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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Kugel, die die unverkennbare Aura eines Gebäudes verströmte, das durch die Hände einer langen Reihe psychisch unreifer, neureicher Leute aus der Entertainment-Branche gegangen war. Es war mit verdreckten Flokatis in Farben ausgestattet, die längst nicht mehr hergestellt wurden, mit Küchengeräten, die vermutlich seit dem Aufkommen der Fertiggerichte nicht mehr funktionierten, und man konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Monkees jeden Moment zum Fenster hereinplatzen und ein Lied anstimmen würden. In der Space Needle stellte Susan fest, dass das Telefon nicht gerade oft klingelte, und wenn doch, dann war der Anruf für Chris. Larry schickte ihr ausschließlich Drehbücher für Sexfilme. Sie telefonierten häufig: »Ach, komm schon, Larry. Das haben wir nicht nötig. So schwer kann es doch nicht sein, eine Rolle in einem TV-Movie zu ergattern?«
    »Du bist jetzt Rock 'n' Roll, Sue. Für TV-Movies werden junge Mütter gebraucht. Du weißt schon - zwei Kinder - diese neuen Minivans, die die Leute jetzt fahren. Kühlschrankmagneten. Die Leute lesen, dass du mit Chris und diesen anderen Gorillas auf einer Tour ein Ramada verwüstet hast, und das schreckt sie ab.«
    »Du kriegst mich nirgendwo mehr unter, Larry. Sprich's doch aus.«
    »Du spinnst. Ich schicke dir ein Dutzend Drehbücher pro Woche.«
    »Splatter- und Tittenfilme.«
    »Das ist nicht wahr. Die sollen dir nur den Einstieg erleichtern. «
    »Den Einstieg ins Nirgendwo. Ich bin nun mal auf die beknackte kleine Bloom-Tochter oder die Rock-Schlampe festgelegt.«
    »Auf so ein Gespräch lass ich mich gar nicht erst ein, Susan, das führt doch zu nichts.« 
    »Leg nicht auf, Larry.«
    »Nimm Schauspielunterricht. Lern Karate. Zieh diesen blauen Spitzenfummel an, den du unten in Laguna Niguel für mich getragen hast, und führ ihn Chris vor. Das Teil ist so scharf, dass er bestimmt die Seiten wechselt.« 
    »Dir hat dieses Neglige gefallen?« »Gefallen? Uuh - Susan.«
    »Du fandest mich scharf darin? Das hast du dir aber nicht anmerken lassen.«
    »Ich hab andere Sorgen.«
    Larry wurde still. Nach einer Weile fragte Susan: »Kannst du heute Abend herkommen?« Keine Antwort.
    » Wiedersehen, Larry.« Sie knallte den Hörer auf, und im selben Moment klingelte das Telefon erneut. Sie hob ab und schnauzte: »Hallo.«
    »Suzie, wenn du schon bei einem klitzekleinen Anruf so unausstehlich bist, brauch ich ja meine Zeit nicht zu vergeuden.« 
    »Hey, Chris. Larry hat mich bloß grade genervt. Wo bist du?« 
    »Auf einer schicken kleinen Soiree in Kensington. Es ist so abgehoben, dass mir schon ganz schwindelig ist. Ich verstecke mich gerade in der Bibliothek.« 
    »Wer ist denn der Gastgeber, Chris?« 
    »Rate mal.«
    »Ich bin nicht in der Stimmung ...« 
    »Ich geb dir 'n Tipp: Palast.« 
    »Nein.« »Doch.«
    »O Gott. O Gott. Was hat sie an? Kaum zu fassen, dass ich dich so etwas frage.« Susans Kummer darüber, dass Larry sich immer mehr aus ihrem Leben zurückzog, war vorerst wie weggeblasen. »Klau mir ein Paar von ihren Schuhen, und ich bringe nie wieder deine Videos durcheinander.«
     

Kapitel Sechs
     
     
    Zwei Wochen nachdem John aus dem Cedars-Sinai entlassen worden war, fühlte er sich zwar körperlich wiederhergestellt, doch sein früheres Leben mit all seiner Staffage schien ihm nun rückständig, ein bisschen lächerlich und den Veränderungen, die er in sich verspürte, schmerzlich unangemessen - als erwarte man von ihm, CDs auf einem eiernden alten Plattenspieler mit stumpfer Nadel abzuspielen. Wieder und wieder versuchte er, sich sein Leben aus Susans Perspektive vorzustellen, oder vielmehr aus Sicht der Frau aus seiner Vision, deren Identität ihm ein Rätsel blieb. Seine Füße hämmerten tonlose Rhythmen auf den Boden, während er zwischen den Schieferund Aluminiumwänden seiner Fickhütte auf und ab ging. Er verspürte sogar eine gewisse Freiheit, die damit zu tun hatte, dass er keinen Wert mehr darauf legte, den Schein des Reichtums zu wahren, doch ging mit dieser Freiheit ein Gefühl der Orientierungslosigkeit einher, das ihn schwindlig machte, ein Gefühl, wie er es als Kind gehabt hatte, als er Woche um Woche voller Ungeduld darauf wartete, dass der Postbote ihm ein Papp-U-Boot brachte, das er bestellt hatte. In der Werbung hieß es, es würde ihn weit weg in eine unbekannte, faszinierende Welt bringen, doch als es endlich eintraf, entpuppte es sich als ebenso solide und gut konstruiert wie eine Kuchenschachtel aus

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