Miss Winbolt ist schockiert
ihren verschleierten Antrag abgelehnt hatte. Er war indes sicher, dass nicht ihr Herz, sondern nur ihr Stolz gelitten hatte. Er nahm sich vor, sie künftig so gut es ging zu meiden. Sie kann mir nicht viel anhaben, und wenigstens habe ich ihrem Interesse an Charlwood ein Ende bereitet.
In dieser Hinsicht täuschte er sich. Mrs. Fenton rauschte in ihren Salon, zog ärgerlich ihre Handschuhe aus und sagte: „Es hat keinen Zweck. Der Ort ist das reinste Chaos, und ich habe nur den Salon an der Rückseite betreten können. Du brauchst nicht zu erwarten, dass ich noch mehr Zeit auf diesen eingebildeten Trottel verschwende.“
„Du Arme! Hat er dich etwa abgewiesen?“, fragte der Gentleman, der sich in einem der Sessel rekelte. „Ich habe dir doch gesagt, dass es eine schlechte Idee ist.“
„Die Idee war gut. Die meisten Männer lassen sich leicht um den Finger wickeln. Es konnte ja keiner ahnen, dass er ausgerechnet ein Auge auf diese Winbolt werfen würde!“
„Vielleicht hält er sie für reicher.“
„Wahrscheinlich. Kidman muss einen anderen Weg finden, wie er Ashenden daran hindert, in Charlwood einzuziehen.“
„Du bist verrückt, wenn du ihm das so sagst. Kidman wird nicht erfreut sein, und wenn er schlechte Laune hat, ist er gefährlich. Du hast noch keinen seiner Wutanfälle miterleben müssen.“
„Hör auf, mir Belehrungen zu erteilen! Ashenden plant, zunächst in das Witwenhaus zu ziehen.“ Sie lief im Raum auf und ab und fragte dann plötzlich: „Woher weiß Kidman überhaupt, dass die Valleron-Juwelen in Charlwood versteckt sind?“
„Ich habe es ihm erzählt.“
„Du! Warum?“ Kopfschüttelnd starrte sie ihn an. „Du Dummkopf!“
„Wenn Kidman mir eine Frage stellt, antworte ich so gut wie möglich. Das ist nicht dumm, sondern vernünftig. Merk dir das, Maria“, warnte er sie. „Edric war schon ziemlich skrupellos, aber Kidman ist schlimmer. Edric war zumindest vernünftig, bis er krank wurde und unter Drogen stand.“
Maria warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Du bist ein Feigling! Ich weiß schon, wie man mit Kidman umgeht. Woher weißt du eigentlich von Charlwood? Ich kann nicht glauben, dass Edric es dir erzählt hat, Bruder hin oder her. Edric hätte es niemandem verraten.“
„Da gebe ich dir recht. Allerdings war er in den letzten Wochen vom Laudanum so benebelt, dass er nicht mehr wusste, was er sprach. Du kannst dich sicher gut daran erinnern. Er schwafelte eine Menge vor sich hin und erwähnte Charlwood in meiner Gegenwart mehrere Male. Er redete davon, als Junge dort mit Großonkel Daniel gelebt zu haben. Das war zwar vor meiner Zeit, aber ich konnte mir leicht einen Reim darauf machen.“ Mit veränderter Stimme sagte er: „Es würde mich nicht überraschen, wenn Edric versucht hätte, jemandem kurz vor seinem Tod das genaue Versteck der Juwelen zu verraten.“ Er näherte sich. „Du hast doch am Schluss die meiste Zeit bei ihm verbracht. Hat er überhaupt nichts ausgeplaudert?“
„Ganz sicher nicht!“, stritt sie ab. „Er war gar nicht mehr dazu in der Lage!“
„Und warum bist du dann direkt nach seinem Tod hierhergezogen?“
„Wie kannst du nur so grausam sein?“, fragte sie vorwurfsvoll. „Ich war in London unglücklich. Ich wollte an den Ort zurück, an dem ich aufgewachsen bin.“
„Der natürlich nur ein paar Meilen von Charlwood entfernt liegt. Weder ich noch Kidman nehmen dir das ab. Halt ihn nicht für leichtgläubig. Er will die Juwelen finden, selbst wenn er dafür das ganze Haus abreißen muss.“
„Ich brauche nur noch ein bisschen Zeit.“
Walter runzelte die Stirn. „Du treibst ein gefährliches Spiel, Maria. Kidman ist kein Dummkopf. Du solltest ihm etwas vorzeigen können, wenn er kommt, wenigstens einen kleinen Leckerbissen, der ihn eine Weile beschäftigt. Denk nach! Gibt es da nichts?“
„Ich sagte dir doch, Edric war praktisch bewusstlos! Er murmelte irgendetwas Unverständliches … von einem Springbrunnen. Dann hatte ich den Eindruck, er wäre eingeschlafen. Und das war auch schon alles!“
„Warum zum Teufel hast du ihn nicht geweckt und ihn gebeten, sich mehr anzustrengen?“
„Sogar deinem Kidman wäre das nicht gelungen. Edric schlief nicht, er war tot.“
„Und hinterließ eine trauernde Witwe.“
„Allerdings nicht so eine reiche, wie ich gehofft hatte. Nicht einmal annähernd. Und wenn man an all die Juwelen denkt, die da herumliegen … Sag mir, wie weit ist Kidman eigentlich gekommen?“
„Er
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