Missbraucht
Schenkelklopferwitz ein Grinsen abringen würde. Die beiden Kripobeamten schauten sich kurz an, Richard amüsierte sich. Das waren solche Situationen, die ihn immer wieder belustigten.
"Könnte es einen politischen Hintergrund für sein Verschwinden geben?", hakte Richard nach.
"Nein, das ist ziemlich ausgeschlossen. Politisch motivierte Straftaten tragen eine eigene Handschrift, für die wir nicht den geringsten Hinweis gefunden haben. Ehrlich gesagt, gilt der Baumel selbst in der eigenen Partei eher als kleines Licht."
"Nun ja, aber er war schließlich auf dem Weg Karriere zu machen."
"Wisst ihr was? Aber das bleibt unter uns. Baumels Parteikollegen haben unter der Hand fast alle die Meinung vertreten, dass Baumel jedes politische Talent fehlt und er nur aufgrund seines finanziellen Engagements für die Partei und durch den Umstand, dass er einer der erfolgreichsten Unternehmer und bekanntesten Persönlichkeiten des Westerwalds ist, respektive war, diesen Job angetragen bekommen hat. Wenn man es überhaupt so sagen kann, er hat ihn sich wohl eher erkauft. Baumel gilt gemeinhin in der Partei als braver Soldat, der leicht zu steuern ist. Ein typischer opportunistischer Aufsteiger", beantwortete Wagner die Frage und die beiden Koblenzer Beamten konnten deutlich einen unzufriedenen Unterton aus seiner Stimme heraus hören, als er auf die politischen Ambitionen von Frank Baumel einging.
"Oh, da hat die Partei an ihre führenden Funktionäre aber keine hohen Ansprüche", stellte Richard ironisch fest.
"Och Junge, so sind sie doch alle. Da hat doch keiner mehr eine Chance nach oben zu kommen, wenn er nicht buckelt. Wo lebst du denn?" Es war eine rein rhetorische Frage von Wagner.
"Hm, gut! Was ist mit Freunden?"
Wagner überlegte kurz: "Er hatte jede Menge Freunde. Er war in fast jedem Verein und in der Partei. Wie gesagt, man kann sagen, dass er sehr beliebt war."
"Hat er einen besten Freund?" Es war die erste Frage, die Richard stellte.
"Einen richtig besten Freund scheinbar nicht, obwohl ihm vielleicht Dr. Heb am nächsten stand.."
"Wo ist seine Praxis?" Das Gespräch nahm Fahrt auf, Richard musste an die Luft, ihm wurde schlecht vom Kaffee.
"Er hat keine Praxis, er ist kein richtiger Doktor. Er ist der Leiter des Jugendheimes und hat irgendwann wohl mal eine Doktorarbeit geschrieben. Fast gegenüber wohnte Baumel übrigens."
"Wohnte oder wohnt?" Richard warf es nur so ein, stand plötzlich auf und drängte seine Kollegin vehement zum Aufbruch. Dass die Unterhaltung solch ein schnelles Ende finden würde, hatte sie sich nicht vorgestellt. Aber ein Blick in Richards Gesicht genügte ihr, um zu verstehen, dass Richard so schnell wie möglich hier raus musste, er brauchte unbedingt frische Luft.
"Gut, dann besuchen wir erst mal den Doktor, würde ich sagen. Danke für deine Unterstützung Martin. Kannst du uns sagen, wie wir zum Jugendheim kommen?"
"Oh, ihr wollt schon gehen?" Wagner war sichtlich erstaunt.
"Der Doktor war übrigens der Letzte, der mit Baumel telefoniert hat. Das ergibt sich aus den Aufzeichnungen, die uns die Telefongesellschaft zur Verfügung gestellt hat. Es war am Sechzehnten gegen 17 Uhr 30, ihr könnt es in den Unterlagen lesen. Es ging laut Dr. Heb wohl um ein Fußballspiel, das eine Mannschaft des Jugendheims bei der Eröffnung am Samstag gegen eine hiesige Jugendmannschaft im Rahmen der Einweihung austragen sollte. Es war ein nur ganz kurzes Gespräch."
"Habt ihr über das Mobiltelefon, ich nehme an, Baumel hatte eines, versucht ihn zu orten?"
"Natürlich Richard. Manchmal denke ich, du hältst uns wirklich für Hinterwäldler. Aber Fehlanzeige, nach diesem Anruf gibt es keine Signale mehr."
"Ich halte euch nicht für Hinterwäldler Martin, nur will ich genauso alles hinterfragen, wie du. Wir besuchen auf alle Fälle jetzt mal den Doktor", gab sich Richard versöhnlich.
"Ihr könntet quasi hier durch den Garten gehen. Es ist der große Bau genau hinter unserem Revier. Aber fahrt vorne auf die Hauptstraße und dann links und sofort wieder links, dann steht ihr direkt davor. Es ist nicht zu verfehlen, direkt neben den Sportanlagen.
"Ja, wenn was ist, melden wir uns." Sandra war es, die das Gespräch offiziell beendete.
"Okay, wenn ihr meint. Immer gerne. Tschüss"
Ohne Händeschütteln verließen sie das Gebäude.
"Dein Freund Wagner hält mit seiner Meinung aber auch nicht gerade hinterm Berg", sagte Sandra auf dem Weg zum Auto.
"Er analysiert eben knallhart", gab Richard
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