Miss Winbolt ist schockiert
Sie beschleunigten ihre Schritte. „Wären Sie denn bereit, Pläne für Charlwoods Gärten auszuarbeiten?“
Sie warf ihm einen vergnügten Blick zu. „Sie wissen nur zu gut, dass ich dieser Herausforderung nicht widerstehen kann. So eine Gelegenheit bekomme ich sicherlich nicht mehr so schnell.“
„Ich bin sehr froh, dass Sie einverstanden sind.“
Als sie sich noch außer Hörweite von Rosa und Philip befanden, bat Emily: „Sie erwähnen doch bitte nichts von meinen anderen Plänen? Es ist ein heikles Thema.“
„Selbstverständlich nicht, Sie können mir doch alles anvertrauen, Miss Winbolt.“ Sie sah ihn erschrocken an und schwieg.
Sie erreichten das wartende Paar und gingen gemeinsam zurück zum Witwenhaus, wo Mrs. Lilley für sie Erfrischungen vorbereitet hatte. Nachdem sie sich bei ihrem Gastgeber bedankt hatten, fuhren sie heimwärts.
An diesem Abend war William ungewöhnlich schweigsam. Ihm schwirrten zahllose Ideen durch den Kopf. Emily Winbolts Zukunftspläne waren mehr als ungewöhnlich. Gibt es vielleicht doch eine bessere Lösung für ihr Problem, die auch mir zugutekäme?
6. KAPITEL
William war in der Tat an diesem Abend so still, dass Lady Deardon sich besorgt erkundigte, ob etwas mit ihm nicht stimmte. „Ich hoffe, du bist nicht krank. Maria Fenton ist heute Nachmittag zu Besuch gewesen und war sehr enttäuscht, dich nicht anzutreffen. Ich habe sie für morgen eingeladen.“
Sir Reginald verzog das Gesicht. „Ich hoffe, ich muss nicht zugegen sein. Ich mag sie nicht. Sie drängt sich viel zu sehr in den Vordergrund.“
„Deinetwegen kommt sie ja auch gar nicht, liebster Reggie“, stellte seine Gattin klar.
„Ich weiß, dass sie hinter William her ist. Er kann kaum einen Spaziergang machen, ohne dass sie ihm auflauert. Du brauchst mich nicht so anzuschauen. William hat mir kein Wort davon erzählt, aber es ist nicht zu übersehen. Wenn er meinen Rat hören will, sollte er sich von ihr fernhalten.“
„Was hat Mrs. Fenton dir getan, dass du so schlecht über sie redest?“, wollte Lady Deardon wissen. „Ihr Benehmen ist tadellos, und wenn sie etwas zu selbstbewusst wirkt, so hat sie auch allen Grund dazu – wunderschön, charmant, immer noch jung … und reich. Was spricht denn dagegen, dass sie sich zu William hingezogen fühlt?“
„Ich habe dir bereits gesagt, dass ich weder sie noch ihre Besucher schätze.“
„Du meinst ihren Schwager und seinen Freund?“
„Er mag ja ihr Schwager sein, doch auf jeden Fall ist er kein Gentleman. Und sein Freund schon gar nicht. Es handelt sich um eine sonderbare Bande. Bei Tageslicht verhalten sie sich unauffällig, aber den einen habe ich mitten in der Nacht ertappt. Er hat nicht gemerkt, dass ich ihn gesehen habe.“
„Und was hattest du mitten in der Nacht draußen zu suchen, mein Schatz?“, fragte seine Gattin.
„Ich war im Stall um nach Duchess und ihrem Fohlen zu schauen. Da schlich der Kerl über die Felder. Ich weiß nicht, was er vorgehabt hat, aber bestimmt führte er nichts Gutes im Schilde.“
„Zugegebenermaßen verhält sich dieser Mann ein wenig eigenartig“, räumte Lady Deardon ein. „Aber von Mrs. Fenton kannst du das nicht behaupten.“
„Wann will Mrs. Fenton vorbeikommen?“, erkundigte sich William.
„Am frühen Nachmittag. Sie wirkte gereizt, als sie erfuhr, dass du den Winbolts Charlwood zeigst, und meinte, sie würde darauf bestehen, dass du sie morgen ebenfalls dort hinführst.“
„Genau das habe ich gemeint“, sagte Sir Reginald. „Emily Winbolt würde sich niemals so fordernd verhalten. Sie weiß stets, wie sich eine Dame zu benehmen hat. Außerdem hat sie das Vermögen ihrer Mutter geerbt. Sie hat dir viel mehr zu bieten als diese Mrs. Fenton, William. Miss Winbolt ist eine Dame mit Qualitäten.“
Reggie würde das Blut in den Adern gefrieren, wenn er wüsste, wie wenig damenhaft sich Emily Winbolt verhalten kann, dachte William lächelnd. Nichtsdestotrotz besitzt er eine gute Menschenkenntnis. Sie ist tatsächlich eine Dame mit Qualitäten.
Wie angekündigt, verlangte Mrs. Fenton nach Charlwood gebracht zu werden. „Ich warte nun schon eine Ewigkeit darauf. Und nun ist mir auch noch zu Ohren gekommen, dass Sie das Anwesen den Winbolts gezeigt haben. Das ist nicht nett von Ihnen“, beschwerte sie sich und hob tadelnd den Zeigefinger.
Ihre vorwurfsvolle Haltung wirkte auf William gekünstelt, doch er antwortete scheinbar reumütig: „Ich hoffe, dass Sie mir irgendwann
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