Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
Vom Netzwerk:
verschiedene Aktenordner. Der gesamte Tisch war in Beschlag genommen.
    "Guten Morgen! Ich bin Frau Götze und das ist mein Kollege Herr Mees, Kripo Koblenz. Wir sind hier um im Fall Frank Baumel zu recherchieren."
    Die offizielle Begrüßung hätte Sandra sich sparen können, denn erstens kannten sich Richard und der Kriminalhauptkommissar schon seit ewigen Zeiten, zweitens hatte man in den vergangenen Jahren so oft miteinander dienstlich telefoniert, dass das "Sie" einfach albern wirkte und drittens ist unter Kriminalbeamten die Anrede "Du" durchaus üblich, sogar dann, wenn man sich nicht persönlich kennt. Eigenartigerweise ist das bei den Kollegen von der Schutzpolizei untereinander nicht der Fall, bei ihnen wird mehr Wert auf einen förmlichen Umgang gelegt. Richard machte diesen Umstand am tragen der Uniformen fest und wahr froh, dass bei Kripobeamten ein zwangloserer Umgang untereinander herrschte, der das zusammen arbeiten viel angenehmer gestaltete.
    Wagner stand nicht auf. Er machte auf Sandra einen sportlichen Eindruck, war vielleicht Anfang fünfzig und irgendwie merkte man ihm seinen Stolz auf seine Position an. Er fühlte sich als der unumschränkte Herrscher der Polizeidirektion in Montabaur, obwohl ihm Polizeidirektor Stefan Schön noch vorstand. Durch die Fülle anderweitiger mannigfaltiger Pflichten konnte sich der Polizeidirektor jedoch fast nur noch administrativen Aufgaben widmen. Wagner hatte ein offenes, freundliches Gesicht, dessen Hauptattraktion ein ausgeprägtes Grübchen auf dem Kinn bildete. Eine Brille mit einem silbernen Gestell unterstützte den, durch sein grau meliertes, kurz geschnittenes Haar vermittelten Intellekt.
    "Guten Morgen! Ach, der Mees!", der Hauptkommissar konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er Richard sah. Die beiden kannten sich seit Jahren, immer wieder einmal hatten sie zusammen an verschiedenen Fällen gearbeitet und waren sich dabei durchaus sympathisch geworden. Außerdem hatten sie auf diversen Sportplätzen schon die Klingen gekreuzt, wenn die Polizeidirektion Koblenz gegen ihre Kollegen aus Montabaur Fußball spielte. Martin Wagner war der ausgezeichnete Torhüter der Westerwälder und Richard gab trotz seiner eher geringeren Größe, den umsichtigen Vorstopper der Koblenzer. Richard nickte Martin freundlich zu, wie es alte Kollegen eben machen, sagte aber nichts.
    "Setzt euch. Der Oberstaatsanwalt hat uns über euer Kommen in Kenntnis gesetzt. Wollt ihr einen Kaffee oder ein Glas Wasser?" Ohne eine Antwort abzuwarten, rief er Richtung Durchgangstür: "Schmittchen, bringen Sie mal Kaffee!" Sandra und Richard nahmen vor Wagners Schreibtisch Platz.
    Für Richard und seine Kollegin war es eine unangenehme Situation. Sie fühlten sich ein Stück weit dazu missbraucht, den Kollegen vom K1, die in Montabaur für die Vermisstenfälle zuständig waren, die Kompetenz abzusprechen.
    Die Befürchtung erwies sich schnell als unbegründet. Der Kriminalhauptkommissar selbst war es, der sie durch seine offene und freundliche Art davon überzeugte, dass sich niemand seiner Beamten in dieser Hinsicht provoziert fühlte.
    "Ja ja, wenn es um einen der honorigen Politiker oder oberen Zehntausend geht, setzt der Staatsapparat die gesamte Kavallerie in Bewegung", meinte Wagner mit einem Augenzwinkern. Dass der Spürhund aus Koblenz mit seiner Kollegin etwas mehr als seine Leute herausfinden konnte, kam Wagner nicht in den Sinn. Zu sehr war er von der Arbeit seiner Männer überzeugt und das zu Recht.
    "Tja, mit dem Baumel, das ist eine komische Sache, da stimmt was nicht“, meinte Wagner.
    Schmittchen kam mit dem Kaffee. Sie war eine mächtige Frau, mindestens 1,80 m und eben soviel geschätzte Kilo wie Zentimeter. Schmittchen trug ein hellblaues für ihre Figur zu kurzes Kleid, das mit faustgroßen weißen Punkten gemustert war, zu dem die weißen Pumps allerdings hervorragend passten, wenn sie die dafür passenden Beine gehabt hätte. Sie sagte kein Wort, nickte freundlich und stellte ein Tablett mit Kaffee ab. Das Kaffeearrangement, bestand aus drei großen Tassen in verschiedenen Farben, einer Kaffeekanne, einem gläsernen Schälchen gefüllt mit Würfelzucker und einer geöffneten Halbliterpackung Vollmilch. Sie platzierte alles auf einer Ecke des Schreibtischs von Wagner, indem sie die dort platzierten Unterlagen ziemlich rücksichtslos mit ihrem Ellenbogen einfach zur Seite schob. Einschütten mussten sie selbst. Richard musste grinsen, denn ihm wurde bewusst, dass

Weitere Kostenlose Bücher