Miss Sophie, Sie können mir vertrauen
zog den Mantel an und erwiderte: “Also gut. Vielen Dank, Meredith. Ich bin so weit.”
Stolz stieg sie die breiten Stufen zur haltenden Kutsche hinunter. Meredith half ihr beim Einsteigen. Nach der Helligkeit in der Halle und dem durch die offene Haustür fallenden Licht dauerte es einen Moment, bis Sophies Augen sich an die Düsternis in der Kutsche gewöhnt hatten. Sie hörte Meredith sich auf den Dienertritt stellen und rufen: “Los geht’s!”
Die Pferde setzten sich in Bewegung, und plötzlich merkte sie, dass noch jemand im Wagen saß, in der dunkelsten Ecke. Einen Moment lang glaubte sie, sich zu täuschen, doch dann regte sich die Gestalt, und Sophie fühlte zwei Arme sich um sie schließen, zärtlich, aber unnachgiebig, warme Lippen ihren Mund berühren und eine Hand ihren Hals streicheln.
“David!”, äußerte sie verblüfft und war keines klaren Gedankens mehr fähig. Seine Küsse waren fordernd und besitzergreifend. “Sophie! Oh Sophie! Mein süßer Schatz, meine liebste Sophie”, flüsterte David und küsste sie wieder. “Sophie, liebste Sophie! Ich habe solches Verlangen nach dir!”
Innerlich erstarrte sie. Er hatte Verlangen nach ihr? War das alles? Plötzlich konnte sie wieder klar denken und erkannte, wo das enden würde. Sie musste ihm Einhalt gebieten, ehe … ehe … er nicht mehr aufgehalten werden konnte … ehe sie ihn anflehte, sie besitzen zu dürfen.
“Bitte, David!”
Enttäuscht stöhnte er auf, als er sie losließ.
Ihre Hände zitterten unkontrollierbar, als ihr klar wurde, wie weit sie gegangen war und was das für ihre und Kits Zukunft bedeutet hätte. Ihr ganzer Körper brannte vor Verlangen. Sie hoffte, David möge die Situation nicht noch mehr ausnutzen und versuchen, ihren Widerstand zu brechen. Falls er das tat, würde ihre Abwehr rasch zusammenbrechen und sie nicht mehr fähig sein, ihm Einhalt zu gebieten – ihm nicht mehr Einhalt gebieten wollen.
Zu ihrem Schreck zog er sie wieder in die Arme. Entsetzt über ihre Reaktion klammerte sie sich an die Vernunft und floh zur anderen Seite der Kutsche.
“Nein!” Das war ein Schrei der Verzweiflung gewesen.
Endlich hörte David die große Angst, die in ihrer Stimme mitgeschwungen hatte. Er war zutiefst erschüttert. Oh, mein Gott! Was zum Teufel hatte er getan? Sophie ängstigte sich! Er schämte sich, weil er die Kontrolle verloren und sie verängstigt hatte. Dabei hatte sie ihm vertraut. Schwer atmend lehnte er sich zurück. Sie hatte ihm gesagt … Nein! Sie hatte ihn gebeten, aufzuhören. Aber das hatte er nicht gewollt. Er war sich bewusst, dass sie, wenn er sie bedrängte, seinem Liebesspiel keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen, sich seinen Wünschen fügen und sich ihm vorbehaltlos hingeben würde.
Das konnte er nicht tun. Das hatte sie nicht verdient.
Schweigend saß er mit ihr in der Kutsche. Das Rumpeln der Räder war beruhigend. Er war sich Sophies ebenso bewusst wie sie sich seiner, ganz so, als hielten sie sich noch in den Armen.
Sie brachte keinen Laut heraus, und selbst wenn sie etwas hätte äußern können, hätte sie nicht gewusst, was sie sagen solle. Daher saß sie still da und war froh über die Dunkelheit, die ihre die brennenden Wangen hinunterrollenden Tränen verhüllte. Sie war so kurz davor gewesen, David ihre Liebe zu gestehen, dass sie immer noch das Gefühl hatte, sie müsse ihm ihr Herz öffnen.
Er holte tief Luft und sagte so gelassen wie möglich: “Du darfst mich nicht missverstehen, Sophie. Ich wollte dich nicht kränken. Ich hatte nicht die Absicht …” Was hatte er nicht beabsichtigt? Sie zu lieben? Sie zu verführen?
“Sei unbesorgt, David, ich verstehe dein Verhalten nicht falsch.”
Zu seinem Entsetzen hatte ihre Antwort verbittert geklungen.
Eine ganz kurze Pause. “Ich bin mir deiner Absichten sehr wohl bewusst …” Ein leichtes Beben hatte in ihrer Stimme mitgeschwungen. “Ich gestehe, ich hatte keine Ahnung, dass du mehr willst als nur einen Flirt. Verzeih mir, wenn ich mich an deinem Spiel nicht beteilige.” Jetzt hatte Sophies Stimme wieder so kühl wie sonst geklungen.
In diesem höchst unpassenden Augenblick verlangsamte die Kutsche die Geschwindigkeit.
David fluchte. Und dann wurde er sich gewahr, dass er damit nur Zeit verschwendete.
“Hör zu, Sophie”, sagte er eindringlich. “Du musst wissen, dass ich dich liebe. Ich … ich weiß, ich hätte dich heute Nacht nicht belästigen dürfen. Gott weiß, wie schwer es mir fällt, die
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