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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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Baumel natürlich nicht", Frank Baumels Parteikollege musste über seinen eigenen Witz lachen. "Und was ist mit den Fotos, mit den Pornofotos? Spielen sie keine Rolle mehr?", fragte er trotzdem nach.
    "Ich denke nicht, es war wohl eine dunkle private Seite von Herrn Baumel. Wenn es so ist, können wir das ad acta legen, denn schließlich können wir ihn nicht mehr dazu befragen und daher wären alle Anschuldigungen vorerst nur Vermutungen."
    Für einen Moment war es ganz ruhig, dann sagte Jung in ernstem Ton:
    "Wir können nicht Herr Koepp, wir müssen. Wir müssen den Mantel des Schweigens über diesen unappetitlichen Vorgang legen. Es wäre ein gefundenes Fressen für den politischen Gegner, die alles Mögliche in diesen Fund hinein interpretieren würden, nur um dadurch bei der Wahl Kapital zu schlagen. Das dürfen Sie nicht zulassen Herr Koepp. Frank Baumel kann sich nicht mehr wehren und keiner weiß hundertprozentig, welcher Teufel den Mann geritten hat wegen dieser Bilder. Ich hoffe doch, die Partei kann sich in dieser Hinsicht auf Sie verlassen Herr Oberstaatsanwalt." Die Stimme des Politikers wurde ruhiger und eindringlicher.
    "Natürlich Herr Jung. Dass das Geld das Motiv für den Mord ist, dürfte nach allem Anschein unzweifelhaft sein. Und um über den Sachverhalt der Fotos zu spekulieren, ist Stand jetzt vollkommen unmöglich und unseriös", beruhigte Koepp seinen Parteifreund.
    "Na, die Nachricht wird ja immer besser, und wenn der Mörder ein Alternativer ist, machen wir den Baumel noch zum Märtyrer." Der Parteivorsitzende machte durch Koepps Einlassung gleich einen gelösteren Eindruck und konnte sich fast nicht mehr einkriegen ob seines schwarzen Humors.
    "Danke Koepp, das hilft uns weiter. Wir sollten die Tage wieder einmal zusammen Essen, es gibt noch einiges zu bereden."
    "Gerne Herr Jung, lassen Sie mich wissen, wann es Ihnen passt und ich richte es ein."
    "Ich rufe Sie wieder an Koepp. Auf Wiederhören", sagte Jung und legte auf.
    Die leidige Angelegenheit Baumel begann sich zum Vorteil für die FSU zu entwickeln, dachte sich Jung, der Frank Baumel eigentlich nie für politisch kompetent gehalten hatte. Aber als Mordopfer im Wahlkampf konnte er durchaus eine gute Figur abgeben.
    Der Parteivorsitzende rief nach seiner Sekretärin. "Frau Pütz, suchen Sie mir bitte die Nummer vom Herrn Doktor Heb in Montabaur raus oder besser, verbinden Sie mich gleich mit ihm."

    *

29.06.1994
    Die ganze Welt ist in Sonnenlicht getaucht, nirgends ist Schatten auszumachen , dachte sich Dr. Friedhelm Heb, als er vom Fenster seines Büros über das große Flachdach des Jugendheims schaute. In geschätzten fünf Kilometer Entfernung war der Horizont und nirgendwo bis dorthin war Schatten auszumachen. So einen Sommer haben wir lange nicht gehabt , ging es ihm durch den Kopf.
    Fast zwei Wochen war Baumel jetzt verschwunden. Die Berichterstattung in den überregionalen Medien war nach drei Tagen etwas abgeklungen, aber immer noch beschäftigte der Fall die örtliche Presse. Die Rheinzeitung berichtete fast täglich, aber alle Meldungen lasen sich mehr als Nachrufe und Bilanzen eines erfolgreichen Unternehmerlebens, als dass sie mit verwertbaren Neuigkeiten dienen konnten. Außer Spekulationen hatten die Journalisten keine neuen Fakten, worüber sie berichten konnten. Die Ermittlungen der Polizei hatten noch nichts handfestes zutage gebracht und irgendwann würde das Interesse zwangsläufig nachlassen, die Zeit spielte für sie. Nicoletta war ein ausgefuchstes Weib, sie schien ihre Arbeit wirklich gut gemacht zu haben. Der Gedanke beruhigte ihn, denn er wusste, dass die Polizei trotzdem noch das ein oder andere Mal bei ihm vorstellig werden würde. Besonders vor dem Kommissar sollte er sich in Acht nehmen, das war ein hartnäckiger Knochen. Aber solange er nichts in der Hand hat, ist er nicht wirklich gefährlich. Einzig Uwe und Mathae waren zwei heikle Punkte, die er genau im Auge behalten musste. Je mehr er darüber nachdachte, erwischte er sich dabei, dass es für die Zukunft am besten sei, wenn beide für immer verschwinden würden. Genau bei diesem Gedanken störte ihn das Klingeln des Telefons.
    "Ja, hier Dr. Heb, Jugend wohnheim Montabaur."
    "Hallo Herr Heb, hier Jung von der FSU. Na, wie geht es Ihnen?"
    Der Doktor war im ersten Moment überrascht, denn damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Das erste Mal, dass er mit dem Politiker geredet hatte, war gestern gewesen und jetzt meldet der Mann sich schon

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