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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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(»Zigarettenkippen sind ordinär, Schatz«), während sie beim Ausfüllen eines Zeitschriften-Fragebogens zum Seelenleben der Leser die indiskreteren Fragen ausließ. Sie schaute hoch, und ihr Blick traf Susans inzwischen geöffnete Augen: »O Süße! Wir sehen toll aus«, und dann eilte sie hinüber, um stolz Susans Gesicht anzustrahlen, das mit lauter blauen, oliv-farbenen und gelben Flecken übersät war, verursacht von aus der Bahn geratenen und absterbenden Blutkörperchen. Der gebrochene und neu zusammengefügte Kiefer war genäht und dick verbunden.
    Susan betastete ihr Gesicht, das sich anfühlte, als gehöre es nicht zu ihr, wie eine Halloweenmaske aus Gummi. Sie stellte fest, dass ihre Nase geschient war. »Mei'e 'ase! Was is' passiert?«
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Ich hab dir vom Arzt gleich noch eine neue Nase machen lassen. Wir werden sensationell aussehen.«
    »Du hast mei'e 'ase von de'n verhu'zen lassen?« Ihre Stimme klang dumpf, als spräche sie aus dem Inneren eines Teppichstapels.
    »Verhunzen? Wohl kaum. Du hast jetzt die Nase von JenniLu Wheeler, Mrs. Arkansas America.«
    »Das is' ... mei'e 'ase.« Ihr war übel. Ihre Kiefer taten weh. »Reg dich nicht so auf, meine Süße.«
    Susan versuchte sich zu bewegen, doch ihr Körper schien so viel wie ein Haus zu wiegen. So stark hatte sie den Sog der Schwerkraft noch nie gespürt. Marilyn sagte: »Wir müssen noch sechs Stunden hier im Aufwachraum bleiben. Wie fühlst du dich?« 
    »Schwi'delig. Be'ommen.«
    »Das liegt an den Schmerzmitteln. Ich hab dir die doppelte Dosis verschreiben lassen, zweimal wiederholbar. Du weißt ja, dass Dons Rücken manchmal verrückt spielt.« Don, Susans Stiefvater, hatte sich im Laufe der Jahre zu einem whisky- und sonnengegerbten, dauerhaft arbeitsunfähigen Mechaniker entwickelt.
    »Don schei't durchaus in der Lage zu sein, sei'en SeaDoo und seine Bowli'gkugeln von der Ladefläche seines Pick-ups zu heben, wa' immer es ihm passt.«
    »Susan! Wir verkaufen den SeaDoo, um nach Wyoming zu ziehen. Das willst du wohl immer noch nicht wahrhaben, was?« 
    »Ich will nicht nach Wyomi'g, Mom. Das war deine Idee. Ich bin fü'fzehn. Als ob ich da ein Mitspracherecht hätte.« Marilyn lächelte. »Ach! Du Ärmste!«
    »Mom, ich bin zu müde, um zu streiten. Geh und hol mir einen Spiegel.« Marilyn zögerte. Susan sagte: »Dann seh ich also schlimm aus, was?«
    »Das ist keine Frage von gut oder schlimm, Schatz. Ich spreche aus Erfahrung. Du hast überall Verbände. Du wirst dich so oder so schrecklich finden.«
    »Mom, gib mir einfach den blöden Spiegel.«
    Marilyn holte einen Spiegel mit gelbem Griff vom Tisch.
    Draußen im Flur wurden verbundene Gestalten auf Tragen vorbeigeschoben. Marilyn hielt den Spiegel hoch, damit Susan ihr Gesicht sehen konnte.
    »Igitt. Ich seh ja aus wie 'ne zusammengerollte alte Pampers in 'ner Mülltonne.«
    »Du hast wirklich eine blühende Fantasie, junge Dame«, sagte Marilyn und riss ihr den Spiegel aus der Hand. »In drei Wochen wird es medizinisch unmöglich sein, ein misslungenes Foto von dir zu machen. Hast du überhaupt eine Ahnung, was das bedeutet? Ich hab schon einen Fotografen bestellt, der extra vom Mount Hood kommt. Einen Ex-Hippie. Ex-Hippies sind die besten Fotografen. Keine Ahnung, warum. Aber es ist so.« Sie zündete sich eine Salem an. »Apropos Jenni-Lu Wheeler - ich hab gehört, in der Nacht vor der Miss-Dixie-Wahl hat sie mit ein paar Senatoren so viele Cocktails getrunken, dass ihre Augen ganz geschwollen waren. Da hat man ihr Blutegel unter die Augen gesetzt, die die Schwellung absaugen sollten. Das hab ich dir nie erzählt, oder?« 
    »Nein. Hast du nicht.«
    »Sie hat zwei Tage wie ein Schwein geblutet, und deshalb ist ihr der Titel durch die Lappen gegangen. So hab ich's zumindest gehört.«
    »Sehr schön, Mom.« Susan entspannte sich und sank tiefer in die Matratze. Eine Krankenschwester betrat das Zimmer und bat Marilyn, ihre Zigarette auszumachen. »Entschuldigen Sie, meine Liebe, aber sind wir hier in Moskau ?«
    »Es ist Vorschrift, Mrs. Colgate.« 
    »Wo ist Ihr Geschäftsführer?«, fragte Marilyn. »Das hier ist ein Krankenhaus, kein McDonald's, Mrs. Colgate. Wir haben hier keinen Geschäftsführer.«
    »Mom, das ist ein Kra'kenhaus und keine K'eipe. Mach sie aus.« 
    »Nein, Susan - nein, ich mache sie nicht aus. Nicht bevor sich diese unverschämte Person bei mir entschuldigt.« 
    »Es ist Vorschrift, Mrs. Colgate.« Doch der

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