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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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Stromberg war der Verzweiflung nahe. Dazu die Demütigungen dieses Typen.
    Er legte den Oberkörper ab, dabei verrutschte die Plastiktüte, die über Frank Baumels eingeschlagenem Kopf gestülpt war. Uwe nahm die Beine ihres Opfers in die Hand, hob sie über den Rand des Kofferraums und legte sie gleichfalls ab. Jetzt musste er ihn irgendwie in die Schubkarre bugsi eren. Er stellte sie sich so zurecht, wie er glaubte, es am einfachsten zu haben. Dann packte er Baumels Oberkörper wieder in gewohnter Manier unter den Achseln und zog ihn hoch. Mitten in der Bewegung überkam ihn das blanke Entsetzen. Von der Hüfte bis zur Brust war er blutverschmiert und weiß Gott, was da noch auf seiner Hose und dem Hemd klebte. Ekel überkam ihn, er musste schlucken. Dadurch, dass die Tüte verrutscht war und er die Leiche an sich hochzog, hatte er sich mit dem Gemenge aus dem inzwischen geronnenen Blut, Gehirn und Sekret die Kleidung komplett beschmutzt. Aber er ließ nicht los und schaffte es unter größtmöglicher Kraftanstrengung die Leiche in der Schubkarre abzulegen. Jeglichem Beobachter hätte sich ein bizarres Bild geboten. Ein voll mit Blut besudelter Mann steht in einer lauen Sommernacht vor einer Schubkarre, in der ein Toter liegt. Aber so konnte Uwe nicht mit ihr fahren, er musste das Gewicht anders verteilen. Also trat er wieder um die Karre und zog den Leichnam noch ein Stück höher. Dabei besudelte er sich noch mehr, was seinen Ärger weiter anwachsen ließ. Frank Baumels Schulterpartie und der Kopf hingen nach hinten über den Rand des Gefährts. Auf den ersten Blick betrachtet sah der Tote gar nicht so schlimm aus, aber der Hinterkopf! Der Hinterkopf war quasi gar nicht mehr vorhanden. Uwe kam es vor, als wenn alles, was sich jemals in dieser eingeschlagenen Hülle von Schädel befunden hatte, nun an ihm klebte.
    Nicoletta hatte Ilia inzwischen eine Geschichte erzählt, die erheblich vom tatsächlichen Geschehen abwich. Nach ihrer Version hatte sie Frank Baumel in Panik erschlagen, als er sie beim Suchen nach Geld, in seiner Wohnung angetroffen hatte. So ganz plausibel kam die Geschichte nicht bei Ilia an. Er war Profi, er hatte schon so viele Geschichten gehört, in denen es um Totschlag oder Mord ging, dass er ein Gespür dafür hatte, wenn jemand die Unwahrheit erzählte. Außerdem kannte er seine ehemalige Kollegin besser als jeder andere. Aber Nicoletta war ebenfalls ein Profi. Sie war von Ilia ausgebildet worden, er hatte ihr beigebracht, auf was er achtete und auf was sie achten sollte. Das machte die Sache für den früheren Geheimdienstmann schwierig.
    "Nicoletta, du solltest dich nicht auf einen Kerl wie den da draußen verlassen. Glaubst du wirklich, er wird ewig den Mund halten? Irgendwann wirst du nicht mehr mit ihm ins Bett steigen wollen, wenn du was Besseres gefunden hast und dann wird er zur Gefahr für dich." Ilia schien es beiläufig zu sagen, während er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Dabei beobachtete er sie ganz genau. Er ahnte nicht, dass Uwe Frank Baumel erschlagen hatte. Außerdem traute er es seiner alten Partnerin aus vergangenen Tagen eher zu, als diesem jämmerlichen Tölpel, der sich draußen mit der Leiche abmühte.
    "Keine Sorge Ilia, er wird mir nicht gefährlich werden, glaube es mir." Es hörte sich an, wie ein Todesurteil.
    Ilia lächelte vor sich hin, obwohl im die ganze Sache nicht gefiel. Er wusste, was sie meinte und das bedeutete ein weiteres Risiko. Aber er konnte auch nicht zurückrudern und ihr die Hilfe verweigern. Das wäre zu gefährlich. Einen Moment dachte er daran, Nicoletta und ihren Begleiter zu töten.

    *

23. 6. 1994
    05 Uhr 45, der Wecker klingelte und Richards Hand tastete nach dem Knopf, um den schrecklich schrillen und immer lauter werdenden Ton abzustellen. Richard Mees hatte einen verdammt dicken Kopf. Das Erste, was er machte, war Kaffee aufsetzen. Dann schaltete er den Fernseher an, drückte auf der Fernbedienung die 200 für die Sportseiten im Videotext und ging ins Bad, putzte sich die Zähne und duschte im Schnell-durchgang. Als er sich abtrocknete, überkam ihn das Bedürfnis, sich erneut die Zähne putzen zu müssen. Er hatte einen abscheulichen Geschmack im Mund, ein Gefühl, als klebte seine Zunge an seinem ausgetrocknetem Gaumen fest. Das ist dieser scheiß Schnaps und das sind diese scheiß Kippen! Anschließend setzte er sich an den blauen Küchentisch und schüttete sich Kaffee in eine blauweiße Schalke Tasse. Er las durch

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