als Tochter eines Vikars geworfen hätte.
“Und sich zum Teufel scheren”, beendete David den unvollendeten Satz. “Ich kann es Ihnen nicht verübeln. Nein. Von alldem habe ich nichts gewusst. Ich war nur flüchtig mit Major Carlisle bekannt. Ich wusste, dass er verheiratet ist, habe Ihre Schwester jedoch nie getroffen. Ich entschuldige mich, Miss Marsden, meine jedoch, dass Strathallen nicht im Unklaren über seine Verantwortung gelassen werden sollte. Wenn es Ihnen recht ist, könnte ich …”
“Nein!” unterbrach Sophie. “Eher sterbe ich, als dass ich ihn, so wie er Emma behandelt hat, um ein Almosen bitte. Soweit ich das miterlebt habe, war Jocks Ehe ein Glück für ihn. Er war der wildeste, verschwenderischste Tunichtgut. Aber mit Emma wurde er sesshaft und hat seine schlechten Angewohnheiten abgelegt.” Eine Träne rann Sophie über die Wange. Nur David bemerkte das, und er hatte den überwältigenden Drang, sie fortzuküssen. Was hatte er getan? Er hatte all den Kummer, der von Miss Marsden unterdrückt worden war, damit sie nicht von ihm überwältigt wurde, zum Ausbruch gebracht.
Sie bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. “Wissen Sie, Emma hat mir oft geschrieben. Trotz der sieben uns trennenden Jahre standen wir uns sehr nahe. Sie hat mir viel erzählt. Jock und sie waren so glücklich, und dann wurde, kurz vor dem Frieden von 1814, Kit geboren. Papa war schon tot, und es war abgemacht worden, dass Jock und seine Familie zu mir kommen und bei mir leben würden. Aber dann ist Napoleon geflohen, und Jock starb bei dem schrecklichen Gefecht.”
“Es tut mir leid”, äußerte David sehr weich. “Ich werde nichts ohne Ihre Erlaubnis tun. Aber ich möchte doch sagen, dass es hier nicht um ein Almosen, sondern um die Übernahme einer Verantwortung geht.”
Leeren Blicks schaute Sophie Lord Helford an. Er überlegte, ob sie seine letzten Äußerungen überhaupt gehört hatte. Sie schien meilenweit fort zu sein.
“Es tut mir leid, Mylord”, sagte sie schließlich. “Ich hätte nicht so reden dürfen. Es ist nur, dass ich … ich habe Emma geliebt, und … und … es war ihr Geburtstag, und … und …” Zwei weitere Tränen rannen ihr unbeachtet über die Wangen.
“Verdammt!” Mit zwei Schritten war David bei ihr, nahm sie in die Arme und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Seine Umarmung war nicht im Mindesten erotisch. Er drückte Miss Marsden an sich, so wie er Fanny oder Kit an sich gedrückt hätte. Und genau so empfand Sophie das. Vertrauensvoll lehnte sie sich an ihn und war sich bewusst, dass er tröstliche Kraft und Männlichkeit ausstrahlte. Mit einer Hand strich er ihr sacht über das Haar.
Nie zuvor hatte er ein solches Gefühl zärtlicher Bewunderung empfunden. Er fand Miss Marsdens Stolz, ihren Unabhängigkeitswillen und ihre Entschlossenheit, sich allein durchzuschlagen, einfach unglaublich. Ihm war klar, dass viele Frauen nicht gezögert hätten, die Verwandten des Jungen väterlicherseits zu zwingen,
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