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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Taschentuch. »Du machst das Kleid noch schmutzig. Komm schon. Gehen wir zum Wagen.«
    Susan folgte ihr, erfüllt von der zerknirschten Dankbarkeit eines jungen Hundes, dem Manieren beigebracht werden. Die Nacht war geradezu ungemütlich kühl. »Oh, Susan«, begann Marilyn. »Du weißt doch, wie lange wir auf diesen Tag hingearbeitet haben. Ich habe schon seit Wochen nicht mehr mit Elaine Bingo gespielt oder auch nur ferngesehen. Wenn ich daran denke, wie viel Zeit ich investiert habe, um dich zum entzückendsten kleinen Mädchen von Oregon zu machen, komme ich mir langsam vor wie einer von diesen Freigängern im orangefarbenen Overall, die am Rand der Autobahn Müll aufsammeln.«
    Auf ihrem Weg durch die Innenstadt wurden sie von Pennern angequatscht. Marilyn warf ihnen abschätzige Blicke zu und sagte: »Hoffentlich wird diese Stadt bald platt gemacht. Man sollte eine zehnspurige Schnellstraße mitten durch diesen Schrotthaufen legen, ein Shopping-Center obendrauf setzen und diese elenden Säufer ausräuchern.« Susan schniefte, und ihre Absätze klackten auf dem Bürgersteig wie das Tranchiermesser eines Souschefs auf einem Brett. »Hast du denn gar nichts zu sagen?«, fragte Marilyn. »Du bist so still wie eine Barbie-Puppe, nur dass Barbie ihren Einsatz bei der Tanzperformance zum Thema ›Der Geist des Recyclings ‹ nicht verpasst hätte.« Marilyn stieß einen Seufzer aus, der klang, als ließe jemand die Luft aus einem Ballon. Sie zündete sich eine Zigarette an. »Wenigstens mir gegenüber könntest du ein bisschen mehr Schneid an den Tag legen - dich wehren - mir auch mal die Meinung sagen.« Aber Susan blieb stumm. Sie würde zu Barbie werden. Sie würde eine bessere Barbie sein als Barbie selbst, und indem sie diese Entscheidung traf, tat sie, ohne es zu wissen, genau das, was Marilyn bezweckt hatte.
    Endlich erreichten sie das Auto, den Corvair mit Sonnendach, der in Susans Augen der einzig wirklich glamouröse Aspekt ihres Zuhauses war. Marilyn machte keine Anstalten, ihr beim Einsteigen zu helfen, daher raffte sie ihr Kleid und legte es sorgfältig zusammen, damit es beim Schließen der Tür nicht beschädigt wurde.
    Marilyn ließ den Motor an, und sie verließen die Innenstadt. »Also gut, Susan. Auf dem Laufsteg hast du dich ganz anständig geschlagen. Du hast einen schönen Gang. Und auch das Make-up wirkte gut in dem Licht. Ein bisschen zu nuttig vielleicht, aber gut.« 
    »Mom?« 
    »Ja?«
    »Was ist ›nuttig ‹ ?«
    Marilyn hielt es nicht für angebracht, mit ihrer viereinhalbjährigen Tochter über Nuttigkeit zu diskutieren. Sie tat so, als hätte sie die Frage nicht gehört. »Nächstes Mal musst du dich, bevor der Laufsteg drankommt, natürlicher geben, und ich glaube wirklich, du solltest deinen Pony etwas rauswachsen lassen.« Sie sah ihre Tochter von der Seite an. »Susan, deine Augen sehen aus wie zwei ausgespuckte Kirschkerne«, aber Susan war dabei, langsam einzudösen. Ein sanfter Regen fiel, und die Scheibenwischer schmatzten. »Ich selbst konnte nie an einer Misswahl teilnehmen, Susan. Ich konnte nur davon träumen. Von der Spannung. Den Kleidern. Dem Siegen. Ich saß bei meinen ekelhaften Eltern irgendwo in der Walachei fest.« Sie fuhr auf den Highway zurück nach McMinnville. »Das, was du jetzt hast, hatte ich nie - eine Mutter, die dich lieb hat und will, dass du gewinnst. Ganz zu schweigen von dem, was du mal haben wirst - großen Erfolg im Leben -, und glaub mir, du wirst ihn haben. Ich, ich werde nie die Hübscheste, die Unschuldigste, die Beste sein, aber du - du schon.« Susan, die schläfrig neben ihr saß, hoffte, dass Marilyns gute Laune bis zu Hause anhalten würde.
    »Ich sollte mich nicht beklagen. Schließlich habe ich deinen Vater - deinen Stiefvater ... aber er ist so gut wie ein richtiger Vater.« Ihre Stimme klang jetzt gelöster. »Mein Herzblatt.« Sie warf Susan einen freundlichen Blick zu. »Baby, nächstes Mal gewinnst du, nicht wahr, Süße?«
    Susan sah auf zu ihrer Mutter, der Regen klatschte gegen die Windschutzscheibe, und aus ihrem kleinen Mund kam ein ruhiges, klares und, wie sie hoffte, barbiemäßiges »Ja«.
     

Kapitel Fünf
     
     
    »Suzie, sei ein Schatz und hau dieses blöde kleine Kinderüberraschungsei für mich in den Grand Canyon.« Chris reichte Susan ein Fünfer-Eisen. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und sie, Chris, zwei Mitglieder der Band und ein Fotograf namens Rudy, der Schwarzweißbilder mit künstlerischem Anspruch machte,

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