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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Gebäcksorte -, und als sie das Wasser in ihrem Mund herumspülte, verbrannte sie sich fast die Zunge an den Kohlensäureperlen. Es schmeckte nach Geologie. Sie beobachtete, wie Larry sich wand und die Menschen um sich herum anlog, die sich ihrerseits wanden und zurücklogen. »Susan, das ist Cher.«
    »Hallo.«
    »Susan, das ist Valerie Bertinelli.« 
    »Schön, Sie kennen zu lernen.« 
    »Susan, das ist Jack Klugman.« 
    »Toll. Hi.«
    »Susan, das ist Christopher Atkins.« 
    »Hey.«
    »Susan, das ist Lee Radziwill.« 
    »Hallo.«
    Es kam ihr vor, als ob die Party die ganze Nacht dauerte, obwohl sie wie die meisten Veranstaltungen der Filmbranche schon gegen neun zu Ende war. Sie konnte nicht wissen, dass sie mit dieser Party ihre Hochwassermarke innerhalb der Sozialstruktur der Entertainmentwelt erreicht haben sollte. Am Morgen nach der Giraffenparty wurde Susan um halb sieben von einem Wagen der Produktionsfirma abgeholt. Sie saß auf der Rückbank und lernte ihren Text für den Tag. Sie spielte ihre Rolle. Sie posierte mit ihren Fernseheltern und -geschwistern für Promofotos. Sie stritt sich mit Larry und warf ihn aus der Wohnung in der Kelton Street. Tage vergingen. Sie wurde langsam weich. Sie ließ Larry wieder herein. Sie ekelte sich vor sich selbst. Während ihrer blitzkriegartigen Eroberung der Fernsehwelt, hatte sie zu niemanden ernsthafte Freundschaften aufgebaut. Das hieß, entweder zurück zu Larry oder ins Unbekannte hinaustreiben, und diese Vorstellung ertrug sie nicht. Jede Diskussion über Jenna oder eine Scheidung mündete in eine Sackgasse, was Susan mit der von Mal zu Mal giftiger klingenden Formel »Entschuldige, Larry. Der Papst ist auf Leitung drei« quittierte.
    Susan war nie eine besonders gute Schauspielerin gewesen, aber zu Beginn der Fernsehserie besaß sie eine Natürlichkeit, die herausstach und sich positiv von ihren Partnern, die alle schon von klein auf vor der Kamera standen, abhob. Doch diese Natürlichkeit begann sich abzunutzen, und sie machte sich immer mehr Gedanken über ihre Figur, ihr Gesicht, die Worte, die aus ihrem Mund kamen, und die Wirkung, die sie alles in allem auf andere hatte. Das Gefühl, auf dem Prüfstand zu stehen, war tausendmal schlimmer als bei jedem Schönheitswettbewerb. Ihre Begegnung mit Jenna auf der Giraffenparty öffnete in ihrem Innern irgendeine Schleuse ihres Gewissens, und sie begann von einem Tag zum anderen abgrundtief schlecht zu spielen. Zu Dreama sagte sie: »Es ist, als sei der Teil meines Gehirns, der mir früher erlaubt hat, einigermaßen überzeugend zu schauspielern, völlig verkorkst. Er ist dabei, sich mit der Gehirnregion zu vereinigen, die fürs Lügen zuständig ist. Ich kann es richtig spüren. Wenn ich einen einfachen Satz sagen muss wie: ›Mom, ich geh jetzt zum Volleyball-Trainings klingt es so gekünstelt, als beinhalte er lauter versteckte Andeutungen. Die Zahl meiner Retakes pro Folge ist wahnsinnig gestiegen. Der Sender glaubt, ich hätte ein Drogenproblem. Die Darsteller glauben, mir steige der Ruhm zu Kopf. Und vor allem weiß Larry, dass der wahre Grund Jenna ist und die Tatsache, dass wir unsere verlogene Beziehung weiterhin aufrechterhalten, und das turnt ihn irgendwie ab. Das macht mich wahnsinnig, und es macht die ganze Sache nur noch schlimmer.»
    Susan hatte einen Gastauftritt bei Love Boat. Sie bekam eine Statistenrolle in einem James-Bond-Film. Sie war auf dem Titel der Zeitschrift Seventeen. Sie ließ sich einen Weisheitszahn ziehen und entdeckte das Land der Schmerzmittel. Sie versöhnte sich ein bisschen mit Marilyn. Dreama zog ebenfalls nach Los Angeles und wohnte bei Susan. Der Sex mit Larry kühlte beträchtlich ab, und sie wurde, wie Larry es vorausgesagt hatte, älter.
     

Kapitel Fünfundzwanzig
     
     
    John saß neben Beth, seiner Retterin, in einem an die Privatjet-Anlage grenzenden Büro des Sicherheitsdienstes auf dem Flughafen von Flagstaff. Draußen vor den Drahtglasfenstern blinkten in der warmen, grauen Luft die Lichter der Wassertürme und Flughafen-Tower wie Rubine und Diamanten. Die Sachen, die John am Leibe trug, hatte Beth aus den abgelegten Klamotten ihres Mannes zusammengesucht. Sein pastelltürkisfarbenes Hemd war frisch gebügelt, und seine Haut war so braun, als ob er innerlich brutzelte wie ein Vogel, den man grade aus dem Backofen geholt hat. Seine Haare waren ein paar Wochen zuvor auf der Toilette einer Shell-Tankstelle in Las Cruces, New Mexico, mit einem Jagdmesser

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